Doch wieder verbarg der Rauch des Altars Mit düstrer Gewalt Die göttliche Stirn Und dunkle Nacht umgraute den Forscherblick ... Da rüttelten Geister wieder am Eisenstab Und kecken Rufs ausbrach die Wahrheit Hinter dem Schwure des Galilei. Und immer heller wird's ... Und sieh Mit freierm Schwung jetzt flog im Weltraum Der sinnende Geist; Planeten ergriff Und wog die gewaltige Hand des Newton: Aufdeckt er der Welt Festhaltende Kraft...
So ein paar Glanzstellen aus dem Humboldt-Hymnus. Von gleicher Schönheit ist eine an "König Friedrich Wilhelm IV." gerichtete Ode. Sie ist im Sommer 1848 geschrieben und fordert den König auf, den "Kelch des Dulders" aus der Hand zu stellen und dem "Geweb arglistischer Lüge" gegenüber zum Schwert zu greifen. Ein Ruf also nach Reaktion, so scheint es. Aber die Gesinnung, aus der heraus er seine Forderung "zum Schwert zu greifen" stellt, ist nicht etwa eine höfisch-servile, sondern umgekehrt eine derartig edelmännisch-freie, daß man über die Sprache staunt, die hier ein Gardeleutnant vor seinem König führt.
Ergreif das Schwert, da Deine Schuld Du gesühnt Durch tiefe Demut vor der erzürnten Welt,
Doch wieder verbarg der Rauch des Altars Mit düstrer Gewalt Die göttliche Stirn Und dunkle Nacht umgraute den Forscherblick … Da rüttelten Geister wieder am Eisenstab Und kecken Rufs ausbrach die Wahrheit Hinter dem Schwure des Galilei. Und immer heller wird’s … Und sieh Mit freierm Schwung jetzt flog im Weltraum Der sinnende Geist; Planeten ergriff Und wog die gewaltige Hand des Newton: Aufdeckt er der Welt Festhaltende Kraft…
So ein paar Glanzstellen aus dem Humboldt-Hymnus. Von gleicher Schönheit ist eine an „König Friedrich Wilhelm IV.“ gerichtete Ode. Sie ist im Sommer 1848 geschrieben und fordert den König auf, den „Kelch des Dulders“ aus der Hand zu stellen und dem „Geweb arglistischer Lüge“ gegenüber zum Schwert zu greifen. Ein Ruf also nach Reaktion, so scheint es. Aber die Gesinnung, aus der heraus er seine Forderung „zum Schwert zu greifen“ stellt, ist nicht etwa eine höfisch-servile, sondern umgekehrt eine derartig edelmännisch-freie, daß man über die Sprache staunt, die hier ein Gardeleutnant vor seinem König führt.
Ergreif das Schwert, da Deine Schuld Du gesühnt Durch tiefe Demut vor der erzürnten Welt,
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Doch wieder verbarg der Rauch des Altars
Mit düstrer Gewalt
Die göttliche Stirn
Und dunkle Nacht umgraute den Forscherblick …
Da rüttelten Geister wieder am Eisenstab
Und kecken Rufs ausbrach die Wahrheit
Hinter dem Schwure des Galilei.
Und immer heller wird’s … Und sieh
Mit freierm Schwung jetzt flog im Weltraum
Der sinnende Geist;
Planeten ergriff
Und wog die gewaltige Hand des Newton:
Aufdeckt er der Welt
Festhaltende Kraft…
So ein paar Glanzstellen aus dem Humboldt-Hymnus. Von gleicher Schönheit ist eine an „König Friedrich Wilhelm IV.“ gerichtete Ode. Sie ist im Sommer 1848 geschrieben und fordert den König auf, den „Kelch des Dulders“ aus der Hand zu stellen und dem „Geweb arglistischer Lüge“ gegenüber zum Schwert zu greifen. Ein Ruf also nach Reaktion, so scheint es. Aber die Gesinnung, aus der heraus er seine Forderung „zum Schwert zu greifen“ stellt, ist nicht etwa eine höfisch-servile, sondern umgekehrt eine derartig edelmännisch-freie, daß man über die Sprache staunt, die hier ein Gardeleutnant vor seinem König führt.
Ergreif das Schwert, da Deine Schuld Du gesühnt
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/497>, abgerufen am 26.06.2024.
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