Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.kühnerer Kour- und Schuldenmacher, war er seit Neugierig, woher er komme, stürmte man mit "Und eine Blondine, sagten Sie. Dann freilich "Ich möchte das nicht geradezu zum Axiom er¬ kühnerer Kour- und Schuldenmacher, war er ſeit Neugierig, woher er komme, ſtürmte man mit „Und eine Blondine, ſagten Sie. Dann freilich „Ich möchte das nicht geradezu zum Axiom er¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0040" n="28"/> kühnerer Kour- und Schuldenmacher, war er ſeit<lb/> lang ein Allerbeliebteſter im Regiment, <hi rendition="#g">ſo</hi> beliebt,<lb/> daß ihn ſich der „Prinz“, der kein andrer war als<lb/> Prinz Louis, bei Gelegenheit der vorjährigen Mobili¬<lb/> ſierung, zum Adjutanten erbeten hatte.</p><lb/> <p>Neugierig, woher er komme, ſtürmte man mit<lb/> Fragen auf ihn ein, aber erſt als er ſich in dem Leder¬<lb/> ſopha zurecht gerückt hatte, gab er Antwort auf all<lb/> das, was man ihn fragte. „Woher ich komme?<lb/> Warum ich bei den Carayons geſchwänzt habe? Nun,<lb/> weil ich in Franzöſiſch-Buchholz nachſehen wollte, ob<lb/> die Störche ſchon wieder da ſind, ob der Kuckuck<lb/> ſchon wieder ſchreit, und ob die Schulmeiſters Toch¬<lb/> ter noch ſo lange flachsblonde Flechten hat, wie vo¬<lb/> riges Jahr. Ein reizendes Kind. Ich laſſe mir immer<lb/> die Kirche von ihr zeigen, und wir ſteigen dann in<lb/> den Turm hinauf, weil ich eine Paſſion für alte<lb/> Glockeninſchriften habe. Sie glauben gar nicht, was<lb/> ſich in ſolchem Turme Alles entziffern läßt. Ich zähle<lb/> das zu meinen glücklichſten und lehrreichſten Stunden.“</p><lb/> <p>„Und eine Blondine, ſagten Sie. Dann freilich<lb/> erklärt ſich alles. Denn neben einer Prinzeſſin Flachs¬<lb/> haar kann unſer Fräulein Victoire nicht beſtehn. Und<lb/> nicht einmal die ſchöne Mama, die ſchön iſt, aber doch<lb/> am Ende brünett. Und blond geht immer vor ſchwarz.“</p><lb/> <p>„Ich möchte das nicht geradezu zum Axiom er¬<lb/> heben,“ fuhr Noſtitz fort. „Es hängt doch alles noch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0040]
kühnerer Kour- und Schuldenmacher, war er ſeit
lang ein Allerbeliebteſter im Regiment, ſo beliebt,
daß ihn ſich der „Prinz“, der kein andrer war als
Prinz Louis, bei Gelegenheit der vorjährigen Mobili¬
ſierung, zum Adjutanten erbeten hatte.
Neugierig, woher er komme, ſtürmte man mit
Fragen auf ihn ein, aber erſt als er ſich in dem Leder¬
ſopha zurecht gerückt hatte, gab er Antwort auf all
das, was man ihn fragte. „Woher ich komme?
Warum ich bei den Carayons geſchwänzt habe? Nun,
weil ich in Franzöſiſch-Buchholz nachſehen wollte, ob
die Störche ſchon wieder da ſind, ob der Kuckuck
ſchon wieder ſchreit, und ob die Schulmeiſters Toch¬
ter noch ſo lange flachsblonde Flechten hat, wie vo¬
riges Jahr. Ein reizendes Kind. Ich laſſe mir immer
die Kirche von ihr zeigen, und wir ſteigen dann in
den Turm hinauf, weil ich eine Paſſion für alte
Glockeninſchriften habe. Sie glauben gar nicht, was
ſich in ſolchem Turme Alles entziffern läßt. Ich zähle
das zu meinen glücklichſten und lehrreichſten Stunden.“
„Und eine Blondine, ſagten Sie. Dann freilich
erklärt ſich alles. Denn neben einer Prinzeſſin Flachs¬
haar kann unſer Fräulein Victoire nicht beſtehn. Und
nicht einmal die ſchöne Mama, die ſchön iſt, aber doch
am Ende brünett. Und blond geht immer vor ſchwarz.“
„Ich möchte das nicht geradezu zum Axiom er¬
heben,“ fuhr Noſtitz fort. „Es hängt doch alles noch
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