Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

erfüllten Seele: "Nun ja, ja, für gewöhnlich ginge das nicht, für gewöhnlich ist eben darauf zu halten, daß die jungen Leute ,den alten Hagen' - ein berühmtes altes Apothekerbuch - lesen. Dieser hier liest statt dessen Gutzkow. Zunächst durchaus ungehörig. Aber in der Roseschen Apotheke darf so was am Ende vorkommen: das ist eben das, wodurch wir uns von dem Gros der übrigen unterscheiden. Das Rosesche muß mit einer andern Elle gemessen werden." Und so blieben mir die Kränkungen erspart, die sich sonst nur zu häufig an solche Dinge knüpfen.



So waren die Personen, so war das Leben im Hause, Schilderungen, bei denen ich bereits an mehr als einer Stelle mit einklingen ließ, wie mein eignes Thun verlief. Aber über diesen letztern Punkt möcht' ich mich doch noch etwas ausführlicher auslassen dürfen.

Die beste Zeit im Hause war immer der Sommer, wo wir, weil die Prinzipalität dann auf ganze Monate hin ausflog, uns selbst überlassen blieben und einem Vicekönige unterstellt wurden. Solche Vicekönige sind oft strenger als die eigentlichen Herrscher, aber man nimmt den Kampf mit ihnen

erfüllten Seele: „Nun ja, ja, für gewöhnlich ginge das nicht, für gewöhnlich ist eben darauf zu halten, daß die jungen Leute den alten Hagen – ein berühmtes altes Apothekerbuch – lesen. Dieser hier liest statt dessen Gutzkow. Zunächst durchaus ungehörig. Aber in der Roseschen Apotheke darf so was am Ende vorkommen: das ist eben das, wodurch wir uns von dem Gros der übrigen unterscheiden. Das Rosesche muß mit einer andern Elle gemessen werden.“ Und so blieben mir die Kränkungen erspart, die sich sonst nur zu häufig an solche Dinge knüpfen.



So waren die Personen, so war das Leben im Hause, Schilderungen, bei denen ich bereits an mehr als einer Stelle mit einklingen ließ, wie mein eignes Thun verlief. Aber über diesen letztern Punkt möcht’ ich mich doch noch etwas ausführlicher auslassen dürfen.

Die beste Zeit im Hause war immer der Sommer, wo wir, weil die Prinzipalität dann auf ganze Monate hin ausflog, uns selbst überlassen blieben und einem Vicekönige unterstellt wurden. Solche Vicekönige sind oft strenger als die eigentlichen Herrscher, aber man nimmt den Kampf mit ihnen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0033" n="24"/>
erfüllten Seele: &#x201E;Nun ja, ja, für gewöhnlich ginge das nicht, für gewöhnlich ist eben darauf zu halten, daß die jungen Leute <choice><sic>&#x201E;</sic><corr>&#x201A;</corr></choice>den alten Hagen<choice><sic>&#x201C;</sic><corr>&#x2018;</corr></choice> &#x2013; ein berühmtes altes Apothekerbuch &#x2013; lesen. Dieser hier liest statt dessen Gutzkow. Zunächst durchaus ungehörig. Aber in der <hi rendition="#g">Roseschen</hi> Apotheke darf so was am Ende vorkommen: das ist eben <hi rendition="#g">das</hi>, wodurch wir uns von dem Gros der übrigen unterscheiden. Das Rosesche muß mit einer andern Elle gemessen werden.&#x201C; Und so blieben mir die Kränkungen erspart, die sich sonst nur zu häufig an solche Dinge knüpfen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>So waren die Personen, so war das Leben im Hause, Schilderungen, bei denen ich bereits an mehr als einer Stelle mit einklingen ließ, wie mein eignes Thun verlief. Aber über diesen letztern Punkt möcht&#x2019; ich mich doch noch etwas ausführlicher auslassen dürfen.</p><lb/>
          <p>Die beste Zeit im Hause war immer der Sommer, wo wir, weil die Prinzipalität dann auf ganze Monate hin ausflog, uns selbst überlassen blieben und einem Vicekönige unterstellt wurden. Solche Vicekönige sind oft strenger als die eigentlichen Herrscher, aber man nimmt den Kampf mit ihnen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0033] erfüllten Seele: „Nun ja, ja, für gewöhnlich ginge das nicht, für gewöhnlich ist eben darauf zu halten, daß die jungen Leute ‚den alten Hagen‘ – ein berühmtes altes Apothekerbuch – lesen. Dieser hier liest statt dessen Gutzkow. Zunächst durchaus ungehörig. Aber in der Roseschen Apotheke darf so was am Ende vorkommen: das ist eben das, wodurch wir uns von dem Gros der übrigen unterscheiden. Das Rosesche muß mit einer andern Elle gemessen werden.“ Und so blieben mir die Kränkungen erspart, die sich sonst nur zu häufig an solche Dinge knüpfen. So waren die Personen, so war das Leben im Hause, Schilderungen, bei denen ich bereits an mehr als einer Stelle mit einklingen ließ, wie mein eignes Thun verlief. Aber über diesen letztern Punkt möcht’ ich mich doch noch etwas ausführlicher auslassen dürfen. Die beste Zeit im Hause war immer der Sommer, wo wir, weil die Prinzipalität dann auf ganze Monate hin ausflog, uns selbst überlassen blieben und einem Vicekönige unterstellt wurden. Solche Vicekönige sind oft strenger als die eigentlichen Herrscher, aber man nimmt den Kampf mit ihnen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/33
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/33>, abgerufen am 21.11.2024.