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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

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Hesekiel war stolz darauf, in jedem Zustande sich immer noch in der Gewalt zu haben. "Sieh," sagte er 'mal zu mir, "manche denken, der und ich, wir wären so einerlei; aber der ist so und ich bin so" und nun führte er den Unterschied in einem drastischen Vergleiche aus. Was an solchem Abende vertilgt wurde, war unglaublich und noch unglaublicher war die Zeche, wenn man bedenkt, daß ein Mann von damals sehr bescheidenem Gehalt das alles auf seine Kappe nahm. Es kam denn auch dahin, daß, nachdem dies etwas protzige "doing the honors for all Scotland" ein Jahrzehnt lang gedauert hatte, seine zu sehr wesentlichem Teil durch eben diese Repräsentationskomödie herbeigeführte Schuldenlast wohl über 10 000 Thaler betrug, wovon die größere Hälfte auf Zinsen, Wechselprolongationen und dergleichen entfiel. Er näherte sich inzwischen den Fünfzigen, und da nicht bloß seine Schulden, sondern auch seine Gichtschmerzen immer größer wurden, so kam er eines schönen Tages auf den gesunden Gedanken, mit seinem "Schottland die Ehre thun" endgiltig Schicht zu machen und lieber seine Schulden abzuzahlen. Und dem unterzog er sich dann auch von Stund' an - auch darin seinem Vorbilde Walter Scott gleichkommend - mit eisernem Fleiß und in geradezu großartiger Weise. Tieck

Hesekiel war stolz darauf, in jedem Zustande sich immer noch in der Gewalt zu haben. „Sieh,“ sagte er ’mal zu mir, „manche denken, der und ich, wir wären so einerlei; aber der ist so und ich bin so“ und nun führte er den Unterschied in einem drastischen Vergleiche aus. Was an solchem Abende vertilgt wurde, war unglaublich und noch unglaublicher war die Zeche, wenn man bedenkt, daß ein Mann von damals sehr bescheidenem Gehalt das alles auf seine Kappe nahm. Es kam denn auch dahin, daß, nachdem dies etwas protzige „doing the honors for all Scotland“ ein Jahrzehnt lang gedauert hatte, seine zu sehr wesentlichem Teil durch eben diese Repräsentationskomödie herbeigeführte Schuldenlast wohl über 10 000 Thaler betrug, wovon die größere Hälfte auf Zinsen, Wechselprolongationen und dergleichen entfiel. Er näherte sich inzwischen den Fünfzigen, und da nicht bloß seine Schulden, sondern auch seine Gichtschmerzen immer größer wurden, so kam er eines schönen Tages auf den gesunden Gedanken, mit seinem „Schottland die Ehre thun“ endgiltig Schicht zu machen und lieber seine Schulden abzuzahlen. Und dem unterzog er sich dann auch von Stund’ an – auch darin seinem Vorbilde Walter Scott gleichkommend – mit eisernem Fleiß und in geradezu großartiger Weise. Tieck

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[442/0451] Hesekiel war stolz darauf, in jedem Zustande sich immer noch in der Gewalt zu haben. „Sieh,“ sagte er ’mal zu mir, „manche denken, der und ich, wir wären so einerlei; aber der ist so und ich bin so“ und nun führte er den Unterschied in einem drastischen Vergleiche aus. Was an solchem Abende vertilgt wurde, war unglaublich und noch unglaublicher war die Zeche, wenn man bedenkt, daß ein Mann von damals sehr bescheidenem Gehalt das alles auf seine Kappe nahm. Es kam denn auch dahin, daß, nachdem dies etwas protzige „doing the honors for all Scotland“ ein Jahrzehnt lang gedauert hatte, seine zu sehr wesentlichem Teil durch eben diese Repräsentationskomödie herbeigeführte Schuldenlast wohl über 10 000 Thaler betrug, wovon die größere Hälfte auf Zinsen, Wechselprolongationen und dergleichen entfiel. Er näherte sich inzwischen den Fünfzigen, und da nicht bloß seine Schulden, sondern auch seine Gichtschmerzen immer größer wurden, so kam er eines schönen Tages auf den gesunden Gedanken, mit seinem „Schottland die Ehre thun“ endgiltig Schicht zu machen und lieber seine Schulden abzuzahlen. Und dem unterzog er sich dann auch von Stund’ an – auch darin seinem Vorbilde Walter Scott gleichkommend – mit eisernem Fleiß und in geradezu großartiger Weise. Tieck

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Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/451>, abgerufen am 23.07.2024.