werfe; daraufhin bin ich erzogen, und ich habe nicht Lust einer Opfermarotte meiner einzig geliebten Tochter zur Liebe, meine gesellschaftliche Stellung mit zum Opfer zu bringen. Mit andern Worten, ich habe nicht Lust ins Kloster zu gehen oder die dem Irdischen entrückte Säulenheilige zu spielen, auch nicht um Victoirens willen. Und so muß ich denn auf Legiti¬ misierung des Geschehenen dringen. Dies, mein Herr Rittmeister, war es, was ich Ihnen zu sagen hatte."
Schach, der inzwischen Gelegenheit gefunden hatte sich wieder zu sammeln, erwiderte, "daß er wohl wisse, wie jegliches Ding im Leben seine natürliche Konsequenz habe. Und solcher Konsequenz gedenk er sich nicht zu entziehen. Wenn ihm das, was er jetzt wisse, bereits früher bekannt geworden sei, würd er um eben die Schritte, die Frau von Cayron jetzt fordere, seinerseits aus freien Stücken gebeten haben. Er habe den Wunsch gehabt, unverheiratet zu bleiben, und von einer solchen langgehegten Vorstellung Abschied zu nehmen, schaffe momentan eine gewisse Verwirrung. Aber er fühle mit nicht mindrer Gewißheit, daß er sich zu dem Tage zu beglückwünschen habe, der binnen kurzem diesen Wechsel in sein Leben bringen werde. Victoire sei der Mutter Tochter, das sei die beste Gewähr seiner Zukunft, die Verheißung eines wirklichen Glücks."
All dies wurde sehr artig und verbindlich ge¬
werfe; daraufhin bin ich erzogen, und ich habe nicht Luſt einer Opfermarotte meiner einzig geliebten Tochter zur Liebe, meine geſellſchaftliche Stellung mit zum Opfer zu bringen. Mit andern Worten, ich habe nicht Luſt ins Kloſter zu gehen oder die dem Irdiſchen entrückte Säulenheilige zu ſpielen, auch nicht um Victoirens willen. Und ſo muß ich denn auf Legiti¬ miſierung des Geſchehenen dringen. Dies, mein Herr Rittmeiſter, war es, was ich Ihnen zu ſagen hatte.“
Schach, der inzwiſchen Gelegenheit gefunden hatte ſich wieder zu ſammeln, erwiderte, „daß er wohl wiſſe, wie jegliches Ding im Leben ſeine natürliche Konſequenz habe. Und ſolcher Konſequenz gedenk er ſich nicht zu entziehen. Wenn ihm das, was er jetzt wiſſe, bereits früher bekannt geworden ſei, würd er um eben die Schritte, die Frau von Cayron jetzt fordere, ſeinerſeits aus freien Stücken gebeten haben. Er habe den Wunſch gehabt, unverheiratet zu bleiben, und von einer ſolchen langgehegten Vorſtellung Abſchied zu nehmen, ſchaffe momentan eine gewiſſe Verwirrung. Aber er fühle mit nicht mindrer Gewißheit, daß er ſich zu dem Tage zu beglückwünſchen habe, der binnen kurzem dieſen Wechſel in ſein Leben bringen werde. Victoire ſei der Mutter Tochter, das ſei die beſte Gewähr ſeiner Zukunft, die Verheißung eines wirklichen Glücks.“
All dies wurde ſehr artig und verbindlich ge¬
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werfe; daraufhin bin ich erzogen, und ich habe nicht
Luſt einer Opfermarotte meiner einzig geliebten Tochter
zur Liebe, meine geſellſchaftliche Stellung mit zum
Opfer zu bringen. Mit andern Worten, ich habe
nicht Luſt ins Kloſter zu gehen oder die dem Irdiſchen
entrückte Säulenheilige zu ſpielen, auch nicht um
Victoirens willen. Und ſo muß ich denn auf Legiti¬
miſierung des Geſchehenen dringen. Dies, mein Herr
Rittmeiſter, war es, was ich Ihnen zu ſagen hatte.“
Schach, der inzwiſchen Gelegenheit gefunden hatte
ſich wieder zu ſammeln, erwiderte, „daß er wohl wiſſe,
wie jegliches Ding im Leben ſeine natürliche Konſequenz
habe. Und ſolcher Konſequenz gedenk er ſich nicht
zu entziehen. Wenn ihm das, was er jetzt wiſſe,
bereits früher bekannt geworden ſei, würd er um eben
die Schritte, die Frau von Cayron jetzt fordere,
ſeinerſeits aus freien Stücken gebeten haben. Er habe
den Wunſch gehabt, unverheiratet zu bleiben, und von
einer ſolchen langgehegten Vorſtellung Abſchied zu
nehmen, ſchaffe momentan eine gewiſſe Verwirrung.
Aber er fühle mit nicht mindrer Gewißheit, daß er
ſich zu dem Tage zu beglückwünſchen habe, der binnen
kurzem dieſen Wechſel in ſein Leben bringen werde.
Victoire ſei der Mutter Tochter, das ſei die beſte
Gewähr ſeiner Zukunft, die Verheißung eines wirklichen
Glücks.“
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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/148>, abgerufen am 16.02.2025.
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