Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.an dem er sehr hing und der denn auch seinerseits dem Neffen eine große Zuneigung bezeigte. Diese Zuneigung übertrug sich, nach dem Tode des Generals, von eben diesem auf die verwitwete Generalin und führte zu der vorerwähnten Einladung, der Lepel im Winter 46 auf 47 folgte. Die Reise ging zunächst bis Rom und von da bis nach Palermo, in dessen unmittelbarer Umgebung, mit dem Blick auf den Golf und den "Pellegrino", die Tante eine Villa gemietet hatte. Mit ihr waren noch zwei junge Engländerinnen: eine Nichte der Generalin, Miß Brown und eine Freundin dieser letzteren, eine Miß Atkins. Lepel verbrachte hier einen herrlichen Frühling, und was von Schmerzlichem sich in sein Glück mit einmischte, daran war er selber schuld. Er hatte schon in Rom wahrgenommen, daß er sich, nach dem Wunsche der Tante, mit Miß Brown verloben solle. Das verdroß ihn und ganz im Stile Lepels, der, bei der größten Nachgiebigkeit und Milde, doch auch zugleich wieder an einer gewissen Querköpfigkeit litt, hielt er es für männlich oder Ehrensache, diesem Plan mit einem "Nein" zu begegnen. Er wählte zu diesem Zweck ein geradezu heroisches Mittel und als er, nach dem Eintreffen in Palermo, mit Miß Brown in einem ersten verschwiegenen vis-a-vis war, trat er an sie heran und sagte: "Miß Brown, ich weiß, an dem er sehr hing und der denn auch seinerseits dem Neffen eine große Zuneigung bezeigte. Diese Zuneigung übertrug sich, nach dem Tode des Generals, von eben diesem auf die verwitwete Generalin und führte zu der vorerwähnten Einladung, der Lepel im Winter 46 auf 47 folgte. Die Reise ging zunächst bis Rom und von da bis nach Palermo, in dessen unmittelbarer Umgebung, mit dem Blick auf den Golf und den „Pellegrino“, die Tante eine Villa gemietet hatte. Mit ihr waren noch zwei junge Engländerinnen: eine Nichte der Generalin, Miß Brown und eine Freundin dieser letzteren, eine Miß Atkins. Lepel verbrachte hier einen herrlichen Frühling, und was von Schmerzlichem sich in sein Glück mit einmischte, daran war er selber schuld. Er hatte schon in Rom wahrgenommen, daß er sich, nach dem Wunsche der Tante, mit Miß Brown verloben solle. Das verdroß ihn und ganz im Stile Lepels, der, bei der größten Nachgiebigkeit und Milde, doch auch zugleich wieder an einer gewissen Querköpfigkeit litt, hielt er es für männlich oder Ehrensache, diesem Plan mit einem „Nein“ zu begegnen. Er wählte zu diesem Zweck ein geradezu heroisches Mittel und als er, nach dem Eintreffen in Palermo, mit Miß Brown in einem ersten verschwiegenen vis-à-vis war, trat er an sie heran und sagte: „Miß Brown, ich weiß, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0503" n="494"/> an dem er sehr hing und der denn auch seinerseits dem Neffen eine große Zuneigung bezeigte. Diese Zuneigung übertrug sich, nach dem Tode des Generals, von eben diesem auf die verwitwete Generalin und führte zu der vorerwähnten Einladung, der Lepel im Winter 46 auf 47 folgte. Die Reise ging zunächst bis Rom und von da bis nach Palermo, in dessen unmittelbarer Umgebung, mit dem Blick auf den Golf und den „Pellegrino“, die Tante eine Villa gemietet hatte. Mit ihr waren noch zwei junge Engländerinnen: eine Nichte der Generalin, Miß Brown und eine Freundin dieser letzteren, eine Miß Atkins. Lepel verbrachte hier einen herrlichen Frühling, und was von Schmerzlichem sich in sein Glück mit einmischte, daran war er selber schuld. Er hatte schon in Rom wahrgenommen, daß er sich, nach dem Wunsche der Tante, mit Miß Brown verloben solle. Das verdroß ihn und ganz im Stile Lepels, der, bei der größten Nachgiebigkeit und Milde, doch auch zugleich wieder an einer gewissen Querköpfigkeit litt, hielt er es für männlich oder Ehrensache, diesem Plan mit einem „Nein“ zu begegnen. Er wählte zu diesem Zweck ein geradezu heroisches Mittel und als er, nach dem Eintreffen in Palermo, mit Miß Brown in einem ersten verschwiegenen <hi rendition="#aq">vis-à-vis</hi> war, trat er an sie heran und sagte: „Miß Brown, ich weiß,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [494/0503]
an dem er sehr hing und der denn auch seinerseits dem Neffen eine große Zuneigung bezeigte. Diese Zuneigung übertrug sich, nach dem Tode des Generals, von eben diesem auf die verwitwete Generalin und führte zu der vorerwähnten Einladung, der Lepel im Winter 46 auf 47 folgte. Die Reise ging zunächst bis Rom und von da bis nach Palermo, in dessen unmittelbarer Umgebung, mit dem Blick auf den Golf und den „Pellegrino“, die Tante eine Villa gemietet hatte. Mit ihr waren noch zwei junge Engländerinnen: eine Nichte der Generalin, Miß Brown und eine Freundin dieser letzteren, eine Miß Atkins. Lepel verbrachte hier einen herrlichen Frühling, und was von Schmerzlichem sich in sein Glück mit einmischte, daran war er selber schuld. Er hatte schon in Rom wahrgenommen, daß er sich, nach dem Wunsche der Tante, mit Miß Brown verloben solle. Das verdroß ihn und ganz im Stile Lepels, der, bei der größten Nachgiebigkeit und Milde, doch auch zugleich wieder an einer gewissen Querköpfigkeit litt, hielt er es für männlich oder Ehrensache, diesem Plan mit einem „Nein“ zu begegnen. Er wählte zu diesem Zweck ein geradezu heroisches Mittel und als er, nach dem Eintreffen in Palermo, mit Miß Brown in einem ersten verschwiegenen vis-à-vis war, trat er an sie heran und sagte: „Miß Brown, ich weiß,
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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