ständische Verfassung, die Herr von Gerlach - Chergal ist eine bloße Buchstabenumstellung dieses Namens - unter allen Umständen konservieren wollte. Man wird dem Ganzen ein gut Stück allerliebster Originalität nicht absprechen können, aber es ist doch verlorene Liebesmüh geblieben. So war's schon in den fünfziger Jahren und jetzt liest es niemand mehr. Aber wenn ein Zufall einem litterarischen Feinschmecker das Büchelchen auf seinen Tisch führen sollte, so wird er eine genußreiche Stunde von der Lektüre haben.
W. von Merckel starb in den Weihnachtstagen 1861; achtzehn Jahre später, im November 1889, fand seine Witwe Henriette von Merckel geb. von Mühler neben ihm ihre Ruhestätte. Sie hatte die Liebe, die der so lange vor ihr Heimgegangene für mich und die Meinen gehabt hatte, wie ein Vermächtnis übernommen und wenn meine Frau und ich, zu Beginn unserer Ehe, sein "Ehepaar" gewesen waren, so waren unsere Kinder die Kinder seiner ihn überlebenden Gattin. Sie haben denn auch zeitweilig ihr Leben mehr im Hause "Tante Merckels" als im eignen elterlichen Hause verbracht und die Rückerinnerung daran erfüllt sie bis diesen Tag mit dankbarer Freude.
ständische Verfassung, die Herr von Gerlach – Chergal ist eine bloße Buchstabenumstellung dieses Namens – unter allen Umständen konservieren wollte. Man wird dem Ganzen ein gut Stück allerliebster Originalität nicht absprechen können, aber es ist doch verlorene Liebesmüh geblieben. So war’s schon in den fünfziger Jahren und jetzt liest es niemand mehr. Aber wenn ein Zufall einem litterarischen Feinschmecker das Büchelchen auf seinen Tisch führen sollte, so wird er eine genußreiche Stunde von der Lektüre haben.
W. von Merckel starb in den Weihnachtstagen 1861; achtzehn Jahre später, im November 1889, fand seine Witwe Henriette von Merckel geb. von Mühler neben ihm ihre Ruhestätte. Sie hatte die Liebe, die der so lange vor ihr Heimgegangene für mich und die Meinen gehabt hatte, wie ein Vermächtnis übernommen und wenn meine Frau und ich, zu Beginn unserer Ehe, sein „Ehepaar“ gewesen waren, so waren unsere Kinder die Kinder seiner ihn überlebenden Gattin. Sie haben denn auch zeitweilig ihr Leben mehr im Hause „Tante Merckels“ als im eignen elterlichen Hause verbracht und die Rückerinnerung daran erfüllt sie bis diesen Tag mit dankbarer Freude.
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ständische Verfassung, die Herr von Gerlach – Chergal ist eine bloße Buchstabenumstellung dieses Namens – unter allen Umständen konservieren wollte. Man wird dem Ganzen ein gut Stück allerliebster Originalität nicht absprechen können, aber es ist doch verlorene Liebesmüh geblieben. So war’s schon in den fünfziger Jahren und jetzt liest es niemand mehr. Aber wenn ein Zufall einem litterarischen Feinschmecker das Büchelchen auf seinen Tisch führen sollte, so wird er eine genußreiche Stunde von der Lektüre haben.
W. von Merckel starb in den Weihnachtstagen 1861; achtzehn Jahre später, im November 1889, fand seine Witwe Henriette von Merckel geb. von Mühler neben ihm ihre Ruhestätte. Sie hatte die Liebe, die der so lange vor ihr Heimgegangene für mich und die Meinen gehabt hatte, wie ein Vermächtnis übernommen und wenn meine Frau und ich, zu Beginn unserer Ehe, sein „Ehepaar“ gewesen waren, so waren unsere Kinder die Kinder seiner ihn überlebenden Gattin. Sie haben denn auch zeitweilig ihr Leben mehr im Hause „Tante Merckels“ als im eignen elterlichen Hause verbracht und die Rückerinnerung daran erfüllt sie bis diesen Tag mit dankbarer Freude.
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/539>, abgerufen am 18.06.2024.
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