Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Viertes Kapitel. Theodor Storm. Storm kam Weihnachten 1852 von Husum nach Berlin, um sich hier, behufs Eintritts in den preußischen Dienst, dem Justizminister vorzustellen. Er sah sich im Ministerium wohlwollend und entgegenkommend, in litterarischen Kreisen aber mit einer Auszeichnung empfangen, die zunächst dem Dichter, aber beinahe mehr noch dem Patrioten galt. Denn alle anständigen Menschen in Preußen hatten damals jedem Schleswig-Holsteiner gegenüber ein gewisses Schuld- und Schamgefühl. In unserem Rütlikreise - "Rütli" war eine Abzweigung des Tunnels - wurden die Storm zu teil werdenden Huldigungen allerdings noch durch etwas Egoistisches unterstützt. Wir gingen nämlich gerade damals mit dem Gedanken um, ein belletristisches Jahrbuch, die "Argo", herauszugeben und wünschten uns zu diesem Zwecke hervorragender Mitarbeiter zu versichern. Dazu paßte denn Viertes Kapitel. Theodor Storm. Storm kam Weihnachten 1852 von Husum nach Berlin, um sich hier, behufs Eintritts in den preußischen Dienst, dem Justizminister vorzustellen. Er sah sich im Ministerium wohlwollend und entgegenkommend, in litterarischen Kreisen aber mit einer Auszeichnung empfangen, die zunächst dem Dichter, aber beinahe mehr noch dem Patrioten galt. Denn alle anständigen Menschen in Preußen hatten damals jedem Schleswig-Holsteiner gegenüber ein gewisses Schuld- und Schamgefühl. In unserem Rütlikreise – „Rütli“ war eine Abzweigung des Tunnels – wurden die Storm zu teil werdenden Huldigungen allerdings noch durch etwas Egoistisches unterstützt. Wir gingen nämlich gerade damals mit dem Gedanken um, ein belletristisches Jahrbuch, die „Argo“, herauszugeben und wünschten uns zu diesem Zwecke hervorragender Mitarbeiter zu versichern. Dazu paßte denn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0342" n="333"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Viertes Kapitel.</hi> </hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b #c">Theodor Storm.</hi> </p> </argument><lb/> <p>Storm kam Weihnachten 1852 von Husum nach Berlin, um sich hier, behufs Eintritts in den preußischen Dienst, dem Justizminister vorzustellen. Er sah sich im Ministerium wohlwollend und entgegenkommend, in litterarischen Kreisen aber mit einer Auszeichnung empfangen, die zunächst dem Dichter, aber beinahe mehr noch dem Patrioten galt. Denn alle anständigen Menschen in Preußen hatten damals jedem Schleswig-Holsteiner gegenüber ein gewisses Schuld- und Schamgefühl. In unserem Rütlikreise – „Rütli“ war eine Abzweigung des Tunnels – wurden die Storm zu teil werdenden Huldigungen allerdings noch durch etwas Egoistisches unterstützt. Wir gingen nämlich gerade damals mit dem Gedanken um, ein belletristisches Jahrbuch, die „Argo“, herauszugeben und wünschten uns zu diesem Zwecke hervorragender Mitarbeiter zu versichern. Dazu paßte denn<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [333/0342]
Viertes Kapitel.
Theodor Storm.
Storm kam Weihnachten 1852 von Husum nach Berlin, um sich hier, behufs Eintritts in den preußischen Dienst, dem Justizminister vorzustellen. Er sah sich im Ministerium wohlwollend und entgegenkommend, in litterarischen Kreisen aber mit einer Auszeichnung empfangen, die zunächst dem Dichter, aber beinahe mehr noch dem Patrioten galt. Denn alle anständigen Menschen in Preußen hatten damals jedem Schleswig-Holsteiner gegenüber ein gewisses Schuld- und Schamgefühl. In unserem Rütlikreise – „Rütli“ war eine Abzweigung des Tunnels – wurden die Storm zu teil werdenden Huldigungen allerdings noch durch etwas Egoistisches unterstützt. Wir gingen nämlich gerade damals mit dem Gedanken um, ein belletristisches Jahrbuch, die „Argo“, herauszugeben und wünschten uns zu diesem Zwecke hervorragender Mitarbeiter zu versichern. Dazu paßte denn
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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