Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.Beide Damen erschraken. Es geschah aber was Mutter und Tochter verneinten. Tante Marguerite Einen Augenblick war es, als ob der in seinem Beide Damen erſchraken. Es geſchah aber was Mutter und Tochter verneinten. Tante Marguerite Einen Augenblick war es, als ob der in ſeinem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0057" n="45"/> <p>Beide Damen erſchraken. Es geſchah aber was<lb/> gewöhnlich geſchieht, das nämlich, daß alles das was<lb/> die Näherſtehenden in Verlegenheit bringt, von den<lb/> Fernerſtehenden entweder überhört oder aber mit<lb/> Gleichgiltigkeit aufgenommen wird. Und nun gar<lb/> Schach! Er hatte viel zu lang in der Welt alter<lb/> Prinzeſſinnen und Hofdamen gelebt, um noch durch<lb/> irgend ein Dummheits- oder Nicht-Bildungszeichen in<lb/> ein beſondres Erſtaunen geſetzt werden zu können.<lb/> Er lächelte nur, und benutzte das Wort „Dorotheen¬<lb/> ſtädtſche Kirche“, das gefallen war, um Frau v. Ca¬<lb/> rayon zu fragen „ob ſie ſchon von dem Denkmal<lb/> Kenntnis genommen habe, das in ebengenannter Kirche,<lb/> ſeitens des hochſeligen Königs ſeinem Sohne dem<lb/> Grafen von der Mark errichtet worden ſei?“</p><lb/> <p>Mutter und Tochter verneinten. Tante Marguerite<lb/> jedoch, die nicht gerne zugeſtand, etwas <hi rendition="#g">nicht</hi> zu wiſſen<lb/> oder wohl gar nicht geſehen zu haben, bemerkte ganz<lb/> ins allgemeine hin: „Ach, der liebe, kleine Prinz.<lb/> Daß er ſo früh ſterben mußte. Wie jämmerlich. Und<lb/> ähnelte doch ſeiner hochſeligen Frau Mutter um beiden<lb/> Augen.“</p><lb/> <p>Einen Augenblick war es, als ob der in ſeinem<lb/> Legitimitätsgefühle ſtark verletzte Schach antworten<lb/> und den „von ſeiner hochſeligen Mutter“ gebornen<lb/> „lieben kleinen Prinzen“ aufs ſchmählichſte dethroni¬<lb/> ſieren wollte, raſch aber überſah er die Lächerlichkeit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [45/0057]
Beide Damen erſchraken. Es geſchah aber was
gewöhnlich geſchieht, das nämlich, daß alles das was
die Näherſtehenden in Verlegenheit bringt, von den
Fernerſtehenden entweder überhört oder aber mit
Gleichgiltigkeit aufgenommen wird. Und nun gar
Schach! Er hatte viel zu lang in der Welt alter
Prinzeſſinnen und Hofdamen gelebt, um noch durch
irgend ein Dummheits- oder Nicht-Bildungszeichen in
ein beſondres Erſtaunen geſetzt werden zu können.
Er lächelte nur, und benutzte das Wort „Dorotheen¬
ſtädtſche Kirche“, das gefallen war, um Frau v. Ca¬
rayon zu fragen „ob ſie ſchon von dem Denkmal
Kenntnis genommen habe, das in ebengenannter Kirche,
ſeitens des hochſeligen Königs ſeinem Sohne dem
Grafen von der Mark errichtet worden ſei?“
Mutter und Tochter verneinten. Tante Marguerite
jedoch, die nicht gerne zugeſtand, etwas nicht zu wiſſen
oder wohl gar nicht geſehen zu haben, bemerkte ganz
ins allgemeine hin: „Ach, der liebe, kleine Prinz.
Daß er ſo früh ſterben mußte. Wie jämmerlich. Und
ähnelte doch ſeiner hochſeligen Frau Mutter um beiden
Augen.“
Einen Augenblick war es, als ob der in ſeinem
Legitimitätsgefühle ſtark verletzte Schach antworten
und den „von ſeiner hochſeligen Mutter“ gebornen
„lieben kleinen Prinzen“ aufs ſchmählichſte dethroni¬
ſieren wollte, raſch aber überſah er die Lächerlichkeit
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