Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.los werden, ohne doch geradezu Augenzeuge von dem Bilde gewesen zu sein. Ich war Ostern in eine höhere Klasse versetzt worden und hatte den aufrichtigen Willen fleißig und ordentlich zu sein. Aber es kam nicht dazu. Nach dieser Seite ging mir immer alles verquer, oft ohne jede Schuld von meiner Seite. So wenigstens war es diesmal. Onkel August kam um Pfingsten auf die Idee, ganz in Nähe von Berlin eine Sommerwohnung zu mieten und wählte dazu das eine gute Viertelstunde vor dem Oranienburger-Thor gelegene Liesensche Lokal, oder wie man damals sagte: "bei Liesens". Der Weg von da bis in meine Schule dauerte gerad' eine Stunde. Das war nun wirklich keine Kleinigkeit. Aber was wollte diese Stunde besagen, im Vergleich zu der Zumutung, die jeder Mittwoch und Sonnabend noch extra an mich stellte. Mittwoch und Sonnabend waren die Tage, wo wir mit unserm naturwissenschaftlichen Lehrer, dem Oberlehrer Ruthe, botanische Exkursionen zu machen hatten, die, weil Ruthe am Ausgange der Köpnickerstraße wohnte, regelmäßig nach Treptow und am liebsten nach Britz und der Rudower Wiese hin unternommen los werden, ohne doch geradezu Augenzeuge von dem Bilde gewesen zu sein. Ich war Ostern in eine höhere Klasse versetzt worden und hatte den aufrichtigen Willen fleißig und ordentlich zu sein. Aber es kam nicht dazu. Nach dieser Seite ging mir immer alles verquer, oft ohne jede Schuld von meiner Seite. So wenigstens war es diesmal. Onkel August kam um Pfingsten auf die Idee, ganz in Nähe von Berlin eine Sommerwohnung zu mieten und wählte dazu das eine gute Viertelstunde vor dem Oranienburger-Thor gelegene Liesensche Lokal, oder wie man damals sagte: „bei Liesens“. Der Weg von da bis in meine Schule dauerte gerad’ eine Stunde. Das war nun wirklich keine Kleinigkeit. Aber was wollte diese Stunde besagen, im Vergleich zu der Zumutung, die jeder Mittwoch und Sonnabend noch extra an mich stellte. Mittwoch und Sonnabend waren die Tage, wo wir mit unserm naturwissenschaftlichen Lehrer, dem Oberlehrer Ruthe, botanische Exkursionen zu machen hatten, die, weil Ruthe am Ausgange der Köpnickerstraße wohnte, regelmäßig nach Treptow und am liebsten nach Britz und der Rudower Wiese hin unternommen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0201" n="192"/> los werden, ohne doch geradezu Augenzeuge von dem Bilde gewesen zu sein.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Ich war Ostern in eine höhere Klasse versetzt worden und hatte den aufrichtigen Willen fleißig und ordentlich zu sein. Aber es kam nicht dazu. Nach dieser Seite ging mir immer alles verquer, oft ohne jede Schuld von meiner Seite. So wenigstens war es diesmal. Onkel August kam um Pfingsten auf die Idee, ganz in Nähe von Berlin eine Sommerwohnung zu mieten und wählte dazu das eine gute Viertelstunde vor dem Oranienburger-Thor gelegene Liesensche Lokal, oder wie man damals sagte: „bei Liesens“. Der Weg von da bis in meine Schule dauerte gerad’ eine Stunde. Das war nun wirklich keine Kleinigkeit. Aber was wollte diese Stunde besagen, im Vergleich zu der Zumutung, die jeder Mittwoch und Sonnabend noch extra an mich stellte. Mittwoch und Sonnabend waren die Tage, wo wir mit unserm naturwissenschaftlichen Lehrer, dem Oberlehrer Ruthe, botanische Exkursionen zu machen hatten, die, weil Ruthe am Ausgange der Köpnickerstraße wohnte, regelmäßig nach Treptow und am liebsten nach Britz und der Rudower Wiese hin unternommen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [192/0201]
los werden, ohne doch geradezu Augenzeuge von dem Bilde gewesen zu sein.
Ich war Ostern in eine höhere Klasse versetzt worden und hatte den aufrichtigen Willen fleißig und ordentlich zu sein. Aber es kam nicht dazu. Nach dieser Seite ging mir immer alles verquer, oft ohne jede Schuld von meiner Seite. So wenigstens war es diesmal. Onkel August kam um Pfingsten auf die Idee, ganz in Nähe von Berlin eine Sommerwohnung zu mieten und wählte dazu das eine gute Viertelstunde vor dem Oranienburger-Thor gelegene Liesensche Lokal, oder wie man damals sagte: „bei Liesens“. Der Weg von da bis in meine Schule dauerte gerad’ eine Stunde. Das war nun wirklich keine Kleinigkeit. Aber was wollte diese Stunde besagen, im Vergleich zu der Zumutung, die jeder Mittwoch und Sonnabend noch extra an mich stellte. Mittwoch und Sonnabend waren die Tage, wo wir mit unserm naturwissenschaftlichen Lehrer, dem Oberlehrer Ruthe, botanische Exkursionen zu machen hatten, die, weil Ruthe am Ausgange der Köpnickerstraße wohnte, regelmäßig nach Treptow und am liebsten nach Britz und der Rudower Wiese hin unternommen
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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