Neffen - der übrigens nur sein Adoptivneffe war - von Jugend an die größte Zuneigung bewiesen, ja, ihn halb erzogen, war aber doch nebenher von so heftiger und exzentrischer Eigenart, daß er, als Lucae mal einen Zweifel hinsichtlich der vielen "Teniers" geäußert hatte, seinen geliebten Richard ohne weiteres auf krumme Säbel fordern ließ. Es kostete viel Mühe, den alten Berserker, der schon zwischen fünfzig und sechzig war, davon abzubringen.
Alle diese, der mittleren bürgerlichen Sphäre zugehörigen Personen waren in ihrer künstlerischen Vorführung wahre Kabinettsstücke, Lucaes glänzendste Leistungen aber lagen doch mehr nach beiden Flügeln rechts und links hin und waren einerseits ungarische Mikosch-Magnaten, russische Generäle, die Deutschland auf Musik bereisten, imbecile Prinzen mit Kunstallüren - besonders wenn sie nebenher noch stotterten - und andererseits alte Polizeiwachtmeister, Frölens mit Mopsbegleitung und namentlich Pennbrüder. In solchen Gestalten aus dem Volksleben war er in der bunten Reihenfolge seiner Geschichten unerschöpflich. Eine dieser Geschichten habe ich viele Male von ihm gehört und womöglich mit immer sich steigerndem Genuß. Es war die Darstellung eines armen, angesäuselten Bummlers, der in einen Omnibus steigt, und als er
Neffen – der übrigens nur sein Adoptivneffe war – von Jugend an die größte Zuneigung bewiesen, ja, ihn halb erzogen, war aber doch nebenher von so heftiger und exzentrischer Eigenart, daß er, als Lucae mal einen Zweifel hinsichtlich der vielen „Teniers“ geäußert hatte, seinen geliebten Richard ohne weiteres auf krumme Säbel fordern ließ. Es kostete viel Mühe, den alten Berserker, der schon zwischen fünfzig und sechzig war, davon abzubringen.
Alle diese, der mittleren bürgerlichen Sphäre zugehörigen Personen waren in ihrer künstlerischen Vorführung wahre Kabinettsstücke, Lucaes glänzendste Leistungen aber lagen doch mehr nach beiden Flügeln rechts und links hin und waren einerseits ungarische Mikosch-Magnaten, russische Generäle, die Deutschland auf Musik bereisten, imbecile Prinzen mit Kunstallüren – besonders wenn sie nebenher noch stotterten – und andererseits alte Polizeiwachtmeister, Frölens mit Mopsbegleitung und namentlich Pennbrüder. In solchen Gestalten aus dem Volksleben war er in der bunten Reihenfolge seiner Geschichten unerschöpflich. Eine dieser Geschichten habe ich viele Male von ihm gehört und womöglich mit immer sich steigerndem Genuß. Es war die Darstellung eines armen, angesäuselten Bummlers, der in einen Omnibus steigt, und als er
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Neffen – der übrigens nur sein Adoptivneffe war – von Jugend an die größte Zuneigung bewiesen, ja, ihn halb erzogen, war aber doch nebenher von so heftiger und exzentrischer Eigenart, daß er, als Lucae mal einen Zweifel hinsichtlich der vielen „Teniers“ geäußert hatte, seinen geliebten Richard ohne weiteres auf krumme Säbel fordern ließ. Es kostete viel Mühe, den alten Berserker, der schon zwischen fünfzig und sechzig war, davon abzubringen.</p><lb/><p>Alle diese, der mittleren bürgerlichen Sphäre zugehörigen Personen waren in ihrer künstlerischen Vorführung wahre Kabinettsstücke, Lucaes glänzendste Leistungen aber lagen doch mehr nach beiden <hirendition="#g">Flügeln</hi> rechts und links hin und waren einerseits ungarische Mikosch-Magnaten, russische Generäle, die Deutschland auf Musik bereisten, imbecile Prinzen mit Kunstallüren – besonders wenn sie nebenher noch stotterten – und andererseits alte Polizeiwachtmeister, Frölens mit Mopsbegleitung und namentlich Pennbrüder. In solchen Gestalten aus dem Volksleben war er in der bunten Reihenfolge seiner Geschichten unerschöpflich. Eine dieser Geschichten habe ich viele Male von ihm gehört und womöglich mit immer sich steigerndem Genuß. Es war die Darstellung eines armen, angesäuselten Bummlers, der in einen Omnibus steigt, und als er<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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Neffen – der übrigens nur sein Adoptivneffe war – von Jugend an die größte Zuneigung bewiesen, ja, ihn halb erzogen, war aber doch nebenher von so heftiger und exzentrischer Eigenart, daß er, als Lucae mal einen Zweifel hinsichtlich der vielen „Teniers“ geäußert hatte, seinen geliebten Richard ohne weiteres auf krumme Säbel fordern ließ. Es kostete viel Mühe, den alten Berserker, der schon zwischen fünfzig und sechzig war, davon abzubringen.
Alle diese, der mittleren bürgerlichen Sphäre zugehörigen Personen waren in ihrer künstlerischen Vorführung wahre Kabinettsstücke, Lucaes glänzendste Leistungen aber lagen doch mehr nach beiden Flügeln rechts und links hin und waren einerseits ungarische Mikosch-Magnaten, russische Generäle, die Deutschland auf Musik bereisten, imbecile Prinzen mit Kunstallüren – besonders wenn sie nebenher noch stotterten – und andererseits alte Polizeiwachtmeister, Frölens mit Mopsbegleitung und namentlich Pennbrüder. In solchen Gestalten aus dem Volksleben war er in der bunten Reihenfolge seiner Geschichten unerschöpflich. Eine dieser Geschichten habe ich viele Male von ihm gehört und womöglich mit immer sich steigerndem Genuß. Es war die Darstellung eines armen, angesäuselten Bummlers, der in einen Omnibus steigt, und als er
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/328>, abgerufen am 23.07.2024.
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