Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.Wie lag es denn? Ein Offizier verkehrt in einem Wie lag es denn? Ein Offizier verkehrt in einem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0233" n="221"/> <p>Wie lag es denn? Ein Offizier verkehrt in einem<lb/> adligen Hauſe; die Mutter gefällt ihm, und an einem<lb/> ſchönen Maitage gefällt ihm auch die Tochter, vielleicht,<lb/> oder ſagen wir lieber ſehr wahrſcheinlich, weil ihm<lb/> Prinz Louis eine halbe Woche vorher einen Vortrag<lb/> über „<hi rendition="#aq">beauté du diable</hi>“ gehalten hat. Aber gleich¬<lb/> viel, ſie gefällt ihm, und die Natur zieht ihre Kon¬<lb/> ſequenzen. Was, unter ſo gegebenen Verhältniſſen,<lb/> wäre nun wohl einfacher und natürlicher geweſen, als<lb/> Ausgleich durch einen Eheſchluß, durch eine Verbindung,<lb/> die weder gegen den äußeren Vorteil, noch gegen irgend<lb/> ein Vorurteil verſtoßen hätte. Was aber geſchieht?<lb/> Er flieht nach Wuthenow, einfach weil das holde<lb/> Geſchöpf, um das ſichs handelt, ein paar Grübchen<lb/> mehr in der Wange hat, als gerade modiſch oder<lb/> herkömmlich iſt, und weil dieſe „paar Grübchen zu¬<lb/> viel“ unſren glatten und wie mit Schachtelhalm polierten<lb/> Schach auf vier Wochen in eine von ſeinen Feinden<lb/> bewitzelte Stellung hätten bringen können. Er flieht<lb/> alſo, ſag ich, löſt ſich feige von Pflicht und Wort,<lb/> und als ihn ſchließlich, um ihn ſelber ſprechen zu<lb/> laſſen, „ſein „Allergnädigſter König und Herr“ an<lb/> Pflicht und Wort erinnert und ſtrikten Gehorſam<lb/> fordert, da gehorcht er, aber nur, um im Momente<lb/> des Gehorchens den Gehorſam in einer allerbrüskeſten<lb/> Weiſe zu brechen. Er kann nun mal Zietens ſpöttiſchen<lb/> Blick nicht ertragen, noch viel weniger einen neuen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [221/0233]
Wie lag es denn? Ein Offizier verkehrt in einem
adligen Hauſe; die Mutter gefällt ihm, und an einem
ſchönen Maitage gefällt ihm auch die Tochter, vielleicht,
oder ſagen wir lieber ſehr wahrſcheinlich, weil ihm
Prinz Louis eine halbe Woche vorher einen Vortrag
über „beauté du diable“ gehalten hat. Aber gleich¬
viel, ſie gefällt ihm, und die Natur zieht ihre Kon¬
ſequenzen. Was, unter ſo gegebenen Verhältniſſen,
wäre nun wohl einfacher und natürlicher geweſen, als
Ausgleich durch einen Eheſchluß, durch eine Verbindung,
die weder gegen den äußeren Vorteil, noch gegen irgend
ein Vorurteil verſtoßen hätte. Was aber geſchieht?
Er flieht nach Wuthenow, einfach weil das holde
Geſchöpf, um das ſichs handelt, ein paar Grübchen
mehr in der Wange hat, als gerade modiſch oder
herkömmlich iſt, und weil dieſe „paar Grübchen zu¬
viel“ unſren glatten und wie mit Schachtelhalm polierten
Schach auf vier Wochen in eine von ſeinen Feinden
bewitzelte Stellung hätten bringen können. Er flieht
alſo, ſag ich, löſt ſich feige von Pflicht und Wort,
und als ihn ſchließlich, um ihn ſelber ſprechen zu
laſſen, „ſein „Allergnädigſter König und Herr“ an
Pflicht und Wort erinnert und ſtrikten Gehorſam
fordert, da gehorcht er, aber nur, um im Momente
des Gehorchens den Gehorſam in einer allerbrüskeſten
Weiſe zu brechen. Er kann nun mal Zietens ſpöttiſchen
Blick nicht ertragen, noch viel weniger einen neuen
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