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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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hört in die Schnupftabaksdose, nicht in die Mai¬
bowle. Verstanden?"

"Zu dienen, Herr Sander."

"Gut denn. Also Maikräuter. Und nicht lange
ziehen lassen. Waldmeister ist nicht Kamillenthee.
Der Mosel, sagen wir ein Zeltlinger oder ein Braune¬
berger, wird langsam über die Büschel gegossen; das
genügt. Apfelsinenschnitten als bloßes Ornament.
Eine Scheibe zuviel macht Kopfweh. Und nicht zu
süß, und eine Cliquot extra. Extra, sag ich. Besser
ist besser."

Damit war die Bestellung beendet und ehe 10
Minuten um waren, erschien die Bowle, darauf nicht
mehr als drei oder vier Waldmeisterblättchen schwam¬
men, nur gerade genug, den Beweis der Ächtheit zu
führen.

"Sehen Sie, Fritz, das gefällt mir. Auf mancher
Maibowle schwimmt es wie Entengrütze. Und das
ist schrecklich. Ich denke, wir werden Freunde bleiben.
Und nun grüne Gläser."

Alvensleben lachte. "Grüne?"

"Ja. Was sich dagegen sagen läßt, lieber Al¬
vensleben, weiß ich und laß es gelten. Es ist in der
That eine Frage, die mich seit länger beschäftigt, und
die, neben anderen, in die Reihe jener Zwiespalte ge¬
hört, die sich, wir mögen es anfangen wie wir wollen,
durch unser Leben hinziehen. Die Farbe des Weins

hört in die Schnupftabaksdoſe, nicht in die Mai¬
bowle. Verſtanden?“

„Zu dienen, Herr Sander.“

„Gut denn. Alſo Maikräuter. Und nicht lange
ziehen laſſen. Waldmeiſter iſt nicht Kamillenthee.
Der Moſel, ſagen wir ein Zeltlinger oder ein Braune¬
berger, wird langſam über die Büſchel gegoſſen; das
genügt. Apfelſinenſchnitten als bloßes Ornament.
Eine Scheibe zuviel macht Kopfweh. Und nicht zu
ſüß, und eine Cliquot extra. Extra, ſag ich. Beſſer
iſt beſſer.“

Damit war die Beſtellung beendet und ehe 10
Minuten um waren, erſchien die Bowle, darauf nicht
mehr als drei oder vier Waldmeiſterblättchen ſchwam¬
men, nur gerade genug, den Beweis der Ächtheit zu
führen.

„Sehen Sie, Fritz, das gefällt mir. Auf mancher
Maibowle ſchwimmt es wie Entengrütze. Und das
iſt ſchrecklich. Ich denke, wir werden Freunde bleiben.
Und nun grüne Gläſer.“

Alvensleben lachte. „Grüne?“

„Ja. Was ſich dagegen ſagen läßt, lieber Al¬
vensleben, weiß ich und laß es gelten. Es iſt in der
That eine Frage, die mich ſeit länger beſchäftigt, und
die, neben anderen, in die Reihe jener Zwieſpalte ge¬
hört, die ſich, wir mögen es anfangen wie wir wollen,
durch unſer Leben hinziehen. Die Farbe des Weins

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[26/0038] hört in die Schnupftabaksdoſe, nicht in die Mai¬ bowle. Verſtanden?“ „Zu dienen, Herr Sander.“ „Gut denn. Alſo Maikräuter. Und nicht lange ziehen laſſen. Waldmeiſter iſt nicht Kamillenthee. Der Moſel, ſagen wir ein Zeltlinger oder ein Braune¬ berger, wird langſam über die Büſchel gegoſſen; das genügt. Apfelſinenſchnitten als bloßes Ornament. Eine Scheibe zuviel macht Kopfweh. Und nicht zu ſüß, und eine Cliquot extra. Extra, ſag ich. Beſſer iſt beſſer.“ Damit war die Beſtellung beendet und ehe 10 Minuten um waren, erſchien die Bowle, darauf nicht mehr als drei oder vier Waldmeiſterblättchen ſchwam¬ men, nur gerade genug, den Beweis der Ächtheit zu führen. „Sehen Sie, Fritz, das gefällt mir. Auf mancher Maibowle ſchwimmt es wie Entengrütze. Und das iſt ſchrecklich. Ich denke, wir werden Freunde bleiben. Und nun grüne Gläſer.“ Alvensleben lachte. „Grüne?“ „Ja. Was ſich dagegen ſagen läßt, lieber Al¬ vensleben, weiß ich und laß es gelten. Es iſt in der That eine Frage, die mich ſeit länger beſchäftigt, und die, neben anderen, in die Reihe jener Zwieſpalte ge¬ hört, die ſich, wir mögen es anfangen wie wir wollen, durch unſer Leben hinziehen. Die Farbe des Weins

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/38>, abgerufen am 21.11.2024.