stupend; er konnte in einem fort schreiben, ohne ein Wort auszustreichen; sein Schaffen, wenn man's überhaupt so nennen durfte, hatte was Ehernes, Unerbittliches. Immer waren Massen auf Lager und so kam es, daß man ihn im Tunnel als ein "Füllsel" betrachtete, das, wenn alles andere fehlte, jederzeit eingestopft werden konnte. Das bedeutete nicht viel, aber umschloß doch immer noch eine gewisse Schätzung und in dieser Schätzung, so klein sie war, blieb er auch, so lang er ein freier Schriftsteller blieb. Als er aber in der sogenannten Reaktionszeit als ein ganz kleiner Beamter in die Kriegsministerial-Bibliothek einrückte - Scherenberg, der mit Grausen daran zurückdachte, war da sein Untergebener - kam Etwas zum Vorschein, was man bis dahin nicht an ihm gekannt hatte: Servilismus. Er sah nur noch nach dem Auge "hoher Vorgesetzter". Keiner derselben, die eben Besseres zu thun hatten, kümmerte sich um ihn und seinen ganzen Kram, aber er setzte Mienen auf, als ob das Kriegsministerium ein Etwas sei, das mit der Kriegsministerialbibliothek stehe und falle. Dem schloß er sich auch in seinen Redewendungen an und geriet in jene Sprache hinein, in der der "Drache der Revolution", "Einstehn für die höchsten Güter der Menschheit", "sichrer als auf den Schultern des Atlas" - herkömmliche
stupend; er konnte in einem fort schreiben, ohne ein Wort auszustreichen; sein Schaffen, wenn man’s überhaupt so nennen durfte, hatte was Ehernes, Unerbittliches. Immer waren Massen auf Lager und so kam es, daß man ihn im Tunnel als ein „Füllsel“ betrachtete, das, wenn alles andere fehlte, jederzeit eingestopft werden konnte. Das bedeutete nicht viel, aber umschloß doch immer noch eine gewisse Schätzung und in dieser Schätzung, so klein sie war, blieb er auch, so lang er ein freier Schriftsteller blieb. Als er aber in der sogenannten Reaktionszeit als ein ganz kleiner Beamter in die Kriegsministerial-Bibliothek einrückte – Scherenberg, der mit Grausen daran zurückdachte, war da sein Untergebener – kam Etwas zum Vorschein, was man bis dahin nicht an ihm gekannt hatte: Servilismus. Er sah nur noch nach dem Auge „hoher Vorgesetzter“. Keiner derselben, die eben Besseres zu thun hatten, kümmerte sich um ihn und seinen ganzen Kram, aber er setzte Mienen auf, als ob das Kriegsministerium ein Etwas sei, das mit der Kriegsministerialbibliothek stehe und falle. Dem schloß er sich auch in seinen Redewendungen an und geriet in jene Sprache hinein, in der der „Drache der Revolution“, „Einstehn für die höchsten Güter der Menschheit“, „sichrer als auf den Schultern des Atlas“ – herkömmliche
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stupend; er konnte in einem fort schreiben, ohne ein Wort auszustreichen; sein Schaffen, wenn man’s überhaupt so nennen durfte, hatte was Ehernes, Unerbittliches. Immer waren Massen auf Lager und so kam es, daß man ihn im Tunnel als ein „Füllsel“ betrachtete, das, wenn alles andere fehlte, jederzeit eingestopft werden konnte. Das bedeutete nicht viel, aber umschloß doch immer noch eine gewisse Schätzung und in dieser Schätzung, so klein sie war, blieb er auch, so lang er ein freier Schriftsteller blieb. Als er aber in der sogenannten Reaktionszeit als ein ganz kleiner Beamter in die Kriegsministerial-Bibliothek einrückte – Scherenberg, der mit Grausen daran zurückdachte, war da sein Untergebener – kam Etwas zum Vorschein, was man bis dahin nicht an ihm gekannt hatte: Servilismus. Er sah nur noch nach dem Auge „hoher Vorgesetzter“. Keiner derselben, die eben Besseres zu thun hatten, kümmerte sich um ihn und seinen ganzen Kram, aber er setzte Mienen auf, als ob das Kriegsministerium ein Etwas sei, das mit der Kriegsministerialbibliothek stehe und falle. Dem schloß er sich auch in seinen Redewendungen an und geriet in jene Sprache hinein, in der der „Drache der Revolution“, „Einstehn für die höchsten Güter der Menschheit“, „sichrer als auf den Schultern des Atlas“– herkömmliche<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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stupend; er konnte in einem fort schreiben, ohne ein Wort auszustreichen; sein Schaffen, wenn man’s überhaupt so nennen durfte, hatte was Ehernes, Unerbittliches. Immer waren Massen auf Lager und so kam es, daß man ihn im Tunnel als ein „Füllsel“ betrachtete, das, wenn alles andere fehlte, jederzeit eingestopft werden konnte. Das bedeutete nicht viel, aber umschloß doch immer noch eine gewisse Schätzung und in dieser Schätzung, so klein sie war, blieb er auch, so lang er ein freier Schriftsteller blieb. Als er aber in der sogenannten Reaktionszeit als ein ganz kleiner Beamter in die Kriegsministerial-Bibliothek einrückte – Scherenberg, der mit Grausen daran zurückdachte, war da sein Untergebener – kam Etwas zum Vorschein, was man bis dahin nicht an ihm gekannt hatte: Servilismus. Er sah nur noch nach dem Auge „hoher Vorgesetzter“. Keiner derselben, die eben Besseres zu thun hatten, kümmerte sich um ihn und seinen ganzen Kram, aber er setzte Mienen auf, als ob das Kriegsministerium ein Etwas sei, das mit der Kriegsministerialbibliothek stehe und falle. Dem schloß er sich auch in seinen Redewendungen an und geriet in jene Sprache hinein, in der der „Drache der Revolution“, „Einstehn für die höchsten Güter der Menschheit“, „sichrer als auf den Schultern des Atlas“ – herkömmliche
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/395>, abgerufen am 04.07.2024.
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