Baudius zusammen, - wenn ich nicht irre: Adoptivvater der Frau Wilbrandt-Baudius - einem trefflichen Künstler und geistvollen alten Herrn. Es waren sehr angenehme Wochen. Ich erholte mich bei diesem flotten Leben sehr rasch, konnte bald wieder laufen und springen und so kam es denn, daß wir alle drei, der Onkel, die Tante und ich, eine Fahrt in die sächsische Schweiz verabredeten und auch machten. Es war entzückend, kannt' ich doch nichts als Kreuzberg und Windmühlenberg, und hatte deshalb von der Bastei mehr, als später von Grindelwald und Rigi. Natürlich waren wir auch einen Tag in Dresden, aber ich sah mir von den dortigen Herrlichkeiten nichts an, weil es nach einer kurz vor Antritt dieser kleinen Reise geführten Korrespondenz für mich feststand, daß ich am ersten Juli nach Dresden gehn und in die dortige Struvesche Apotheke eintreten würde.
Dieser Eintritt erfolgte denn auch und wurde von mir wie Gewinn des großen Loses angesehen. Nicht ganz mit Unrecht. Struve galt für absolute Nummer eins in Deutschland, ich möchte fast sagen in der Welt, und verdiente diesen Ruf auch. Ich verbrachte da ein glückliches Jahr, wenn auch nicht ganz so vergnüglich wie das in Leipzig. Es war alles vornehmer, aber zugleich auch steifer. In Einzelnes mich hier einzulassen - ich habe diesen Dingen
Baudius zusammen, – wenn ich nicht irre: Adoptivvater der Frau Wilbrandt-Baudius – einem trefflichen Künstler und geistvollen alten Herrn. Es waren sehr angenehme Wochen. Ich erholte mich bei diesem flotten Leben sehr rasch, konnte bald wieder laufen und springen und so kam es denn, daß wir alle drei, der Onkel, die Tante und ich, eine Fahrt in die sächsische Schweiz verabredeten und auch machten. Es war entzückend, kannt’ ich doch nichts als Kreuzberg und Windmühlenberg, und hatte deshalb von der Bastei mehr, als später von Grindelwald und Rigi. Natürlich waren wir auch einen Tag in Dresden, aber ich sah mir von den dortigen Herrlichkeiten nichts an, weil es nach einer kurz vor Antritt dieser kleinen Reise geführten Korrespondenz für mich feststand, daß ich am ersten Juli nach Dresden gehn und in die dortige Struvesche Apotheke eintreten würde.
Dieser Eintritt erfolgte denn auch und wurde von mir wie Gewinn des großen Loses angesehen. Nicht ganz mit Unrecht. Struve galt für absolute Nummer eins in Deutschland, ich möchte fast sagen in der Welt, und verdiente diesen Ruf auch. Ich verbrachte da ein glückliches Jahr, wenn auch nicht ganz so vergnüglich wie das in Leipzig. Es war alles vornehmer, aber zugleich auch steifer. In Einzelnes mich hier einzulassen – ich habe diesen Dingen
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Baudius zusammen, – wenn ich nicht irre: Adoptivvater der Frau Wilbrandt-Baudius – einem trefflichen Künstler und geistvollen alten Herrn. Es waren sehr angenehme Wochen. Ich erholte mich bei diesem flotten Leben sehr rasch, konnte bald wieder laufen und springen und so kam es denn, daß wir alle drei, der Onkel, die Tante und ich, eine Fahrt in die sächsische Schweiz verabredeten und auch machten. Es war entzückend, kannt’ ich doch nichts als Kreuzberg und Windmühlenberg, und hatte deshalb von der Bastei mehr, als später von Grindelwald und Rigi. Natürlich waren wir auch einen Tag in Dresden, aber ich sah mir von den dortigen Herrlichkeiten nichts an, weil es nach einer kurz vor Antritt dieser kleinen Reise geführten Korrespondenz für mich feststand, daß ich am ersten Juli nach Dresden gehn und in die dortige Struvesche Apotheke eintreten würde.</p><lb/><p>Dieser Eintritt erfolgte denn auch und wurde von mir wie Gewinn des großen Loses angesehen. Nicht ganz mit Unrecht. Struve galt für absolute Nummer eins in Deutschland, ich möchte fast sagen in der Welt, und verdiente diesen Ruf auch. Ich verbrachte da ein glückliches Jahr, wenn auch nicht ganz so vergnüglich wie das in Leipzig. Es war alles vornehmer, aber zugleich auch steifer. In Einzelnes mich hier einzulassen – ich habe diesen Dingen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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Baudius zusammen, – wenn ich nicht irre: Adoptivvater der Frau Wilbrandt-Baudius – einem trefflichen Künstler und geistvollen alten Herrn. Es waren sehr angenehme Wochen. Ich erholte mich bei diesem flotten Leben sehr rasch, konnte bald wieder laufen und springen und so kam es denn, daß wir alle drei, der Onkel, die Tante und ich, eine Fahrt in die sächsische Schweiz verabredeten und auch machten. Es war entzückend, kannt’ ich doch nichts als Kreuzberg und Windmühlenberg, und hatte deshalb von der Bastei mehr, als später von Grindelwald und Rigi. Natürlich waren wir auch einen Tag in Dresden, aber ich sah mir von den dortigen Herrlichkeiten nichts an, weil es nach einer kurz vor Antritt dieser kleinen Reise geführten Korrespondenz für mich feststand, daß ich am ersten Juli nach Dresden gehn und in die dortige Struvesche Apotheke eintreten würde.
Dieser Eintritt erfolgte denn auch und wurde von mir wie Gewinn des großen Loses angesehen. Nicht ganz mit Unrecht. Struve galt für absolute Nummer eins in Deutschland, ich möchte fast sagen in der Welt, und verdiente diesen Ruf auch. Ich verbrachte da ein glückliches Jahr, wenn auch nicht ganz so vergnüglich wie das in Leipzig. Es war alles vornehmer, aber zugleich auch steifer. In Einzelnes mich hier einzulassen – ich habe diesen Dingen
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/214>, abgerufen am 23.07.2024.
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