Max Müller. Er hätte sehr gut mit Wolfsohn auf dessen eigenstem Gebiet, dem gesellschaftlichen, konkurrieren, ihn vielleicht sogar aus dem Felde schlagen können, aber er war dazu zu jung, erst achtzehn Jahre alt. Dies einsehend hielt er sich zurück und beschränkte sich im übrigen darauf, mit dem klugen glauen Gesicht eines Eichhörnchens unseren Freiheitsrodomontaden, beziehungsweise den Plänen "pour culbuter toute l'Europe" zu folgen. Nur dann und wann schoß er selber einen kleinen Pfeil ab. Als die "Zeitung für die elegante Welt", die wir kurzweg "Die Elegante" nannten, ihre Redaktion gewechselt und Heinrich Laube an die Stelle von Gustav Kühne gesetzt hatte, sagte Müller in guter Laune:
Was sich Kühne nicht erkühnt, Wird sich Laube nicht erlauben.
Im ganzen genommen ging er im kleinen und großen mehr seine eigenen Wege, was sich, neben anderem, auch darin zeigte, daß er nicht so recht zu Robert Binders "Eisenbahn" hielt, sondern ein kleines, ziemlich verwegenes Blatt bevorzugte, das der später so famose, damals aber nur durch seinen roten Vollbart ausgezeichnete Gartenlauben-Keil herausgab. Müller war in unserem Kreise sehr beliebt und angesehen, aber doch nur, weil er, wie wir wußten, auf
Max Müller. Er hätte sehr gut mit Wolfsohn auf dessen eigenstem Gebiet, dem gesellschaftlichen, konkurrieren, ihn vielleicht sogar aus dem Felde schlagen können, aber er war dazu zu jung, erst achtzehn Jahre alt. Dies einsehend hielt er sich zurück und beschränkte sich im übrigen darauf, mit dem klugen glauen Gesicht eines Eichhörnchens unseren Freiheitsrodomontaden, beziehungsweise den Plänen „pour culbuter toute l’Europe“ zu folgen. Nur dann und wann schoß er selber einen kleinen Pfeil ab. Als die „Zeitung für die elegante Welt“, die wir kurzweg „Die Elegante“ nannten, ihre Redaktion gewechselt und Heinrich Laube an die Stelle von Gustav Kühne gesetzt hatte, sagte Müller in guter Laune:
Was sich Kühne nicht erkühnt, Wird sich Laube nicht erlauben.
Im ganzen genommen ging er im kleinen und großen mehr seine eigenen Wege, was sich, neben anderem, auch darin zeigte, daß er nicht so recht zu Robert Binders „Eisenbahn“ hielt, sondern ein kleines, ziemlich verwegenes Blatt bevorzugte, das der später so famose, damals aber nur durch seinen roten Vollbart ausgezeichnete Gartenlauben-Keil herausgab. Müller war in unserem Kreise sehr beliebt und angesehen, aber doch nur, weil er, wie wir wußten, auf
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0161"n="152"/><hirendition="#g">Max Müller</hi>. Er hätte sehr gut mit Wolfsohn auf dessen eigenstem Gebiet, dem gesellschaftlichen, konkurrieren, ihn vielleicht sogar aus dem Felde schlagen können, aber er war dazu zu jung, erst achtzehn Jahre alt. Dies einsehend hielt er sich zurück und beschränkte sich im übrigen darauf, mit dem klugen glauen Gesicht eines Eichhörnchens unseren Freiheitsrodomontaden, beziehungsweise den Plänen <hirendition="#aq">„pour culbuter toute l’Europe“</hi> zu folgen. Nur dann und wann schoß er selber einen kleinen Pfeil ab. Als die „Zeitung für die elegante Welt“, die wir kurzweg „Die Elegante“ nannten, ihre Redaktion gewechselt und Heinrich Laube an die Stelle von Gustav Kühne gesetzt hatte, sagte Müller in guter Laune:</p><lb/><lgtype="poem"><l>Was sich Kühne nicht erkühnt,</l><lb/><l>Wird sich Laube nicht erlauben.</l><lb/></lg><p>Im ganzen genommen ging er im kleinen und großen mehr seine eigenen Wege, was sich, neben anderem, auch darin zeigte, daß er nicht so recht zu Robert Binders „Eisenbahn“ hielt, sondern ein kleines, ziemlich verwegenes Blatt bevorzugte, das der später so famose, damals aber nur durch seinen roten Vollbart ausgezeichnete Gartenlauben-Keil herausgab. Müller war in unserem Kreise sehr beliebt und angesehen, aber doch nur, weil er, wie wir wußten, auf<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[152/0161]
Max Müller. Er hätte sehr gut mit Wolfsohn auf dessen eigenstem Gebiet, dem gesellschaftlichen, konkurrieren, ihn vielleicht sogar aus dem Felde schlagen können, aber er war dazu zu jung, erst achtzehn Jahre alt. Dies einsehend hielt er sich zurück und beschränkte sich im übrigen darauf, mit dem klugen glauen Gesicht eines Eichhörnchens unseren Freiheitsrodomontaden, beziehungsweise den Plänen „pour culbuter toute l’Europe“ zu folgen. Nur dann und wann schoß er selber einen kleinen Pfeil ab. Als die „Zeitung für die elegante Welt“, die wir kurzweg „Die Elegante“ nannten, ihre Redaktion gewechselt und Heinrich Laube an die Stelle von Gustav Kühne gesetzt hatte, sagte Müller in guter Laune:
Was sich Kühne nicht erkühnt,
Wird sich Laube nicht erlauben.
Im ganzen genommen ging er im kleinen und großen mehr seine eigenen Wege, was sich, neben anderem, auch darin zeigte, daß er nicht so recht zu Robert Binders „Eisenbahn“ hielt, sondern ein kleines, ziemlich verwegenes Blatt bevorzugte, das der später so famose, damals aber nur durch seinen roten Vollbart ausgezeichnete Gartenlauben-Keil herausgab. Müller war in unserem Kreise sehr beliebt und angesehen, aber doch nur, weil er, wie wir wußten, auf
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/161>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.