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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Ich denke mir, es liegt an meinem Namen. Hier hat
"Czako" ja auch schon einen Beigeschmack, einen Stich ins
Komische, aber das Slavische drin giebt ihm in Berlin
etwas Apartes, während es in Petersburg wahrscheinlich
heißen würde: ,Czako, was soll das? Was soll Czako?
Dergleichen haben wir hier echter und besser.' Ja, ich
gehe noch weiter und bin nicht einmal sicher, ob man da
drüben nicht Lust bezeugen könnte, in der Wahl von ,Czako'
einen Witz oder versteckten Affront zu wittern. Aber wie
dem auch sei, Winterpalais und Kreml sind mir ver¬
schlossen. Und nun gehen Sie nach London und sogar
nach Windsor. Und Windsor ist doch nun mal das
denkbar Feinste. Rußland, wenn Sie mir solche Früh¬
stücksvergleiche gestatten wollen, hat immer was von
Astrachan, England immer was von Colchester. Und
ich glaube, Colchester steht höher. In meinen Augen
gewiß. Ach, Stechlin, Sie sind ein Glückspilz, ein
Wort, das Sie meiner erregten Stimmung zu gute
halten müssen. Ich werde wohl an der Majorsecke
scheitern, wegen verschiedener Mankos. Aber sehn Sie,
daß ich das einsehe, das könnte das Schicksal doch auch
wieder mit mir versöhnen."

"Czako, Sie sind der beste Kerl von der Welt.
Es ist eigentlich schade, daß wir solche Leute wie Sie
nicht bei unserm Regiment haben. Oder wenigstens
nicht genug. ,Fein' ist ja ganz gut, aber es muß doch
auch mal ein Donnerwetter dazwischen fahren, ein
Cynismus, eine Bosheit; sie braucht ja nicht gleich
einen Giftzahn zu haben. Übrigens, was die Patentheit
angeht, so fühl' ich deutlich, daß ich auch nur so gerade
noch passiere. Nehmen Sie beispielsweise bloß das
Sprachliche. Wer heutzutage nicht drei Sprachen spricht,
gehört in die Ecke ..."

"Sag' ich mir auch. Und ich habe deshalb auch
mit dem Russischen angefangen. Und wenn ich dann

Ich denke mir, es liegt an meinem Namen. Hier hat
„Czako“ ja auch ſchon einen Beigeſchmack, einen Stich ins
Komiſche, aber das Slaviſche drin giebt ihm in Berlin
etwas Apartes, während es in Petersburg wahrſcheinlich
heißen würde: ‚Czako, was ſoll das? Was ſoll Czako?
Dergleichen haben wir hier echter und beſſer.‘ Ja, ich
gehe noch weiter und bin nicht einmal ſicher, ob man da
drüben nicht Luſt bezeugen könnte, in der Wahl von ‚Czako‘
einen Witz oder verſteckten Affront zu wittern. Aber wie
dem auch ſei, Winterpalais und Kreml ſind mir ver¬
ſchloſſen. Und nun gehen Sie nach London und ſogar
nach Windſor. Und Windſor iſt doch nun mal das
denkbar Feinſte. Rußland, wenn Sie mir ſolche Früh¬
ſtücksvergleiche geſtatten wollen, hat immer was von
Aſtrachan, England immer was von Colcheſter. Und
ich glaube, Colcheſter ſteht höher. In meinen Augen
gewiß. Ach, Stechlin, Sie ſind ein Glückspilz, ein
Wort, das Sie meiner erregten Stimmung zu gute
halten müſſen. Ich werde wohl an der Majorsecke
ſcheitern, wegen verſchiedener Mankos. Aber ſehn Sie,
daß ich das einſehe, das könnte das Schickſal doch auch
wieder mit mir verſöhnen.“

„Czako, Sie ſind der beſte Kerl von der Welt.
Es iſt eigentlich ſchade, daß wir ſolche Leute wie Sie
nicht bei unſerm Regiment haben. Oder wenigſtens
nicht genug. ‚Fein‘ iſt ja ganz gut, aber es muß doch
auch mal ein Donnerwetter dazwiſchen fahren, ein
Cynismus, eine Bosheit; ſie braucht ja nicht gleich
einen Giftzahn zu haben. Übrigens, was die Patentheit
angeht, ſo fühl' ich deutlich, daß ich auch nur ſo gerade
noch paſſiere. Nehmen Sie beiſpielsweiſe bloß das
Sprachliche. Wer heutzutage nicht drei Sprachen ſpricht,
gehört in die Ecke ...“

„Sag' ich mir auch. Und ich habe deshalb auch
mit dem Ruſſiſchen angefangen. Und wenn ich dann

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[278/0285] Ich denke mir, es liegt an meinem Namen. Hier hat „Czako“ ja auch ſchon einen Beigeſchmack, einen Stich ins Komiſche, aber das Slaviſche drin giebt ihm in Berlin etwas Apartes, während es in Petersburg wahrſcheinlich heißen würde: ‚Czako, was ſoll das? Was ſoll Czako? Dergleichen haben wir hier echter und beſſer.‘ Ja, ich gehe noch weiter und bin nicht einmal ſicher, ob man da drüben nicht Luſt bezeugen könnte, in der Wahl von ‚Czako‘ einen Witz oder verſteckten Affront zu wittern. Aber wie dem auch ſei, Winterpalais und Kreml ſind mir ver¬ ſchloſſen. Und nun gehen Sie nach London und ſogar nach Windſor. Und Windſor iſt doch nun mal das denkbar Feinſte. Rußland, wenn Sie mir ſolche Früh¬ ſtücksvergleiche geſtatten wollen, hat immer was von Aſtrachan, England immer was von Colcheſter. Und ich glaube, Colcheſter ſteht höher. In meinen Augen gewiß. Ach, Stechlin, Sie ſind ein Glückspilz, ein Wort, das Sie meiner erregten Stimmung zu gute halten müſſen. Ich werde wohl an der Majorsecke ſcheitern, wegen verſchiedener Mankos. Aber ſehn Sie, daß ich das einſehe, das könnte das Schickſal doch auch wieder mit mir verſöhnen.“ „Czako, Sie ſind der beſte Kerl von der Welt. Es iſt eigentlich ſchade, daß wir ſolche Leute wie Sie nicht bei unſerm Regiment haben. Oder wenigſtens nicht genug. ‚Fein‘ iſt ja ganz gut, aber es muß doch auch mal ein Donnerwetter dazwiſchen fahren, ein Cynismus, eine Bosheit; ſie braucht ja nicht gleich einen Giftzahn zu haben. Übrigens, was die Patentheit angeht, ſo fühl' ich deutlich, daß ich auch nur ſo gerade noch paſſiere. Nehmen Sie beiſpielsweiſe bloß das Sprachliche. Wer heutzutage nicht drei Sprachen ſpricht, gehört in die Ecke ...“ „Sag' ich mir auch. Und ich habe deshalb auch mit dem Ruſſiſchen angefangen. Und wenn ich dann

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/285>, abgerufen am 22.11.2024.