bin selber erst seit kurzem Mitglied, aber das thut nichts; ich werde Dich einführen."
Und so geschah es. Zu festgesetzter Stunde stieg ich mit meinem Freunde die schmale stockdunkle Stiege hinauf und wurde, nachdem wir uns bis ins Helle durchgetappt hatten, einem in einem kleinen und niedrigen Zimmer versammelten Kreise junger Männer vorgestellt. Es waren ihrer nicht viele, sechs oder acht, und nur zwei davon haben später von sich reden gemacht. Der eine war der von jener flüchtigen Begegnung her mir schon bekannte Hermann Maron selbst, der andere war Julius Faucher. Beide vollkommene Typen jener Tage.
Hermann Maron, unser Herbergsvater, gab den Ton an. Er war aus einem sehr guten Hause, Sohn eines Oberforstmeisters in Posen, und hatte sich, von Jugend an maßlos verwöhnt, in völlige Prinzenmanieren eingelebt. Selbst der skeptische und an Klugheit ihm unendlich überlegene Faucher unterwarf sich ihm, vielleicht weil er, wie wir alle, in den bildhübschen Jungen verliebt war. Dazu kam Marons offenbare dichterische Ueberlegenheit. Eins seiner Gedichte führte den Titel: "Ich mach' ein schwarzes Kreuz dabei", Worte die zugleich den viermal wiederkehrenden Refrain des vierstrophigen Liedes bildeten. Mutter, Freund, Geliebte sind vor ihm
bin selber erst seit kurzem Mitglied, aber das thut nichts; ich werde Dich einführen.“
Und so geschah es. Zu festgesetzter Stunde stieg ich mit meinem Freunde die schmale stockdunkle Stiege hinauf und wurde, nachdem wir uns bis ins Helle durchgetappt hatten, einem in einem kleinen und niedrigen Zimmer versammelten Kreise junger Männer vorgestellt. Es waren ihrer nicht viele, sechs oder acht, und nur zwei davon haben später von sich reden gemacht. Der eine war der von jener flüchtigen Begegnung her mir schon bekannte Hermann Maron selbst, der andere war Julius Faucher. Beide vollkommene Typen jener Tage.
Hermann Maron, unser Herbergsvater, gab den Ton an. Er war aus einem sehr guten Hause, Sohn eines Oberforstmeisters in Posen, und hatte sich, von Jugend an maßlos verwöhnt, in völlige Prinzenmanieren eingelebt. Selbst der skeptische und an Klugheit ihm unendlich überlegene Faucher unterwarf sich ihm, vielleicht weil er, wie wir alle, in den bildhübschen Jungen verliebt war. Dazu kam Marons offenbare dichterische Ueberlegenheit. Eins seiner Gedichte führte den Titel: „Ich mach’ ein schwarzes Kreuz dabei“, Worte die zugleich den viermal wiederkehrenden Refrain des vierstrophigen Liedes bildeten. Mutter, Freund, Geliebte sind vor ihm
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bin selber erst seit kurzem Mitglied, aber das thut nichts; ich werde Dich einführen.“
Und so geschah es. Zu festgesetzter Stunde stieg ich mit meinem Freunde die schmale stockdunkle Stiege hinauf und wurde, nachdem wir uns bis ins Helle durchgetappt hatten, einem in einem kleinen und niedrigen Zimmer versammelten Kreise junger Männer vorgestellt. Es waren ihrer nicht viele, sechs oder acht, und nur zwei davon haben später von sich reden gemacht. Der eine war der von jener flüchtigen Begegnung her mir schon bekannte Hermann Maron selbst, der andere war Julius Faucher. Beide vollkommene Typen jener Tage.
Hermann Maron, unser Herbergsvater, gab den Ton an. Er war aus einem sehr guten Hause, Sohn eines Oberforstmeisters in Posen, und hatte sich, von Jugend an maßlos verwöhnt, in völlige Prinzenmanieren eingelebt. Selbst der skeptische und an Klugheit ihm unendlich überlegene Faucher unterwarf sich ihm, vielleicht weil er, wie wir alle, in den bildhübschen Jungen verliebt war. Dazu kam Marons offenbare dichterische Ueberlegenheit. Eins seiner Gedichte führte den Titel: „Ich mach’ ein schwarzes Kreuz dabei“, Worte die zugleich den viermal wiederkehrenden Refrain des vierstrophigen Liedes bildeten. Mutter, Freund, Geliebte sind vor ihm
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/54>, abgerufen am 23.07.2024.
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