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Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

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gen und nie abgelegt hatte. Aber freilich andere Schätze führten die Sieger heim, die kaum minder deutlich sprachen und das entgegengesetzte Zeugniß ablegten. Des Königs Schwert und Dolchmesser waren gefunden worden, und vor allem jener verhängnißvolle Türkisenring, den ihm die Königin Anna als das Zeichen ihrer Huld und ihres Zutrauens gesandt hatte. Schwert und Dolch befinden sich bis diesen Augenblick im College of Heralds, d. h. in der Wappenkammer zu London.

Der Tag von Floddenfield war der eigentliche Sterbetag Schottlands; in den 90 Jahren, die noch zwischen diesem Tag und der Vereinigung beider Königreiche liegen, war das Land wenig mehr als eine eroberte Provinz, der man übereingekommen war, den Schein und den Glauben an ihre Selbstständigkeit zu lassen. Seine Macht und sein Ansehn waren gebrochen, und von der Trauer, die das ganze Land erfüllte, giebt am besten das Lied Kunde, das den Titel: "the flowers of the Forest" führt und nicht ohne Grund das Sterbelied Schottlands genannt worden ist. Es lautet wie folgt:

Ich hörte sie singen, wenn Morgens sie gingen
Die Heerde zu melken, die draußen steht;
Nun hör' ich ihr Wehe, wo immer ich gehe -
Die Blumen des Waldes sind abgemäht.
Vorüber das Necken an Wegen und Hecken,
Still eine neben der andern geht,
Sie können nicht scherzen mit Trauer im Herzen,
Und was sie sprechen ist leises Gebet.

gen und nie abgelegt hatte. Aber freilich andere Schätze führten die Sieger heim, die kaum minder deutlich sprachen und das entgegengesetzte Zeugniß ablegten. Des Königs Schwert und Dolchmesser waren gefunden worden, und vor allem jener verhängnißvolle Türkisenring, den ihm die Königin Anna als das Zeichen ihrer Huld und ihres Zutrauens gesandt hatte. Schwert und Dolch befinden sich bis diesen Augenblick im College of Heralds, d. h. in der Wappenkammer zu London.

Der Tag von Floddenfield war der eigentliche Sterbetag Schottlands; in den 90 Jahren, die noch zwischen diesem Tag und der Vereinigung beider Königreiche liegen, war das Land wenig mehr als eine eroberte Provinz, der man übereingekommen war, den Schein und den Glauben an ihre Selbstständigkeit zu lassen. Seine Macht und sein Ansehn waren gebrochen, und von der Trauer, die das ganze Land erfüllte, giebt am besten das Lied Kunde, das den Titel: „the flowers of the Forest“ führt und nicht ohne Grund das Sterbelied Schottlands genannt worden ist. Es lautet wie folgt:

Ich hörte sie singen, wenn Morgens sie gingen
Die Heerde zu melken, die draußen steht;
Nun hör’ ich ihr Wehe, wo immer ich gehe –
Die Blumen des Waldes sind abgemäht.
Vorüber das Necken an Wegen und Hecken,
Still eine neben der andern geht,
Sie können nicht scherzen mit Trauer im Herzen,
Und was sie sprechen ist leises Gebet.

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[147/0161] gen und nie abgelegt hatte. Aber freilich andere Schätze führten die Sieger heim, die kaum minder deutlich sprachen und das entgegengesetzte Zeugniß ablegten. Des Königs Schwert und Dolchmesser waren gefunden worden, und vor allem jener verhängnißvolle Türkisenring, den ihm die Königin Anna als das Zeichen ihrer Huld und ihres Zutrauens gesandt hatte. Schwert und Dolch befinden sich bis diesen Augenblick im College of Heralds, d. h. in der Wappenkammer zu London. Der Tag von Floddenfield war der eigentliche Sterbetag Schottlands; in den 90 Jahren, die noch zwischen diesem Tag und der Vereinigung beider Königreiche liegen, war das Land wenig mehr als eine eroberte Provinz, der man übereingekommen war, den Schein und den Glauben an ihre Selbstständigkeit zu lassen. Seine Macht und sein Ansehn waren gebrochen, und von der Trauer, die das ganze Land erfüllte, giebt am besten das Lied Kunde, das den Titel: „the flowers of the Forest“ führt und nicht ohne Grund das Sterbelied Schottlands genannt worden ist. Es lautet wie folgt: Ich hörte sie singen, wenn Morgens sie gingen Die Heerde zu melken, die draußen steht; Nun hör’ ich ihr Wehe, wo immer ich gehe – Die Blumen des Waldes sind abgemäht. Vorüber das Necken an Wegen und Hecken, Still eine neben der andern geht, Sie können nicht scherzen mit Trauer im Herzen, Und was sie sprechen ist leises Gebet.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • i/j in Fraktur: keine Angabe;
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  • u/v bzw. U/V: keine Angabe;
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  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/161>, abgerufen am 05.12.2024.