wenn ich so sprach, dies neue Christentum ist gerade das alte."
"Glauben Sie das?"
"Ich glaub' es. Und was besser ist: ich fühl' es."
"Nun gut, das mit dem neuen Christentum ist Ihre Sache; da will ich Ihnen nicht hineinreden. Aber das andre, da müssen Sie mir was versprechen. Be¬ sinnt er sich, und kommt er zu der Ansicht, daß das alte Preußen mit König und Armee, trotz all seiner Gebresten und altmodischen Geschichten, doch immer noch besser ist als das vom neuesten Datum, und daß wir Alten vom Cremmer-Damm und von Fehrbellin her, auch wenn es uns selber schlecht geht, immer noch mehr Herz für die Torgelowschen im Leibe haben als alle Torge¬ lows zusammengenommen, kommt es zu solcher Rück¬ bekehrung, dann, Lorenzen, stören Sie diesen Prozeß nicht. Sonst erschein' ich Ihnen. Pastoren glauben zwar nicht an Gespenster, aber wenn welche kommen, graulen sie sich auch."
Lorenzen legte seine Hand auf die Hand Dubs¬ lavs und streichelte sie, wie wenn er des Alten Sohn gewesen wäre. "Das alles, Herr von Stechlin, kann ich Ihnen gern versprechen. Ich habe Woldemar er¬ zogen, als es mir oblag, und Sie haben in Ihrer Klugheit und Güte mich gewähren lassen. Jetzt ist Ihr Sohn ein vornehmer Herr und hat die Jahre. Sprechen hat seine Zeit, und Schweigen hat seine Zeit. Aber wenn Sie ihn und mich von oben her unter Kontrolle nehmen und eventuell mir erscheinen wollen, so schieben Sie mir dabei nicht zu, was mir nicht zukommt. Nicht ich werde ihn führen. Dafür ist gesorgt. Die Zeit wird sprechen, und neben der Zeit das neue Haus, die blasse junge Frau und vielleicht auch die schöne Melu¬ sine."
Der Alte lächelte. "Ja, ja."
wenn ich ſo ſprach, dies neue Chriſtentum iſt gerade das alte.“
„Glauben Sie das?“
„Ich glaub' es. Und was beſſer iſt: ich fühl' es.“
„Nun gut, das mit dem neuen Chriſtentum iſt Ihre Sache; da will ich Ihnen nicht hineinreden. Aber das andre, da müſſen Sie mir was verſprechen. Be¬ ſinnt er ſich, und kommt er zu der Anſicht, daß das alte Preußen mit König und Armee, trotz all ſeiner Gebreſten und altmodiſchen Geſchichten, doch immer noch beſſer iſt als das vom neueſten Datum, und daß wir Alten vom Cremmer-Damm und von Fehrbellin her, auch wenn es uns ſelber ſchlecht geht, immer noch mehr Herz für die Torgelowſchen im Leibe haben als alle Torge¬ lows zuſammengenommen, kommt es zu ſolcher Rück¬ bekehrung, dann, Lorenzen, ſtören Sie dieſen Prozeß nicht. Sonſt erſchein' ich Ihnen. Paſtoren glauben zwar nicht an Geſpenſter, aber wenn welche kommen, graulen ſie ſich auch.“
Lorenzen legte ſeine Hand auf die Hand Dubs¬ lavs und ſtreichelte ſie, wie wenn er des Alten Sohn geweſen wäre. „Das alles, Herr von Stechlin, kann ich Ihnen gern verſprechen. Ich habe Woldemar er¬ zogen, als es mir oblag, und Sie haben in Ihrer Klugheit und Güte mich gewähren laſſen. Jetzt iſt Ihr Sohn ein vornehmer Herr und hat die Jahre. Sprechen hat ſeine Zeit, und Schweigen hat ſeine Zeit. Aber wenn Sie ihn und mich von oben her unter Kontrolle nehmen und eventuell mir erſcheinen wollen, ſo ſchieben Sie mir dabei nicht zu, was mir nicht zukommt. Nicht ich werde ihn führen. Dafür iſt geſorgt. Die Zeit wird ſprechen, und neben der Zeit das neue Haus, die blaſſe junge Frau und vielleicht auch die ſchöne Melu¬ ſine.“
Der Alte lächelte. „Ja, ja.“
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wenn ich ſo ſprach, dies neue Chriſtentum iſt gerade
das alte.“
„Glauben Sie das?“
„Ich glaub' es. Und was beſſer iſt: ich fühl' es.“
„Nun gut, das mit dem neuen Chriſtentum iſt
Ihre Sache; da will ich Ihnen nicht hineinreden. Aber
das andre, da müſſen Sie mir was verſprechen. Be¬
ſinnt er ſich, und kommt er zu der Anſicht, daß das
alte Preußen mit König und Armee, trotz all ſeiner
Gebreſten und altmodiſchen Geſchichten, doch immer noch
beſſer iſt als das vom neueſten Datum, und daß wir
Alten vom Cremmer-Damm und von Fehrbellin her, auch
wenn es uns ſelber ſchlecht geht, immer noch mehr Herz
für die Torgelowſchen im Leibe haben als alle Torge¬
lows zuſammengenommen, kommt es zu ſolcher Rück¬
bekehrung, dann, Lorenzen, ſtören Sie dieſen Prozeß
nicht. Sonſt erſchein' ich Ihnen. Paſtoren glauben
zwar nicht an Geſpenſter, aber wenn welche kommen,
graulen ſie ſich auch.“
Lorenzen legte ſeine Hand auf die Hand Dubs¬
lavs und ſtreichelte ſie, wie wenn er des Alten Sohn
geweſen wäre. „Das alles, Herr von Stechlin, kann
ich Ihnen gern verſprechen. Ich habe Woldemar er¬
zogen, als es mir oblag, und Sie haben in Ihrer
Klugheit und Güte mich gewähren laſſen. Jetzt iſt Ihr
Sohn ein vornehmer Herr und hat die Jahre. Sprechen
hat ſeine Zeit, und Schweigen hat ſeine Zeit. Aber
wenn Sie ihn und mich von oben her unter Kontrolle
nehmen und eventuell mir erſcheinen wollen, ſo ſchieben
Sie mir dabei nicht zu, was mir nicht zukommt. Nicht
ich werde ihn führen. Dafür iſt geſorgt. Die Zeit
wird ſprechen, und neben der Zeit das neue Haus, die
blaſſe junge Frau und vielleicht auch die ſchöne Melu¬
ſine.“
Der Alte lächelte. „Ja, ja.“
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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/498>, abgerufen am 25.11.2024.
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