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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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Wenigstens von einer Ehe, wie er sie zu schließen
wünscht. Und so bin ich denn wie von meinem Leben
überzeugt, er wird niemals eine Witwe heiraten, auch
die schönste nicht. Könnt' aber hierüber noch irgend
ein Zweifel sein, so würd' ihn ein Umstand beseitigen,
und dieser eine Umstand heißt: "Victoire."

"Wie das?"

"Wie schon so mancher Heiratsplan an einer un¬
repräsentablen Mutter gescheitert ist, so würd er hier
an einer unrepräsentablen Tochter scheitern. Er fühlt
sich durch ihre mangelnde Schönheit geradezu geniert,
und erschrickt vor dem Gedanken, seine Normalität,
wenn ich mich so ausdrücken darf, mit ihrer Unnorma¬
lität in irgend welche Verbindung gebracht zu sehen.
Er ist krankhaft abhängig, abhängig bis zur Schwäche,
von dem Urteile der Menschen, speziell seiner Standes¬
genossen, und würde sich jederzeit außer Stande
fühlen, irgend einer Prinzessin oder auch nur einer
hochgestellten Dame, Victoiren als seine Tochter vor¬
zustellen."

"Möglich. Aber dergleichen läßt sich vermeiden."

"Doch schwer. Sie zurückzusetzen, oder ganz ein¬
fach als Aschenbrödel zu behandeln, das widerstreitet
seinem feinen Sinn, dazu hat er das Herz zu sehr
auf dem rechten Fleck. Auch würde Frau v. Carayon
das einfach nicht dulden. Denn so gewiß sie Schach
liebt, so gewiß liebt sie Victoire, ja, sie liebt diese

Wenigſtens von einer Ehe, wie er ſie zu ſchließen
wünſcht. Und ſo bin ich denn wie von meinem Leben
überzeugt, er wird niemals eine Witwe heiraten, auch
die ſchönſte nicht. Könnt' aber hierüber noch irgend
ein Zweifel ſein, ſo würd' ihn ein Umſtand beſeitigen,
und dieſer eine Umſtand heißt: „Victoire.“

„Wie das?“

„Wie ſchon ſo mancher Heiratsplan an einer un¬
repräſentablen Mutter geſcheitert iſt, ſo würd er hier
an einer unrepräſentablen Tochter ſcheitern. Er fühlt
ſich durch ihre mangelnde Schönheit geradezu geniert,
und erſchrickt vor dem Gedanken, ſeine Normalität,
wenn ich mich ſo ausdrücken darf, mit ihrer Unnorma¬
lität in irgend welche Verbindung gebracht zu ſehen.
Er iſt krankhaft abhängig, abhängig bis zur Schwäche,
von dem Urteile der Menſchen, ſpeziell ſeiner Standes¬
genoſſen, und würde ſich jederzeit außer Stande
fühlen, irgend einer Prinzeſſin oder auch nur einer
hochgeſtellten Dame, Victoiren als ſeine Tochter vor¬
zuſtellen.“

„Möglich. Aber dergleichen läßt ſich vermeiden.“

„Doch ſchwer. Sie zurückzuſetzen, oder ganz ein¬
fach als Aſchenbrödel zu behandeln, das widerſtreitet
ſeinem feinen Sinn, dazu hat er das Herz zu ſehr
auf dem rechten Fleck. Auch würde Frau v. Carayon
das einfach nicht dulden. Denn ſo gewiß ſie Schach
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[30/0042] Wenigſtens von einer Ehe, wie er ſie zu ſchließen wünſcht. Und ſo bin ich denn wie von meinem Leben überzeugt, er wird niemals eine Witwe heiraten, auch die ſchönſte nicht. Könnt' aber hierüber noch irgend ein Zweifel ſein, ſo würd' ihn ein Umſtand beſeitigen, und dieſer eine Umſtand heißt: „Victoire.“ „Wie das?“ „Wie ſchon ſo mancher Heiratsplan an einer un¬ repräſentablen Mutter geſcheitert iſt, ſo würd er hier an einer unrepräſentablen Tochter ſcheitern. Er fühlt ſich durch ihre mangelnde Schönheit geradezu geniert, und erſchrickt vor dem Gedanken, ſeine Normalität, wenn ich mich ſo ausdrücken darf, mit ihrer Unnorma¬ lität in irgend welche Verbindung gebracht zu ſehen. Er iſt krankhaft abhängig, abhängig bis zur Schwäche, von dem Urteile der Menſchen, ſpeziell ſeiner Standes¬ genoſſen, und würde ſich jederzeit außer Stande fühlen, irgend einer Prinzeſſin oder auch nur einer hochgeſtellten Dame, Victoiren als ſeine Tochter vor¬ zuſtellen.“ „Möglich. Aber dergleichen läßt ſich vermeiden.“ „Doch ſchwer. Sie zurückzuſetzen, oder ganz ein¬ fach als Aſchenbrödel zu behandeln, das widerſtreitet ſeinem feinen Sinn, dazu hat er das Herz zu ſehr auf dem rechten Fleck. Auch würde Frau v. Carayon das einfach nicht dulden. Denn ſo gewiß ſie Schach liebt, ſo gewiß liebt ſie Victoire, ja, ſie liebt dieſe

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/42>, abgerufen am 21.11.2024.