Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.dieser Kapelle an und für sich nicht den geringsten Gegenstand des Interesses; eben so wenig sind die Vorgänge die sich an diesen Ort knüpfen dazu angethan, einen Besuch desselben zu einer Art Pflicht zu machen. Aber das landschaftliche Bild, dessen man von ihm aus genießt, ist ganz eigenthümlicher Natur und wenn schon weder groß, noch lieblich, noch grotesk, so ist es doch im vollsten Maaße das, was ich als die schottische Landschaft par excellence bezeichnen möchte. Worin ihr Charakter und ihr Reiz besteht, werd' ich weiterhin versuchen dem Leser anschaulich zu machen. Um St. Anthony's Chapel zu erreichen, schlagen wir von der Stadt aus denselben Weg ein, der uns in einem früheren Kapitel von Waterloo-Place nach Holyrood Palace führte. Wir wählen diese Straße auch heute wieder, weil wir vorhaben, dem unmittelbar vor der Stadt gelegenen Calton-Hill endlich unseren Besuch zu machen, nicht um der Aussicht willen, die er bietet, sondern blos der Sehenswürdigkeiten halber, die diesem Hügel in direkter Weise angehören. Diese Sehenswürdigkeiten bestehen in einem halben Dutzend Monumente. Ich habe nicht vor, dieselben zu beschreiben oder zu kritisiren; sie sind Nachbildungen nach der Antike und können keinen besonderen Werth, wenigstens nicht das Verdienst originaler Erfindung beanspruchen; was ihnen aber in ihrer Gesammtheit eine gewisse Bedeutung giebt, das ist der Umstand, daß uns aus ihnen der Gedanke einer Ruhmeshalle des schottischen Volks entgegentritt. Da sehen dieser Kapelle an und für sich nicht den geringsten Gegenstand des Interesses; eben so wenig sind die Vorgänge die sich an diesen Ort knüpfen dazu angethan, einen Besuch desselben zu einer Art Pflicht zu machen. Aber das landschaftliche Bild, dessen man von ihm aus genießt, ist ganz eigenthümlicher Natur und wenn schon weder groß, noch lieblich, noch grotesk, so ist es doch im vollsten Maaße das, was ich als die schottische Landschaft par excellence bezeichnen möchte. Worin ihr Charakter und ihr Reiz besteht, werd’ ich weiterhin versuchen dem Leser anschaulich zu machen. Um St. Anthony’s Chapel zu erreichen, schlagen wir von der Stadt aus denselben Weg ein, der uns in einem früheren Kapitel von Waterloo-Place nach Holyrood Palace führte. Wir wählen diese Straße auch heute wieder, weil wir vorhaben, dem unmittelbar vor der Stadt gelegenen Calton-Hill endlich unseren Besuch zu machen, nicht um der Aussicht willen, die er bietet, sondern blos der Sehenswürdigkeiten halber, die diesem Hügel in direkter Weise angehören. Diese Sehenswürdigkeiten bestehen in einem halben Dutzend Monumente. Ich habe nicht vor, dieselben zu beschreiben oder zu kritisiren; sie sind Nachbildungen nach der Antike und können keinen besonderen Werth, wenigstens nicht das Verdienst originaler Erfindung beanspruchen; was ihnen aber in ihrer Gesammtheit eine gewisse Bedeutung giebt, das ist der Umstand, daß uns aus ihnen der Gedanke einer Ruhmeshalle des schottischen Volks entgegentritt. Da sehen <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0128" n="114"/> dieser Kapelle an und für sich nicht den geringsten Gegenstand des Interesses; eben so wenig sind die Vorgänge die sich an diesen Ort knüpfen dazu angethan, einen Besuch desselben zu einer Art Pflicht zu machen. Aber das landschaftliche Bild, dessen man von ihm aus genießt, ist ganz eigenthümlicher Natur und wenn schon weder groß, noch lieblich, noch grotesk, so ist es doch im vollsten Maaße das, was ich als die schottische Landschaft <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="fra">par excellence</foreign></hi> bezeichnen möchte. Worin ihr Charakter und ihr Reiz besteht, werd’ ich weiterhin versuchen dem Leser anschaulich zu machen.</p><lb/> <p>Um St. Anthony’s Chapel zu erreichen, schlagen wir von der Stadt aus denselben Weg ein, der uns in einem früheren Kapitel von Waterloo-Place nach Holyrood Palace führte. Wir wählen diese Straße auch heute wieder, weil wir vorhaben, dem unmittelbar vor der Stadt gelegenen Calton-Hill endlich unseren Besuch zu machen, nicht um der Aussicht willen, die er bietet, sondern blos der Sehenswürdigkeiten halber, die diesem Hügel in direkter Weise angehören. Diese Sehenswürdigkeiten bestehen in einem halben Dutzend Monumente. Ich habe nicht vor, dieselben zu beschreiben oder zu kritisiren; sie sind Nachbildungen nach der Antike und können keinen besonderen Werth, wenigstens nicht das Verdienst originaler Erfindung beanspruchen; was ihnen aber in ihrer Gesammtheit eine gewisse Bedeutung giebt, das ist der Umstand, daß uns aus ihnen der Gedanke einer Ruhmeshalle des schottischen Volks entgegentritt. Da sehen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [114/0128]
dieser Kapelle an und für sich nicht den geringsten Gegenstand des Interesses; eben so wenig sind die Vorgänge die sich an diesen Ort knüpfen dazu angethan, einen Besuch desselben zu einer Art Pflicht zu machen. Aber das landschaftliche Bild, dessen man von ihm aus genießt, ist ganz eigenthümlicher Natur und wenn schon weder groß, noch lieblich, noch grotesk, so ist es doch im vollsten Maaße das, was ich als die schottische Landschaft par excellence bezeichnen möchte. Worin ihr Charakter und ihr Reiz besteht, werd’ ich weiterhin versuchen dem Leser anschaulich zu machen.
Um St. Anthony’s Chapel zu erreichen, schlagen wir von der Stadt aus denselben Weg ein, der uns in einem früheren Kapitel von Waterloo-Place nach Holyrood Palace führte. Wir wählen diese Straße auch heute wieder, weil wir vorhaben, dem unmittelbar vor der Stadt gelegenen Calton-Hill endlich unseren Besuch zu machen, nicht um der Aussicht willen, die er bietet, sondern blos der Sehenswürdigkeiten halber, die diesem Hügel in direkter Weise angehören. Diese Sehenswürdigkeiten bestehen in einem halben Dutzend Monumente. Ich habe nicht vor, dieselben zu beschreiben oder zu kritisiren; sie sind Nachbildungen nach der Antike und können keinen besonderen Werth, wenigstens nicht das Verdienst originaler Erfindung beanspruchen; was ihnen aber in ihrer Gesammtheit eine gewisse Bedeutung giebt, das ist der Umstand, daß uns aus ihnen der Gedanke einer Ruhmeshalle des schottischen Volks entgegentritt. Da sehen
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/128>, abgerufen am 22.07.2024. |