Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.begeben sich hunderte, vielleicht tausende von Engländern in's schottische Hochland, um daselbst vierzehn Tage oder vier Wochen lang eine Art Angelcampagne durchzumachen. Bei vielen ist es die bloße Passion, bei andern kommt Erwerb und Gewinnsucht mit in's Spiel. Der Fisch, um dessen Fang es sich dabei handelt, ist beinahe ausschließlich die Forelle, die, so viel ich weiß, in verschiedenen Arten, als Bach-, als See- und Lachsforelle, sich in den Bergwässern Schottlands findet. Die Mehrzahl der Jäger begibt sich an den schönen Loch Lomond, der am südlichsten gelegen ist und nebenher allerhand Comfort bietet. Die eigentlichen Fishing-Gentlemen aber verschmähen den Loch Lomond, wie ein Gemsjäger eine Hasenjagd verschmäht, und begeben sich über den Kamm der Grampians und den caledonischen Kanal hinaus, bis hinauf zu dem stillen, tief schwarzen See von Roßshire und Inverneß, um dort im Norden des Landes ihre Angelschnüre auszuwerfen. Ein Stück Haferbrod, gedörrtes Fleisch und eine Flasche mit Whisky in ihrem Reisesack, so verbringen sie dort oben Tage und Nächte in dem flachen Fährboot, das abwechselnd am Ufer oder auf der Mitte des Sees liegt, und nur der Hochländer oder der Händler gesellt sich zu ihnen, der flußabwärts die Beute bis zum nächsten Hafen und von dort auf die Marktplätze der großen Städte führt. Die beiden Gentlemen, die an unserem Tische Platz genommen hatten, kamen aus Inverneßshire, wo sie am Loch Neß und Loch Oich tagelang die Angelruthe in der Hand gehabt begeben sich hunderte, vielleicht tausende von Engländern in’s schottische Hochland, um daselbst vierzehn Tage oder vier Wochen lang eine Art Angelcampagne durchzumachen. Bei vielen ist es die bloße Passion, bei andern kommt Erwerb und Gewinnsucht mit in’s Spiel. Der Fisch, um dessen Fang es sich dabei handelt, ist beinahe ausschließlich die Forelle, die, so viel ich weiß, in verschiedenen Arten, als Bach-, als See- und Lachsforelle, sich in den Bergwässern Schottlands findet. Die Mehrzahl der Jäger begibt sich an den schönen Loch Lomond, der am südlichsten gelegen ist und nebenher allerhand Comfort bietet. Die eigentlichen Fishing-Gentlemen aber verschmähen den Loch Lomond, wie ein Gemsjäger eine Hasenjagd verschmäht, und begeben sich über den Kamm der Grampians und den caledonischen Kanal hinaus, bis hinauf zu dem stillen, tief schwarzen See von Roßshire und Inverneß, um dort im Norden des Landes ihre Angelschnüre auszuwerfen. Ein Stück Haferbrod, gedörrtes Fleisch und eine Flasche mit Whisky in ihrem Reisesack, so verbringen sie dort oben Tage und Nächte in dem flachen Fährboot, das abwechselnd am Ufer oder auf der Mitte des Sees liegt, und nur der Hochländer oder der Händler gesellt sich zu ihnen, der flußabwärts die Beute bis zum nächsten Hafen und von dort auf die Marktplätze der großen Städte führt. Die beiden Gentlemen, die an unserem Tische Platz genommen hatten, kamen aus Inverneßshire, wo sie am Loch Neß und Loch Oich tagelang die Angelruthe in der Hand gehabt <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0220" n="206"/> begeben sich hunderte, vielleicht tausende von Engländern in’s schottische Hochland, um daselbst vierzehn Tage oder vier Wochen lang eine Art Angelcampagne durchzumachen. Bei vielen ist es die bloße Passion, bei andern kommt Erwerb und Gewinnsucht mit in’s Spiel. Der Fisch, um dessen Fang es sich dabei handelt, ist beinahe ausschließlich die Forelle, die, so viel ich weiß, in verschiedenen Arten, als Bach-, als See- und Lachsforelle, sich in den Bergwässern Schottlands findet. Die Mehrzahl der Jäger begibt sich an den schönen Loch Lomond, der am südlichsten gelegen ist und nebenher allerhand Comfort bietet. Die eigentlichen Fishing-Gentlemen aber verschmähen den Loch Lomond, wie ein Gemsjäger eine Hasenjagd verschmäht, und begeben sich über den Kamm der Grampians und den caledonischen Kanal hinaus, bis hinauf zu dem stillen, tief schwarzen See von Roßshire und Inverneß, um dort im Norden des Landes ihre Angelschnüre auszuwerfen. Ein Stück Haferbrod, gedörrtes Fleisch und eine Flasche mit Whisky in ihrem Reisesack, so verbringen sie dort oben Tage und Nächte in dem flachen Fährboot, das abwechselnd am Ufer oder auf der Mitte des Sees liegt, und nur der Hochländer oder der Händler gesellt sich zu ihnen, der flußabwärts die Beute bis zum nächsten Hafen und von dort auf die Marktplätze der großen Städte führt. Die beiden Gentlemen, die an unserem Tische Platz genommen hatten, kamen aus Inverneßshire, wo sie am Loch Neß und Loch Oich tagelang die Angelruthe in der Hand gehabt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [206/0220]
begeben sich hunderte, vielleicht tausende von Engländern in’s schottische Hochland, um daselbst vierzehn Tage oder vier Wochen lang eine Art Angelcampagne durchzumachen. Bei vielen ist es die bloße Passion, bei andern kommt Erwerb und Gewinnsucht mit in’s Spiel. Der Fisch, um dessen Fang es sich dabei handelt, ist beinahe ausschließlich die Forelle, die, so viel ich weiß, in verschiedenen Arten, als Bach-, als See- und Lachsforelle, sich in den Bergwässern Schottlands findet. Die Mehrzahl der Jäger begibt sich an den schönen Loch Lomond, der am südlichsten gelegen ist und nebenher allerhand Comfort bietet. Die eigentlichen Fishing-Gentlemen aber verschmähen den Loch Lomond, wie ein Gemsjäger eine Hasenjagd verschmäht, und begeben sich über den Kamm der Grampians und den caledonischen Kanal hinaus, bis hinauf zu dem stillen, tief schwarzen See von Roßshire und Inverneß, um dort im Norden des Landes ihre Angelschnüre auszuwerfen. Ein Stück Haferbrod, gedörrtes Fleisch und eine Flasche mit Whisky in ihrem Reisesack, so verbringen sie dort oben Tage und Nächte in dem flachen Fährboot, das abwechselnd am Ufer oder auf der Mitte des Sees liegt, und nur der Hochländer oder der Händler gesellt sich zu ihnen, der flußabwärts die Beute bis zum nächsten Hafen und von dort auf die Marktplätze der großen Städte führt. Die beiden Gentlemen, die an unserem Tische Platz genommen hatten, kamen aus Inverneßshire, wo sie am Loch Neß und Loch Oich tagelang die Angelruthe in der Hand gehabt
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/220>, abgerufen am 22.07.2024. |