Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883."Ich höre so gern von diesem Orden." "Auch ich. Er ist von der strafenden Hand Victoire lächelte. "Wer sie so hörte, lieber "Ja." "Vielleicht verlockt durch das Kleid, das noch "Nicht durch das Kleid, Victoire. Sie verkennen „Ich höre ſo gern von dieſem Orden.“ „Auch ich. Er iſt von der ſtrafenden Hand Victoire lächelte. „Wer ſie ſo hörte, lieber „Ja.“ „Vielleicht verlockt durch das Kleid, das noch „Nicht durch das Kleid, Victoire. Sie verkennen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0070" n="58"/> <p>„Ich höre ſo gern von dieſem Orden.“</p><lb/> <p>„Auch ich. Er iſt von der ſtrafenden Hand<lb/> Gottes am ſchwerſten heimgeſucht worden und eben<lb/> deshalb auch der poetiſchſte und intereſſanteſte. Sie<lb/> wiſſen, was ihm vorgeworfen wird: Götzendienſt,<lb/> Verleugnung Chriſti, Laſter aller Art. Und ich fürchte<lb/> mit Recht. Aber groß wie ſeine Schuld, ſo groß war<lb/> auch ſeine Sühne, ganz deſſen zu geſchweigen, daß<lb/> auch hier wieder der unſchuldig Überlebende die<lb/> Schuld voraufgegangener Geſchlechter zu büßen hatte.<lb/> Das Los und Schickſal aller Erſcheinungen, die ſich,<lb/> auch da noch wo ſie fehlen und irren, dem Alltäglichen<lb/> entziehn. Und ſo ſehen wir denn den ſchuldbeladenen<lb/> Orden, all ſeiner Unrühmlichkeiten unerachtet, ſchließlich<lb/> in einem wiedergewonnenen Glorienſchein zu Grunde<lb/> gehen. Es war der Neid, der ihn tötete, der Neid<lb/> und der Eigennutz, und ſchuldig oder nicht, mich über¬<lb/> wältigt ſeine Größe.“</p><lb/> <p>Victoire lächelte. „Wer ſie ſo hörte, lieber<lb/> Schach, könnte meinen, einen nachgebornen Templer<lb/> in Ihnen zu ſehen. Und doch war es ein mönchiſcher<lb/> Orden, und mönchiſch war auch ſein Gelübde. Hätten<lb/> Sies vermocht als Templer zu leben und zu ſterben?“</p><lb/> <p>„Ja.“</p><lb/> <p>„Vielleicht verlockt durch das Kleid, das noch<lb/> kleidſamer war, als die Supra-Weſte der Gensdarmes.“</p><lb/> <p>„Nicht durch das Kleid, Victoire. Sie verkennen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [58/0070]
„Ich höre ſo gern von dieſem Orden.“
„Auch ich. Er iſt von der ſtrafenden Hand
Gottes am ſchwerſten heimgeſucht worden und eben
deshalb auch der poetiſchſte und intereſſanteſte. Sie
wiſſen, was ihm vorgeworfen wird: Götzendienſt,
Verleugnung Chriſti, Laſter aller Art. Und ich fürchte
mit Recht. Aber groß wie ſeine Schuld, ſo groß war
auch ſeine Sühne, ganz deſſen zu geſchweigen, daß
auch hier wieder der unſchuldig Überlebende die
Schuld voraufgegangener Geſchlechter zu büßen hatte.
Das Los und Schickſal aller Erſcheinungen, die ſich,
auch da noch wo ſie fehlen und irren, dem Alltäglichen
entziehn. Und ſo ſehen wir denn den ſchuldbeladenen
Orden, all ſeiner Unrühmlichkeiten unerachtet, ſchließlich
in einem wiedergewonnenen Glorienſchein zu Grunde
gehen. Es war der Neid, der ihn tötete, der Neid
und der Eigennutz, und ſchuldig oder nicht, mich über¬
wältigt ſeine Größe.“
Victoire lächelte. „Wer ſie ſo hörte, lieber
Schach, könnte meinen, einen nachgebornen Templer
in Ihnen zu ſehen. Und doch war es ein mönchiſcher
Orden, und mönchiſch war auch ſein Gelübde. Hätten
Sies vermocht als Templer zu leben und zu ſterben?“
„Ja.“
„Vielleicht verlockt durch das Kleid, das noch
kleidſamer war, als die Supra-Weſte der Gensdarmes.“
„Nicht durch das Kleid, Victoire. Sie verkennen
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