Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.bedauerten schon, zu spät gekommen zu sein, als ein allseitiges "dacapo, dacapo! Go on, Bobby, let us have it once more!" den Alten zu einem kurzen Präludium instigirte, dem nun rasch die Burns'schen Strophen folgten, die wir das erste Mal überhört hatten. Er sang in recitativischer Weise: Was kann ein jung Mädel, was soll ein jung Mädel, Was kann ihr, was soll ihr ein ältlicher Mann? Ich muß mich gedulden bei all seinen Gulden, Womit er das Herz meiner Mutter gewann. Das Ehepaar ging in diesem Augenblick dicht an dem Fiedler vorbei, und der Umstand, daß kein Wort, keine Bemerkung über die Lippen beider kam, sagte dem Alten deutlich, daß die Rache, die er genommen, nicht wirkungslos geblieben sey. Er hielt einen Augenblick inne, aber das "go on, Bobby" der Umstehenden ließ ihm keine Wahl und rasch hinter einander fort folgten nun die drei übrigen Strophen: Nichts hat er wie Sorgen vom Abend zum Morgen, Er hustet, daß ich nicht schlafen kann; Halbtaub seine Ohren, sein Blut wie gefroren, Ach traurig die Nacht mit 'nem ältlichen Mann! Er närgelt und brummelt, er quärgelt und mummelt, Ich mach ihm nichts recht und dann fährt er mich an, Zu nichts ist er tüchtig, nur eifersüchtig Ach ist er, weiß Gott, wie ein ältlicher Mann. Meine Tanten und Pathen, all ha'n mir gerathen: "Du mußt ihn mehr ärgern den alten Tropf." Bei meiner Seelen, todt will ich ihn quälen, Und dann für den alten 'nen neuen Topf. Der Beifall wiederholte sich jetzt, überhaupt hätte dem Alten nichts besseres passiren können, als die Un- bedauerten schon, zu spät gekommen zu sein, als ein allseitiges „dacapo, dacapo! Go on, Bobby, let us have it once more!“ den Alten zu einem kurzen Präludium instigirte, dem nun rasch die Burns’schen Strophen folgten, die wir das erste Mal überhört hatten. Er sang in recitativischer Weise: Was kann ein jung Mädel, was soll ein jung Mädel, Was kann ihr, was soll ihr ein ältlicher Mann? Ich muß mich gedulden bei all seinen Gulden, Womit er das Herz meiner Mutter gewann. Das Ehepaar ging in diesem Augenblick dicht an dem Fiedler vorbei, und der Umstand, daß kein Wort, keine Bemerkung über die Lippen beider kam, sagte dem Alten deutlich, daß die Rache, die er genommen, nicht wirkungslos geblieben sey. Er hielt einen Augenblick inne, aber das „go on, Bobby“ der Umstehenden ließ ihm keine Wahl und rasch hinter einander fort folgten nun die drei übrigen Strophen: Nichts hat er wie Sorgen vom Abend zum Morgen, Er hustet, daß ich nicht schlafen kann; Halbtaub seine Ohren, sein Blut wie gefroren, Ach traurig die Nacht mit ’nem ältlichen Mann! Er närgelt und brummelt, er quärgelt und mummelt, Ich mach ihm nichts recht und dann fährt er mich an, Zu nichts ist er tüchtig, nur eifersüchtig Ach ist er, weiß Gott, wie ein ältlicher Mann. Meine Tanten und Pathen, all ha’n mir gerathen: „Du mußt ihn mehr ärgern den alten Tropf.“ Bei meiner Seelen, todt will ich ihn quälen, Und dann für den alten ’nen neuen Topf. Der Beifall wiederholte sich jetzt, überhaupt hätte dem Alten nichts besseres passiren können, als die Un- <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0170" n="156"/> bedauerten schon, zu spät gekommen zu sein, als ein allseitiges <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">„dacapo, dacapo! Go on, Bobby, let us have it once more!“</foreign></hi> den Alten zu einem kurzen Präludium instigirte, dem nun rasch die Burns’schen Strophen folgten, die wir das erste Mal überhört hatten. Er sang in recitativischer Weise:<lb/><lg type="poem"><l>Was kann ein jung Mädel, was soll ein jung Mädel,</l><lb/><l>Was kann ihr, was soll ihr ein ältlicher Mann?</l><lb/><l>Ich muß mich gedulden bei all seinen Gulden,</l><lb/><l>Womit er das Herz meiner <hi rendition="#g">Mutter</hi> gewann.</l><lb/></lg></p><lb/> <p>Das Ehepaar ging in diesem Augenblick dicht an dem Fiedler vorbei, und der Umstand, daß kein Wort, keine Bemerkung über die Lippen beider kam, sagte dem Alten deutlich, daß die Rache, die er genommen, nicht wirkungslos geblieben sey. Er hielt einen Augenblick inne, aber das <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">„go on, Bobby“</foreign></hi> der Umstehenden ließ ihm keine Wahl und rasch hinter einander fort folgten nun die drei übrigen Strophen:<lb/><lg type="poem"><lg n="1"><l>Nichts hat er wie Sorgen vom Abend zum Morgen,</l><lb/><l>Er hustet, daß ich nicht schlafen kann;</l><lb/><l>Halbtaub seine Ohren, sein Blut wie gefroren,</l><lb/><l>Ach traurig die Nacht mit ’nem ältlichen Mann!</l><lb/></lg><lg n="2"><l>Er närgelt und brummelt, er quärgelt und mummelt,</l><lb/><l>Ich mach ihm nichts recht und dann fährt er mich an,</l><lb/><l>Zu nichts ist er tüchtig, nur eifersüchtig</l><lb/><l>Ach ist er, weiß Gott, wie ein ältlicher Mann.</l><lb/></lg><lg n="3"><l>Meine Tanten und Pathen, all ha’n mir gerathen:</l><lb/><l>„Du mußt ihn mehr ärgern den alten Tropf.“</l><lb/><l>Bei meiner Seelen, todt will ich ihn quälen,</l><lb/><l>Und dann für den alten ’nen neuen Topf.</l><lb/></lg></lg> </p><lb/> <p>Der Beifall wiederholte sich jetzt, überhaupt hätte dem Alten nichts besseres passiren können, als die Un-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [156/0170]
bedauerten schon, zu spät gekommen zu sein, als ein allseitiges „dacapo, dacapo! Go on, Bobby, let us have it once more!“ den Alten zu einem kurzen Präludium instigirte, dem nun rasch die Burns’schen Strophen folgten, die wir das erste Mal überhört hatten. Er sang in recitativischer Weise:
Was kann ein jung Mädel, was soll ein jung Mädel,
Was kann ihr, was soll ihr ein ältlicher Mann?
Ich muß mich gedulden bei all seinen Gulden,
Womit er das Herz meiner Mutter gewann.
Das Ehepaar ging in diesem Augenblick dicht an dem Fiedler vorbei, und der Umstand, daß kein Wort, keine Bemerkung über die Lippen beider kam, sagte dem Alten deutlich, daß die Rache, die er genommen, nicht wirkungslos geblieben sey. Er hielt einen Augenblick inne, aber das „go on, Bobby“ der Umstehenden ließ ihm keine Wahl und rasch hinter einander fort folgten nun die drei übrigen Strophen:
Nichts hat er wie Sorgen vom Abend zum Morgen,
Er hustet, daß ich nicht schlafen kann;
Halbtaub seine Ohren, sein Blut wie gefroren,
Ach traurig die Nacht mit ’nem ältlichen Mann!
Er närgelt und brummelt, er quärgelt und mummelt,
Ich mach ihm nichts recht und dann fährt er mich an,
Zu nichts ist er tüchtig, nur eifersüchtig
Ach ist er, weiß Gott, wie ein ältlicher Mann.
Meine Tanten und Pathen, all ha’n mir gerathen:
„Du mußt ihn mehr ärgern den alten Tropf.“
Bei meiner Seelen, todt will ich ihn quälen,
Und dann für den alten ’nen neuen Topf.
Der Beifall wiederholte sich jetzt, überhaupt hätte dem Alten nichts besseres passiren können, als die Un-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/170 |
Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/170>, abgerufen am 22.07.2024. |