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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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bereits halb, und wir müssen uns eilen. Übrigens trifft
es viele, nicht bloß unsern Stechlin."

"Immer dunkler, immer rätselvoller," sagte Rex.

"Nun, vielleicht daß ich Ihnen das Rätsel löse.
Schließlich kann man ja Toilette machen und noch seinen
Diskurs daneben haben. "Die Prinzen machen ihm den
Hof", so geruhten Sie zu bemerken, und ich antwortete:
"Ja, das ist es eben". Und diese Worte kann ich Ihnen
nur wiederholen. Die Prinzen -- ja, damit hängt es
zusammen und noch mehr damit, daß die feinen Regi¬
menter immer feiner werden. Kucken Sie sich mal die
alten Ranglisten an, das heißt wirklich alte, voriges Jahr¬
hundert und dann so bis Anno sechs. Da finden Sie
bei Regiment Garde du Corps oder bei Regiment Gens¬
darmes unsere guten alten Namen: Marwitz, Wakenitz,
Kracht, Löschebrand, Bredow, Rochow, höchstens daß
sich mal ein höher betitelter Schlesischer mit hinein ver¬
irrt. Natürlich gab es auch Prinzen damals, aber der
Adel gab den Ton an, und die paar Prinzen mußten
noch froh sein, wenn sie nicht störten. Damit ist es nun
aber, seit wir Kaiser und Reich sind, total vorbei. Natür¬
lich sprech' ich nicht von der Provinz, nicht von Litauen
und Masuren, sondern von der Garde, von den Regi¬
mentern unter den Augen Seiner Majestät. Und nun
gar erst diese Gardedragoner! Die waren immer piek,
aber seit sie, pour combler le bonheur, auch noch "Königin
von Großbritannien und Irland" sind, wird es immer
mehr davon, und je pieker sie werden, desto mehr Prinzen
kommen hinein, von denen übrigens auch jetzt schon
mehr da sind, als es so obenhin aussieht, denn manche
sind eigentlich welche und dürfen es bloß nicht sagen.
Und wenn man dann gar noch die alten mitrechnet, die
bloß a la suite stehn, aber doch immer noch mit dabei
sind, wenn irgend was los ist, so haben wir, wenn der
Kreis geschlossen wird, zwar kein Parkett von Königen,

bereits halb, und wir müſſen uns eilen. Übrigens trifft
es viele, nicht bloß unſern Stechlin.“

„Immer dunkler, immer rätſelvoller,“ ſagte Rex.

„Nun, vielleicht daß ich Ihnen das Rätſel löſe.
Schließlich kann man ja Toilette machen und noch ſeinen
Diskurs daneben haben. „Die Prinzen machen ihm den
Hof“, ſo geruhten Sie zu bemerken, und ich antwortete:
„Ja, das iſt es eben“. Und dieſe Worte kann ich Ihnen
nur wiederholen. Die Prinzen — ja, damit hängt es
zuſammen und noch mehr damit, daß die feinen Regi¬
menter immer feiner werden. Kucken Sie ſich mal die
alten Rangliſten an, das heißt wirklich alte, voriges Jahr¬
hundert und dann ſo bis Anno ſechs. Da finden Sie
bei Regiment Garde du Corps oder bei Regiment Gens¬
darmes unſere guten alten Namen: Marwitz, Wakenitz,
Kracht, Löſchebrand, Bredow, Rochow, höchſtens daß
ſich mal ein höher betitelter Schleſiſcher mit hinein ver¬
irrt. Natürlich gab es auch Prinzen damals, aber der
Adel gab den Ton an, und die paar Prinzen mußten
noch froh ſein, wenn ſie nicht ſtörten. Damit iſt es nun
aber, ſeit wir Kaiſer und Reich ſind, total vorbei. Natür¬
lich ſprech' ich nicht von der Provinz, nicht von Litauen
und Maſuren, ſondern von der Garde, von den Regi¬
mentern unter den Augen Seiner Majeſtät. Und nun
gar erſt dieſe Gardedragoner! Die waren immer piek,
aber ſeit ſie, pour combler le bonheur, auch noch „Königin
von Großbritannien und Irland“ ſind, wird es immer
mehr davon, und je pieker ſie werden, deſto mehr Prinzen
kommen hinein, von denen übrigens auch jetzt ſchon
mehr da ſind, als es ſo obenhin ausſieht, denn manche
ſind eigentlich welche und dürfen es bloß nicht ſagen.
Und wenn man dann gar noch die alten mitrechnet, die
bloß à la suite ſtehn, aber doch immer noch mit dabei
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[22/0029] bereits halb, und wir müſſen uns eilen. Übrigens trifft es viele, nicht bloß unſern Stechlin.“ „Immer dunkler, immer rätſelvoller,“ ſagte Rex. „Nun, vielleicht daß ich Ihnen das Rätſel löſe. Schließlich kann man ja Toilette machen und noch ſeinen Diskurs daneben haben. „Die Prinzen machen ihm den Hof“, ſo geruhten Sie zu bemerken, und ich antwortete: „Ja, das iſt es eben“. Und dieſe Worte kann ich Ihnen nur wiederholen. Die Prinzen — ja, damit hängt es zuſammen und noch mehr damit, daß die feinen Regi¬ menter immer feiner werden. Kucken Sie ſich mal die alten Rangliſten an, das heißt wirklich alte, voriges Jahr¬ hundert und dann ſo bis Anno ſechs. Da finden Sie bei Regiment Garde du Corps oder bei Regiment Gens¬ darmes unſere guten alten Namen: Marwitz, Wakenitz, Kracht, Löſchebrand, Bredow, Rochow, höchſtens daß ſich mal ein höher betitelter Schleſiſcher mit hinein ver¬ irrt. Natürlich gab es auch Prinzen damals, aber der Adel gab den Ton an, und die paar Prinzen mußten noch froh ſein, wenn ſie nicht ſtörten. Damit iſt es nun aber, ſeit wir Kaiſer und Reich ſind, total vorbei. Natür¬ lich ſprech' ich nicht von der Provinz, nicht von Litauen und Maſuren, ſondern von der Garde, von den Regi¬ mentern unter den Augen Seiner Majeſtät. Und nun gar erſt dieſe Gardedragoner! Die waren immer piek, aber ſeit ſie, pour combler le bonheur, auch noch „Königin von Großbritannien und Irland“ ſind, wird es immer mehr davon, und je pieker ſie werden, deſto mehr Prinzen kommen hinein, von denen übrigens auch jetzt ſchon mehr da ſind, als es ſo obenhin ausſieht, denn manche ſind eigentlich welche und dürfen es bloß nicht ſagen. Und wenn man dann gar noch die alten mitrechnet, die bloß à la suite ſtehn, aber doch immer noch mit dabei ſind, wenn irgend was los iſt, ſo haben wir, wenn der Kreis geſchloſſen wird, zwar kein Parkett von Königen,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/29>, abgerufen am 24.11.2024.