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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

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das auf ein Prinzip, nach dem ich, von Jugend auf, meinen Umgang mit vornehmen Leuten eingerichtet habe. Gegen ihre höhere gesellschaftliche Stellung habe ich nie protestiert, auch im freundschaftlichsten Verkehr immer eine Grenzscheide gezogen, Kordialitäten nie versucht, ihnen immer ihren Stand und ihre Ehre gegeben; aber wenn das Geringste geschah, das meine Ehre verletzte, habe ich das ruhig und fest zurückgewiesen. Das ist immer respektiert worden, und ich bin, wie mit Blanckensee, so mit allen anderen märkischen Adeligen immer sehr gut ausgekommen." In seinen Anschauungen hatte Hensel viel Gemeinsames mit Louis Schneider, bezeigte sich aber sehr viel feiner in ihrer Geltendmachung. In Gesellschaften war er ungemein beliebt, und mit Recht. Er hielt sich zunächst zurück und sondierte, nahm er aber wahr, daß gute Zuhörer da waren, so öffneten sich die Schleusen seiner Beredsamkeit, und daß er, der als Jüngling die Befreiungskriege mitgemacht, dann die Lalla-Rookh-Aufführung geleitet, dann 1848 die Künstler- und Studentenschaft kommandiert und 1860 als Totenwache neben seinem aufgebahrten König Friedrich Wilhelm IV. gestanden hatte - daß der erzählen konnte, braucht nicht versichert zu werden. Als Maler war er nicht bedeutend, selbst der Wert seiner Porträtmappen wird angezweifelt,

das auf ein Prinzip, nach dem ich, von Jugend auf, meinen Umgang mit vornehmen Leuten eingerichtet habe. Gegen ihre höhere gesellschaftliche Stellung habe ich nie protestiert, auch im freundschaftlichsten Verkehr immer eine Grenzscheide gezogen, Kordialitäten nie versucht, ihnen immer ihren Stand und ihre Ehre gegeben; aber wenn das Geringste geschah, das meine Ehre verletzte, habe ich das ruhig und fest zurückgewiesen. Das ist immer respektiert worden, und ich bin, wie mit Blanckensee, so mit allen anderen märkischen Adeligen immer sehr gut ausgekommen.“ In seinen Anschauungen hatte Hensel viel Gemeinsames mit Louis Schneider, bezeigte sich aber sehr viel feiner in ihrer Geltendmachung. In Gesellschaften war er ungemein beliebt, und mit Recht. Er hielt sich zunächst zurück und sondierte, nahm er aber wahr, daß gute Zuhörer da waren, so öffneten sich die Schleusen seiner Beredsamkeit, und daß er, der als Jüngling die Befreiungskriege mitgemacht, dann die Lalla-Rookh-Aufführung geleitet, dann 1848 die Künstler- und Studentenschaft kommandiert und 1860 als Totenwache neben seinem aufgebahrten König Friedrich Wilhelm IV. gestanden hatte – daß der erzählen konnte, braucht nicht versichert zu werden. Als Maler war er nicht bedeutend, selbst der Wert seiner Porträtmappen wird angezweifelt,

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[463/0472] das auf ein Prinzip, nach dem ich, von Jugend auf, meinen Umgang mit vornehmen Leuten eingerichtet habe. Gegen ihre höhere gesellschaftliche Stellung habe ich nie protestiert, auch im freundschaftlichsten Verkehr immer eine Grenzscheide gezogen, Kordialitäten nie versucht, ihnen immer ihren Stand und ihre Ehre gegeben; aber wenn das Geringste geschah, das meine Ehre verletzte, habe ich das ruhig und fest zurückgewiesen. Das ist immer respektiert worden, und ich bin, wie mit Blanckensee, so mit allen anderen märkischen Adeligen immer sehr gut ausgekommen.“ In seinen Anschauungen hatte Hensel viel Gemeinsames mit Louis Schneider, bezeigte sich aber sehr viel feiner in ihrer Geltendmachung. In Gesellschaften war er ungemein beliebt, und mit Recht. Er hielt sich zunächst zurück und sondierte, nahm er aber wahr, daß gute Zuhörer da waren, so öffneten sich die Schleusen seiner Beredsamkeit, und daß er, der als Jüngling die Befreiungskriege mitgemacht, dann die Lalla-Rookh-Aufführung geleitet, dann 1848 die Künstler- und Studentenschaft kommandiert und 1860 als Totenwache neben seinem aufgebahrten König Friedrich Wilhelm IV. gestanden hatte – daß der erzählen konnte, braucht nicht versichert zu werden. Als Maler war er nicht bedeutend, selbst der Wert seiner Porträtmappen wird angezweifelt,

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/472>, abgerufen am 22.11.2024.