Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Der Tunneljargon, wie hier gleich noch eingeschaltet werden mag, war von erheblicher Ausdehnung und jedenfalls weit davon entfernt, sich auf "Späne" - als Bezeichnung für Beiträge - zu beschränken. Die Mitglieder beispielsweise, die ganz unproduktiv waren, hießen "Klassiker", die Produktiven dagegen "Makulaturen". Die Gäste hießen "Runen", womit wohl ausgedrückt sein sollte, daß sie was Geheimnisvolles hätten, daß man noch nicht recht Bescheid mit ihnen wisse. Die Sammelbüchse, die beim Schluß der Sitzung klingelbeutelartig umging, hieß "eiserner Fonds". Das Lokal für die Sitzungen wechselte ziemlich häufig, namentlich in den ersten Jahren. Später wurde man seßhafter, und drei dieser Lokale sind mir in Erinnerung geblieben: erst ein Hof- und Gartensalon in der Leipzigerstraße, dann ein Vorderzimmer im "Englischen Hause", zuletzt - und durch viele Jahre hin - ein großer Saal im "Cafe Belvedere", einem jetzt eingegangenen Etablissement neben Opernhaus und katholischer Kirche. Hier erhielten wir auch einen Bilderschmuck, ich weiß nicht mehr in welcher Veranlassung. Hugo von Blomberg und Professor Stilke malten ein ziemlich großes Wandbild, das dem Lokal, auch als der Tunnel sich nicht mehr darin versammelte, zur Er- Der Tunneljargon, wie hier gleich noch eingeschaltet werden mag, war von erheblicher Ausdehnung und jedenfalls weit davon entfernt, sich auf „Späne“ – als Bezeichnung für Beiträge – zu beschränken. Die Mitglieder beispielsweise, die ganz unproduktiv waren, hießen „Klassiker“, die Produktiven dagegen „Makulaturen“. Die Gäste hießen „Runen“, womit wohl ausgedrückt sein sollte, daß sie was Geheimnisvolles hätten, daß man noch nicht recht Bescheid mit ihnen wisse. Die Sammelbüchse, die beim Schluß der Sitzung klingelbeutelartig umging, hieß „eiserner Fonds“. Das Lokal für die Sitzungen wechselte ziemlich häufig, namentlich in den ersten Jahren. Später wurde man seßhafter, und drei dieser Lokale sind mir in Erinnerung geblieben: erst ein Hof- und Gartensalon in der Leipzigerstraße, dann ein Vorderzimmer im „Englischen Hause“, zuletzt – und durch viele Jahre hin – ein großer Saal im „Café Belvedere“, einem jetzt eingegangenen Etablissement neben Opernhaus und katholischer Kirche. Hier erhielten wir auch einen Bilderschmuck, ich weiß nicht mehr in welcher Veranlassung. Hugo von Blomberg und Professor Stilke malten ein ziemlich großes Wandbild, das dem Lokal, auch als der Tunnel sich nicht mehr darin versammelte, zur Er- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0279" n="270"/> <p>Der Tunneljargon, wie hier gleich noch eingeschaltet werden mag, war von erheblicher Ausdehnung und jedenfalls weit davon entfernt, sich auf „Späne“ – als Bezeichnung für Beiträge – zu beschränken. <hi rendition="#g">Die</hi> Mitglieder beispielsweise, die ganz unproduktiv waren, hießen „Klassiker“, die Produktiven dagegen „Makulaturen“. Die Gäste hießen „Runen“, womit wohl ausgedrückt sein sollte, daß sie was Geheimnisvolles hätten, daß man noch nicht recht Bescheid mit ihnen wisse. Die Sammelbüchse, die beim Schluß der Sitzung klingelbeutelartig umging, hieß „eiserner Fonds“.</p><lb/> <p>Das Lokal für die Sitzungen wechselte ziemlich häufig, namentlich in den ersten Jahren. Später wurde man seßhafter, und drei dieser Lokale sind mir in Erinnerung geblieben: erst ein Hof- und Gartensalon in der Leipzigerstraße, dann ein Vorderzimmer im „Englischen Hause“, zuletzt – und durch viele Jahre hin – ein großer Saal im „Café Belvedere“, einem jetzt eingegangenen Etablissement neben Opernhaus und katholischer Kirche. Hier erhielten wir auch einen Bilderschmuck, ich weiß nicht mehr in welcher Veranlassung. Hugo von Blomberg und Professor Stilke malten ein ziemlich großes Wandbild, das dem Lokal, auch als der Tunnel sich nicht mehr darin versammelte, zur Er-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [270/0279]
Der Tunneljargon, wie hier gleich noch eingeschaltet werden mag, war von erheblicher Ausdehnung und jedenfalls weit davon entfernt, sich auf „Späne“ – als Bezeichnung für Beiträge – zu beschränken. Die Mitglieder beispielsweise, die ganz unproduktiv waren, hießen „Klassiker“, die Produktiven dagegen „Makulaturen“. Die Gäste hießen „Runen“, womit wohl ausgedrückt sein sollte, daß sie was Geheimnisvolles hätten, daß man noch nicht recht Bescheid mit ihnen wisse. Die Sammelbüchse, die beim Schluß der Sitzung klingelbeutelartig umging, hieß „eiserner Fonds“.
Das Lokal für die Sitzungen wechselte ziemlich häufig, namentlich in den ersten Jahren. Später wurde man seßhafter, und drei dieser Lokale sind mir in Erinnerung geblieben: erst ein Hof- und Gartensalon in der Leipzigerstraße, dann ein Vorderzimmer im „Englischen Hause“, zuletzt – und durch viele Jahre hin – ein großer Saal im „Café Belvedere“, einem jetzt eingegangenen Etablissement neben Opernhaus und katholischer Kirche. Hier erhielten wir auch einen Bilderschmuck, ich weiß nicht mehr in welcher Veranlassung. Hugo von Blomberg und Professor Stilke malten ein ziemlich großes Wandbild, das dem Lokal, auch als der Tunnel sich nicht mehr darin versammelte, zur Er-
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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