Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.neben der Adlerfeder, wer der Ankömmling sei. Nie habe ich eine schönere Erscheinung gesehen; selbst die wachthabenden Royal Blue's, denen man in den Corridoren von St. James und Buckingham-Palace begegnet und die mir in ihren Helmen und Stulpenstiefeln, den Pallasch nachlässig in den linken Arm gelehnt, so oft wie herabgestiegene Kriegsgötter erschienen waren, verschwanden in der Erinnerung neben dem Häuptling der Macleods. Nach einer halben Stunde waren wir glücklich an Bord des Glasgow-Steamers. Die Fahrt geht von Lochgilphead aus wieder südlich, abwechselnd an flachen und felsigen Ufern vorbei, aber die gedeckte Tafel und die Mahnungen des Stewarts rufen uns zunächst von Deck in den Salon und entziehen uns der Naturbetrachtung. Auch nachdem wir unsere alten Plätze auf der Gallerie des Steamers wieder eingenommen haben, kommen wir nicht mehr zu einem Festhalten all der Bilder, die an uns vorüberziehen. Die Schuld liegt nicht an dem Gebotenen, sondern an der Unmöglichkeit, die Fülle des Gebotenen aufzunehmen. Die Bilder sind prächtig, reich, grandios und in ihrer Belebtheit fesselnder und reizvoller als die Mehrheit dessen, was wir bisher gesehen; aber es geht im Fluge daran vorüber und wir ertrinken fast im Stoff. Wir gleichen einem, der das große Loos gewonnen hat und dem es in purem Golde ausgezahlt werden soll; anfangs glitzert es ihm entgegen und er lacht und strahlt bei jedem neuen Stück, bald aber bittet er, es ihm düten- und beutelweis zu liefern. Gold neben der Adlerfeder, wer der Ankömmling sei. Nie habe ich eine schönere Erscheinung gesehen; selbst die wachthabenden Royal Blue’s, denen man in den Corridoren von St. James und Buckingham-Palace begegnet und die mir in ihren Helmen und Stulpenstiefeln, den Pallasch nachlässig in den linken Arm gelehnt, so oft wie herabgestiegene Kriegsgötter erschienen waren, verschwanden in der Erinnerung neben dem Häuptling der Macleods. Nach einer halben Stunde waren wir glücklich an Bord des Glasgow-Steamers. Die Fahrt geht von Lochgilphead aus wieder südlich, abwechselnd an flachen und felsigen Ufern vorbei, aber die gedeckte Tafel und die Mahnungen des Stewarts rufen uns zunächst von Deck in den Salon und entziehen uns der Naturbetrachtung. Auch nachdem wir unsere alten Plätze auf der Gallerie des Steamers wieder eingenommen haben, kommen wir nicht mehr zu einem Festhalten all der Bilder, die an uns vorüberziehen. Die Schuld liegt nicht an dem Gebotenen, sondern an der Unmöglichkeit, die Fülle des Gebotenen aufzunehmen. Die Bilder sind prächtig, reich, grandios und in ihrer Belebtheit fesselnder und reizvoller als die Mehrheit dessen, was wir bisher gesehen; aber es geht im Fluge daran vorüber und wir ertrinken fast im Stoff. Wir gleichen einem, der das große Loos gewonnen hat und dem es in purem Golde ausgezahlt werden soll; anfangs glitzert es ihm entgegen und er lacht und strahlt bei jedem neuen Stück, bald aber bittet er, es ihm düten- und beutelweis zu liefern. Gold <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0321" n="307"/> neben der Adlerfeder, wer der Ankömmling sei. Nie habe ich eine schönere Erscheinung gesehen; selbst die wachthabenden Royal Blue’s, denen man in den Corridoren von St. James und Buckingham-Palace begegnet und die mir in ihren Helmen und Stulpenstiefeln, den Pallasch nachlässig in den linken Arm gelehnt, so oft wie herabgestiegene Kriegsgötter erschienen waren, verschwanden in der Erinnerung neben dem Häuptling der Macleods.</p><lb/> <p>Nach einer halben Stunde waren wir glücklich an Bord des Glasgow-Steamers. Die Fahrt geht von Lochgilphead aus wieder südlich, abwechselnd an flachen und felsigen Ufern vorbei, aber die gedeckte Tafel und die Mahnungen des Stewarts rufen uns zunächst von Deck in den Salon und entziehen uns der Naturbetrachtung. Auch nachdem wir unsere alten Plätze auf der Gallerie des Steamers wieder eingenommen haben, kommen wir nicht mehr zu einem Festhalten all der Bilder, die an uns vorüberziehen. Die Schuld liegt nicht an dem Gebotenen, sondern an der Unmöglichkeit, die Fülle des Gebotenen aufzunehmen. Die Bilder sind prächtig, reich, grandios und in ihrer Belebtheit fesselnder und reizvoller als die Mehrheit dessen, was wir bisher gesehen; aber es geht im Fluge daran vorüber und wir ertrinken fast im Stoff. Wir gleichen einem, der das große Loos gewonnen hat und dem es in purem Golde ausgezahlt werden soll; anfangs glitzert es ihm entgegen und er lacht und strahlt bei jedem neuen Stück, bald aber bittet er, es ihm düten- und beutelweis zu liefern. Gold<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [307/0321]
neben der Adlerfeder, wer der Ankömmling sei. Nie habe ich eine schönere Erscheinung gesehen; selbst die wachthabenden Royal Blue’s, denen man in den Corridoren von St. James und Buckingham-Palace begegnet und die mir in ihren Helmen und Stulpenstiefeln, den Pallasch nachlässig in den linken Arm gelehnt, so oft wie herabgestiegene Kriegsgötter erschienen waren, verschwanden in der Erinnerung neben dem Häuptling der Macleods.
Nach einer halben Stunde waren wir glücklich an Bord des Glasgow-Steamers. Die Fahrt geht von Lochgilphead aus wieder südlich, abwechselnd an flachen und felsigen Ufern vorbei, aber die gedeckte Tafel und die Mahnungen des Stewarts rufen uns zunächst von Deck in den Salon und entziehen uns der Naturbetrachtung. Auch nachdem wir unsere alten Plätze auf der Gallerie des Steamers wieder eingenommen haben, kommen wir nicht mehr zu einem Festhalten all der Bilder, die an uns vorüberziehen. Die Schuld liegt nicht an dem Gebotenen, sondern an der Unmöglichkeit, die Fülle des Gebotenen aufzunehmen. Die Bilder sind prächtig, reich, grandios und in ihrer Belebtheit fesselnder und reizvoller als die Mehrheit dessen, was wir bisher gesehen; aber es geht im Fluge daran vorüber und wir ertrinken fast im Stoff. Wir gleichen einem, der das große Loos gewonnen hat und dem es in purem Golde ausgezahlt werden soll; anfangs glitzert es ihm entgegen und er lacht und strahlt bei jedem neuen Stück, bald aber bittet er, es ihm düten- und beutelweis zu liefern. Gold
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/321>, abgerufen am 22.07.2024. |