Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.am Himmel, das in diesem Lande so gern und so schön einen klaren Tag beschließt. Ohne Aufenthalt brausten wir durch ein halbes Dutzend Stationsplätze hindurch; erst in Peterborough (einer Kathedralen-Stadt, 15 deutsche Meilen von London) machten wir Halt, um einen anderen Zug abzuwarten. Inzwischen war es Nacht geworden und jeder schickte sich an, der Ruhe zu pflegen, so gut es die Wände und Bänke irgend erlaubten. Die Schüler lagen schnarchend auf harter Diele, die Kinder schliefen, die Flaggen waren eingezogen; nur die alte Lady saß noch immer aufrecht, fest entschlossen, stärker zu sein als Schlaf und Ermattung. Die Geschwindigkeit, mit der wir fuhren, wuchs jetzt, 40 engl. Meilen die Stunde. Man überantwortete sich seinem Gott und schlief ein. Dann und wann hielt der Zug und unbekannte, wenigstens unverstandene Worte trafen das Ohr, endlich aber schüttelte das in Traum und Halbschlaf lang herbeiersehnte: "York, York, fifteen minutes" den Schlaf von aller Augen und halb schiebend, halb geschoben, fanden wir uns endlich an einer langen Tafel wieder, auf der die Zugehörigkeiten eines englischen Frühstücks servirt waren. Tea, Coffee, Soda-Water, klang es hier fordernd durch einander. Funfzehn Minuten sind wenig Zeit für hundert Gäste und drei verschlafene Kellner. Meine Tasse Thee war erst halb geleert, als die Glocke draußen schon wieder lärmte. "Das war also York!" rief ich dem Freunde zu, mich neben ihm in die Ecke drückend. "So gehen uns die am Himmel, das in diesem Lande so gern und so schön einen klaren Tag beschließt. Ohne Aufenthalt brausten wir durch ein halbes Dutzend Stationsplätze hindurch; erst in Peterborough (einer Kathedralen-Stadt, 15 deutsche Meilen von London) machten wir Halt, um einen anderen Zug abzuwarten. Inzwischen war es Nacht geworden und jeder schickte sich an, der Ruhe zu pflegen, so gut es die Wände und Bänke irgend erlaubten. Die Schüler lagen schnarchend auf harter Diele, die Kinder schliefen, die Flaggen waren eingezogen; nur die alte Lady saß noch immer aufrecht, fest entschlossen, stärker zu sein als Schlaf und Ermattung. Die Geschwindigkeit, mit der wir fuhren, wuchs jetzt, 40 engl. Meilen die Stunde. Man überantwortete sich seinem Gott und schlief ein. Dann und wann hielt der Zug und unbekannte, wenigstens unverstandene Worte trafen das Ohr, endlich aber schüttelte das in Traum und Halbschlaf lang herbeiersehnte: „York, York, fifteen minutes“ den Schlaf von aller Augen und halb schiebend, halb geschoben, fanden wir uns endlich an einer langen Tafel wieder, auf der die Zugehörigkeiten eines englischen Frühstücks servirt waren. Tea, Coffee, Soda-Water, klang es hier fordernd durch einander. Funfzehn Minuten sind wenig Zeit für hundert Gäste und drei verschlafene Kellner. Meine Tasse Thee war erst halb geleert, als die Glocke draußen schon wieder lärmte. „Das war also York!“ rief ich dem Freunde zu, mich neben ihm in die Ecke drückend. „So gehen uns die <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0021" n="7"/> am Himmel, das in diesem Lande so gern und so schön einen klaren Tag beschließt. Ohne Aufenthalt brausten wir durch ein halbes Dutzend Stationsplätze hindurch; erst in Peterborough (einer Kathedralen-Stadt, 15 deutsche Meilen von London) machten wir Halt, um einen anderen Zug abzuwarten. Inzwischen war es Nacht geworden und jeder schickte sich an, der Ruhe zu pflegen, so gut es die Wände und Bänke irgend erlaubten. Die Schüler lagen schnarchend auf harter Diele, die Kinder schliefen, die Flaggen waren eingezogen; nur die alte Lady saß noch immer aufrecht, fest entschlossen, stärker zu sein als Schlaf und Ermattung.</p><lb/> <p>Die Geschwindigkeit, mit der wir fuhren, wuchs jetzt, 40 engl. Meilen die Stunde. Man überantwortete sich seinem Gott und schlief ein. Dann und wann hielt der Zug und unbekannte, wenigstens unverstandene Worte trafen das Ohr, endlich aber schüttelte das in Traum und Halbschlaf lang herbeiersehnte: „York, York, <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">fifteen minutes</foreign></hi>“ den Schlaf von aller Augen und halb schiebend, halb geschoben, fanden wir uns endlich an einer langen Tafel wieder, auf der die Zugehörigkeiten eines englischen Frühstücks servirt waren. <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">Tea</foreign></hi>, <hi rendition="#aq">Coffee</hi>, <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">Soda-Water,</foreign></hi> klang es hier fordernd durch einander. Funfzehn Minuten sind wenig Zeit für hundert Gäste und drei verschlafene Kellner. Meine Tasse Thee war erst halb geleert, als die Glocke draußen schon wieder lärmte. „Das war also York!“ rief ich dem Freunde zu, mich neben ihm in die Ecke drückend. „So gehen uns die<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [7/0021]
am Himmel, das in diesem Lande so gern und so schön einen klaren Tag beschließt. Ohne Aufenthalt brausten wir durch ein halbes Dutzend Stationsplätze hindurch; erst in Peterborough (einer Kathedralen-Stadt, 15 deutsche Meilen von London) machten wir Halt, um einen anderen Zug abzuwarten. Inzwischen war es Nacht geworden und jeder schickte sich an, der Ruhe zu pflegen, so gut es die Wände und Bänke irgend erlaubten. Die Schüler lagen schnarchend auf harter Diele, die Kinder schliefen, die Flaggen waren eingezogen; nur die alte Lady saß noch immer aufrecht, fest entschlossen, stärker zu sein als Schlaf und Ermattung.
Die Geschwindigkeit, mit der wir fuhren, wuchs jetzt, 40 engl. Meilen die Stunde. Man überantwortete sich seinem Gott und schlief ein. Dann und wann hielt der Zug und unbekannte, wenigstens unverstandene Worte trafen das Ohr, endlich aber schüttelte das in Traum und Halbschlaf lang herbeiersehnte: „York, York, fifteen minutes“ den Schlaf von aller Augen und halb schiebend, halb geschoben, fanden wir uns endlich an einer langen Tafel wieder, auf der die Zugehörigkeiten eines englischen Frühstücks servirt waren. Tea, Coffee, Soda-Water, klang es hier fordernd durch einander. Funfzehn Minuten sind wenig Zeit für hundert Gäste und drei verschlafene Kellner. Meine Tasse Thee war erst halb geleert, als die Glocke draußen schon wieder lärmte. „Das war also York!“ rief ich dem Freunde zu, mich neben ihm in die Ecke drückend. „So gehen uns die
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(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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