tutti quanti, lieber Dussek. Keine Einwendungen. Aber was trinken Sie? Sie haben die Wahl. Asti, Montefiascone, Tokayer."
"Irgend einen Ungar."
"Herben?"
Dussek lächelte.
"Thörichte Frage," korrigierte sich der Prinz und fuhr in gesteigerter guter Laune fort: "Aber nun, Dussek, erzählen Sie. Theaterleute haben, die Tugend selber ausgenommen, allerlei Tugenden, und unter diesen auch die der Mitteilsamkeit. Sie bleiben einem auf die Frage ,was Neues' selten eine Antwort schuldig."
"Und auch heute nicht, Königliche Hoheit," ant¬ wortete Dussek, der, nachdem er genippt hatte, eben sein Bärtchen putzte.
"Nun, so lassen Sie hören. Was schwimmt obenauf?"
"Die ganze Stadt ist in Aufregung. Versteht sich, wenn ich sage, ,die ganze Stadt', so mein ich das Theater."
"Das Theater ist die Stadt. Sie sind also ge¬ rechtfertigt. Und nun weiter."
"Königliche Hoheit befehlen. Nun denn, wir sind in unsrem Haupt und Führer empfindlich ge¬ kränkt worden und haben denn auch aus eben diesem Grunde nicht viel weniger als eine kleine Theater¬ emeute gehabt.
tutti quanti, lieber Duſſek. Keine Einwendungen. Aber was trinken Sie? Sie haben die Wahl. Aſti, Montefiascone, Tokayer.“
„Irgend einen Ungar.“
„Herben?“
Duſſek lächelte.
„Thörichte Frage,“ korrigierte ſich der Prinz und fuhr in geſteigerter guter Laune fort: „Aber nun, Duſſek, erzählen Sie. Theaterleute haben, die Tugend ſelber ausgenommen, allerlei Tugenden, und unter dieſen auch die der Mitteilſamkeit. Sie bleiben einem auf die Frage ‚was Neues‛ ſelten eine Antwort ſchuldig.“
„Und auch heute nicht, Königliche Hoheit,“ ant¬ wortete Duſſek, der, nachdem er genippt hatte, eben ſein Bärtchen putzte.
„Nun, ſo laſſen Sie hören. Was ſchwimmt obenauf?“
„Die ganze Stadt iſt in Aufregung. Verſteht ſich, wenn ich ſage, ‚die ganze Stadt‛, ſo mein ich das Theater.“
„Das Theater iſt die Stadt. Sie ſind alſo ge¬ rechtfertigt. Und nun weiter.“
„Königliche Hoheit befehlen. Nun denn, wir ſind in unſrem Haupt und Führer empfindlich ge¬ kränkt worden und haben denn auch aus eben dieſem Grunde nicht viel weniger als eine kleine Theater¬ emeute gehabt.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0094"n="82"/><hirendition="#aq">tutti quanti</hi>, lieber Duſſek. Keine Einwendungen.<lb/>
Aber was trinken Sie? Sie haben die Wahl. Aſti,<lb/>
Montefiascone, Tokayer.“</p><lb/><p>„Irgend einen Ungar.“</p><lb/><p>„Herben?“</p><lb/><p>Duſſek lächelte.</p><lb/><p>„Thörichte Frage,“ korrigierte ſich der Prinz<lb/>
und fuhr in geſteigerter guter Laune fort: „Aber nun,<lb/>
Duſſek, erzählen Sie. Theaterleute haben, die Tugend<lb/>ſelber ausgenommen, allerlei Tugenden, und unter dieſen<lb/>
auch <hirendition="#g">die</hi> der Mitteilſamkeit. Sie bleiben einem auf<lb/>
die Frage ‚was Neues‛ſelten eine Antwort ſchuldig.“</p><lb/><p>„Und auch heute nicht, Königliche Hoheit,“ ant¬<lb/>
wortete Duſſek, der, nachdem er genippt hatte, eben ſein<lb/>
Bärtchen putzte.</p><lb/><p>„Nun, ſo laſſen Sie hören. Was ſchwimmt<lb/>
obenauf?“</p><lb/><p>„Die ganze Stadt iſt in Aufregung. Verſteht<lb/>ſich, wenn ich ſage, ‚die ganze Stadt‛, ſo mein ich<lb/>
das Theater.“</p><lb/><p>„Das Theater <hirendition="#g">iſt</hi> die Stadt. Sie ſind alſo ge¬<lb/>
rechtfertigt. Und nun weiter.“</p><lb/><p>„Königliche Hoheit befehlen. Nun denn, wir<lb/>ſind in unſrem Haupt und Führer empfindlich ge¬<lb/>
kränkt worden und haben denn auch aus eben dieſem<lb/>
Grunde nicht viel weniger als eine kleine Theater¬<lb/>
emeute gehabt.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[82/0094]
tutti quanti, lieber Duſſek. Keine Einwendungen.
Aber was trinken Sie? Sie haben die Wahl. Aſti,
Montefiascone, Tokayer.“
„Irgend einen Ungar.“
„Herben?“
Duſſek lächelte.
„Thörichte Frage,“ korrigierte ſich der Prinz
und fuhr in geſteigerter guter Laune fort: „Aber nun,
Duſſek, erzählen Sie. Theaterleute haben, die Tugend
ſelber ausgenommen, allerlei Tugenden, und unter dieſen
auch die der Mitteilſamkeit. Sie bleiben einem auf
die Frage ‚was Neues‛ ſelten eine Antwort ſchuldig.“
„Und auch heute nicht, Königliche Hoheit,“ ant¬
wortete Duſſek, der, nachdem er genippt hatte, eben ſein
Bärtchen putzte.
„Nun, ſo laſſen Sie hören. Was ſchwimmt
obenauf?“
„Die ganze Stadt iſt in Aufregung. Verſteht
ſich, wenn ich ſage, ‚die ganze Stadt‛, ſo mein ich
das Theater.“
„Das Theater iſt die Stadt. Sie ſind alſo ge¬
rechtfertigt. Und nun weiter.“
„Königliche Hoheit befehlen. Nun denn, wir
ſind in unſrem Haupt und Führer empfindlich ge¬
kränkt worden und haben denn auch aus eben dieſem
Grunde nicht viel weniger als eine kleine Theater¬
emeute gehabt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/94>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.