Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.seine Genossen hielten und seiner Rückkehr harrten; aber im selben Augenblick von dem Stolz und der Kampflust neu belebt, die seinem ganzen Geschlecht eigen waren, rief er dem Häuptling mit der Miene der Ueberlegenheit zu: "So steh' denn!" und drang auf ihn ein. Rhoderick Dhu war der Stärkere, aber großgezogen in rauher, kunstloser Schule, war er schlecht verwahrt gegen die Zauberkünste einer gut geführten Klinge. Rechts und links tropfte sein Blut aus tiefen Wunden, und endlich jetzt mit einem Meisterstoß schlug ihm Fitzjames die breite Hochlandsklinge aus der Hand. Rhoderick sank in's Knie und die Waffe seines Siegers berührte fast schon seine Brust, als der erschöpfte Hochländer mit einer letzten Kraftanstrengung aufsprang und dem Stoße ausweichend wie eine Katze an den Hals seines Gegners sprang. Er packte mit der Rechten den Hals, mit der Linken den aufgehobenen Arm des Königs, und jetzt begann ein Ringen, in dem das Geschick des Sachsen der wilden Kraft des Hochländers unterlag. Keuchend lag jener am Boden und Rhoderick, auf ihm knieend, zog eben sein Dolchmesser, um es dem Gegner in die Brust zu stoßen, als der Faustdruck, der den Besiegten am Boden hielt, plötzlich nachließ und Rhoderick Dhu, erschöpft vom Blutverlust, matt und ohnmächtig zur Seite sank. Jetzt stieß der König in's Horn und die Reiter, die hinter dem Waldeck von Bochastle hielten, sprengten herbei. Statt Ellen Douglas, die der König heimzuführen gehofft hatte, lag alsbald der Häuptling der Mac Gregors seine Genossen hielten und seiner Rückkehr harrten; aber im selben Augenblick von dem Stolz und der Kampflust neu belebt, die seinem ganzen Geschlecht eigen waren, rief er dem Häuptling mit der Miene der Ueberlegenheit zu: „So steh’ denn!“ und drang auf ihn ein. Rhoderick Dhu war der Stärkere, aber großgezogen in rauher, kunstloser Schule, war er schlecht verwahrt gegen die Zauberkünste einer gut geführten Klinge. Rechts und links tropfte sein Blut aus tiefen Wunden, und endlich jetzt mit einem Meisterstoß schlug ihm Fitzjames die breite Hochlandsklinge aus der Hand. Rhoderick sank in’s Knie und die Waffe seines Siegers berührte fast schon seine Brust, als der erschöpfte Hochländer mit einer letzten Kraftanstrengung aufsprang und dem Stoße ausweichend wie eine Katze an den Hals seines Gegners sprang. Er packte mit der Rechten den Hals, mit der Linken den aufgehobenen Arm des Königs, und jetzt begann ein Ringen, in dem das Geschick des Sachsen der wilden Kraft des Hochländers unterlag. Keuchend lag jener am Boden und Rhoderick, auf ihm knieend, zog eben sein Dolchmesser, um es dem Gegner in die Brust zu stoßen, als der Faustdruck, der den Besiegten am Boden hielt, plötzlich nachließ und Rhoderick Dhu, erschöpft vom Blutverlust, matt und ohnmächtig zur Seite sank. Jetzt stieß der König in’s Horn und die Reiter, die hinter dem Waldeck von Bochastle hielten, sprengten herbei. Statt Ellen Douglas, die der König heimzuführen gehofft hatte, lag alsbald der Häuptling der Mac Gregors <TEI> <text> <body> <div> <div> <div> <p><pb facs="#f0199" n="185"/> seine Genossen hielten und seiner Rückkehr harrten; aber im selben Augenblick von dem Stolz und der Kampflust neu belebt, die seinem ganzen Geschlecht eigen waren, rief er dem Häuptling mit der Miene der Ueberlegenheit zu: „So steh’ denn!“ und drang auf ihn ein. Rhoderick Dhu war der Stärkere, aber großgezogen in rauher, kunstloser Schule, war er schlecht verwahrt gegen die Zauberkünste einer gut geführten Klinge. Rechts und links tropfte sein Blut aus tiefen Wunden, und endlich jetzt mit einem Meisterstoß schlug ihm Fitzjames die breite Hochlandsklinge aus der Hand. Rhoderick sank in’s Knie und die Waffe seines Siegers berührte fast schon seine Brust, als der erschöpfte Hochländer mit einer letzten Kraftanstrengung aufsprang und dem Stoße ausweichend wie eine Katze an den Hals seines Gegners sprang. Er packte mit der Rechten den Hals, mit der Linken den aufgehobenen Arm des Königs, und jetzt begann ein Ringen, in dem das Geschick des Sachsen der wilden Kraft des Hochländers unterlag. Keuchend lag jener am Boden und Rhoderick, auf ihm knieend, zog eben sein Dolchmesser, um es dem Gegner in die Brust zu stoßen, als der Faustdruck, der den Besiegten am Boden hielt, plötzlich nachließ und Rhoderick Dhu, erschöpft vom Blutverlust, matt und ohnmächtig zur Seite sank. Jetzt stieß der König in’s Horn und die Reiter, die hinter dem Waldeck von Bochastle hielten, sprengten herbei. Statt Ellen Douglas, die der König heimzuführen gehofft hatte, lag alsbald der Häuptling der Mac Gregors<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [185/0199]
seine Genossen hielten und seiner Rückkehr harrten; aber im selben Augenblick von dem Stolz und der Kampflust neu belebt, die seinem ganzen Geschlecht eigen waren, rief er dem Häuptling mit der Miene der Ueberlegenheit zu: „So steh’ denn!“ und drang auf ihn ein. Rhoderick Dhu war der Stärkere, aber großgezogen in rauher, kunstloser Schule, war er schlecht verwahrt gegen die Zauberkünste einer gut geführten Klinge. Rechts und links tropfte sein Blut aus tiefen Wunden, und endlich jetzt mit einem Meisterstoß schlug ihm Fitzjames die breite Hochlandsklinge aus der Hand. Rhoderick sank in’s Knie und die Waffe seines Siegers berührte fast schon seine Brust, als der erschöpfte Hochländer mit einer letzten Kraftanstrengung aufsprang und dem Stoße ausweichend wie eine Katze an den Hals seines Gegners sprang. Er packte mit der Rechten den Hals, mit der Linken den aufgehobenen Arm des Königs, und jetzt begann ein Ringen, in dem das Geschick des Sachsen der wilden Kraft des Hochländers unterlag. Keuchend lag jener am Boden und Rhoderick, auf ihm knieend, zog eben sein Dolchmesser, um es dem Gegner in die Brust zu stoßen, als der Faustdruck, der den Besiegten am Boden hielt, plötzlich nachließ und Rhoderick Dhu, erschöpft vom Blutverlust, matt und ohnmächtig zur Seite sank. Jetzt stieß der König in’s Horn und die Reiter, die hinter dem Waldeck von Bochastle hielten, sprengten herbei. Statt Ellen Douglas, die der König heimzuführen gehofft hatte, lag alsbald der Häuptling der Mac Gregors
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/199>, abgerufen am 22.07.2024. |