Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

beständige Exodus aus der eigentlichen Apotheke in die Grabkammer hinein und dann wieder zurück, war natürlich eine große Belästigung für uns und führte zu Spöttereien, Auflehnungen und Anschuldigungen. Es sei, so hieß es unter uns, ja alles bloß Komödie; dieser lederne Mensch, (der er übrigens wirklich war), habe sich nur herausgeklügelt, daß man ohne einen kleinen Sonderzug eigentlich gar nicht bestehen könne; wenn er aber, was wohl möglich, zu beschränkt sein sollte, solchen Gedanken in sich aufzubringen, so sei doch das ganz sicher, daß er die Sache rein als Machtfrage behandle und sein Ansehn und seine Geschäftsunentbehrlichkeit nach der Kondeszenz bemesse, womit man sich diese seine Schrulle gefallen lasse. Wir hatten indes wohl Unrecht mit unsrem Verdacht, denn jedesmal wenn wir ihn bemogelten und hinter seinem Rücken auch nur eine kleinste Dosis von Ipecacuanha mit Zuckerpulver zusammenrührten, so war der Anfall da. Das bekehrte mich denn auch. Andere dagegen blieben unbekehrbar und versicherten nach wie vor: er habe bloß gut aufgepaßt und unsere Mogelei bemerkt und sofort mit einer Gegenkomödie darauf geantwortet.

Unter den Kollegen war also nicht recht was. Desto glücklicher traf ich es, wie gewöhnlich, mit den

beständige Exodus aus der eigentlichen Apotheke in die Grabkammer hinein und dann wieder zurück, war natürlich eine große Belästigung für uns und führte zu Spöttereien, Auflehnungen und Anschuldigungen. Es sei, so hieß es unter uns, ja alles bloß Komödie; dieser lederne Mensch, (der er übrigens wirklich war), habe sich nur herausgeklügelt, daß man ohne einen kleinen Sonderzug eigentlich gar nicht bestehen könne; wenn er aber, was wohl möglich, zu beschränkt sein sollte, solchen Gedanken in sich aufzubringen, so sei doch das ganz sicher, daß er die Sache rein als Machtfrage behandle und sein Ansehn und seine Geschäftsunentbehrlichkeit nach der Kondeszenz bemesse, womit man sich diese seine Schrulle gefallen lasse. Wir hatten indes wohl Unrecht mit unsrem Verdacht, denn jedesmal wenn wir ihn bemogelten und hinter seinem Rücken auch nur eine kleinste Dosis von Ipecacuanha mit Zuckerpulver zusammenrührten, so war der Anfall da. Das bekehrte mich denn auch. Andere dagegen blieben unbekehrbar und versicherten nach wie vor: er habe bloß gut aufgepaßt und unsere Mogelei bemerkt und sofort mit einer Gegenkomödie darauf geantwortet.

Unter den Kollegen war also nicht recht was. Desto glücklicher traf ich es, wie gewöhnlich, mit den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0544" n="535"/>
beständige Exodus aus der eigentlichen Apotheke in die Grabkammer hinein und dann wieder zurück, war natürlich eine große Belästigung für uns und führte zu Spöttereien, Auflehnungen und Anschuldigungen. Es sei, so hieß es unter uns, ja alles bloß Komödie; dieser lederne Mensch, (der er übrigens wirklich war), habe sich nur herausgeklügelt, daß man ohne einen kleinen Sonderzug eigentlich gar nicht bestehen könne; wenn er aber, was wohl möglich, zu beschränkt sein sollte, solchen Gedanken in sich aufzubringen, so sei doch <hi rendition="#g">das</hi> ganz sicher, daß er die Sache rein als Machtfrage behandle und sein Ansehn und seine Geschäftsunentbehrlichkeit nach der Kondeszenz bemesse, womit man sich diese seine Schrulle gefallen lasse. Wir hatten indes wohl Unrecht mit unsrem Verdacht, denn jedesmal wenn wir ihn bemogelten und hinter seinem Rücken auch nur eine kleinste Dosis von <hi rendition="#aq">Ipecacuanha</hi> mit Zuckerpulver zusammenrührten, so war der Anfall da. Das bekehrte <hi rendition="#g">mich</hi> denn auch. Andere dagegen blieben unbekehrbar und versicherten nach wie vor: er habe bloß gut aufgepaßt und unsere Mogelei bemerkt und sofort mit einer Gegenkomödie darauf geantwortet.</p><lb/>
          <p>Unter den Kollegen war also nicht recht was. Desto glücklicher traf ich es, wie gewöhnlich, mit den<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[535/0544] beständige Exodus aus der eigentlichen Apotheke in die Grabkammer hinein und dann wieder zurück, war natürlich eine große Belästigung für uns und führte zu Spöttereien, Auflehnungen und Anschuldigungen. Es sei, so hieß es unter uns, ja alles bloß Komödie; dieser lederne Mensch, (der er übrigens wirklich war), habe sich nur herausgeklügelt, daß man ohne einen kleinen Sonderzug eigentlich gar nicht bestehen könne; wenn er aber, was wohl möglich, zu beschränkt sein sollte, solchen Gedanken in sich aufzubringen, so sei doch das ganz sicher, daß er die Sache rein als Machtfrage behandle und sein Ansehn und seine Geschäftsunentbehrlichkeit nach der Kondeszenz bemesse, womit man sich diese seine Schrulle gefallen lasse. Wir hatten indes wohl Unrecht mit unsrem Verdacht, denn jedesmal wenn wir ihn bemogelten und hinter seinem Rücken auch nur eine kleinste Dosis von Ipecacuanha mit Zuckerpulver zusammenrührten, so war der Anfall da. Das bekehrte mich denn auch. Andere dagegen blieben unbekehrbar und versicherten nach wie vor: er habe bloß gut aufgepaßt und unsere Mogelei bemerkt und sofort mit einer Gegenkomödie darauf geantwortet. Unter den Kollegen war also nicht recht was. Desto glücklicher traf ich es, wie gewöhnlich, mit den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/544
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/544>, abgerufen am 22.11.2024.