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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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und Vertrauen, als er am Donnerstag noch mit mir
plauderte."

"Koseleger voll Vertrauen! Na, dann geht es gewiß
in die Brüche. Wo Koseleger Amen sagt, das ist schon
so gut wie letzte Ölung. Er hat keine glückliche Hand,
dieser Ihr Amtsbruder und Vorgesetzter."

"Ich teile leider einigermaßen Ihre Bedenken gegen
ihn. Aber was vielleicht mit ihm versöhnen kann, er
hat angenehme Formen und durchaus etwas Verbindliches."

"Das hat er. Und doch, so sehr ich sonst für
Formen und Verbindlichkeiten bin, nicht für seine. Man
soll einem Menschen nicht seinen Namen vorhalten. Aber
Koseleger! Ich weiß immer nicht, ob er mehr Kose oder
mehr Leger ist; vielleicht beides gleich. Er ist wie 'ne
Baisertorte, süß, aber ungesund. Nein, Lorenzen, da
bin ich doch mehr für Sie. Sie taugen auch nicht viel,
aber Sie sind doch wenigstens ehrlich."

"Vielleicht," sagte Lorenzen. "Übrigens hat Kose¬
leger inmitten seiner Verbindlichkeiten und schönen Worte
doch auch wieder was Freies, beinah' Gewagtes und
ist mir da neulich mit Bekenntnissen gekommen, fast wie
ein Charakter."

Dubslav lachte hell auf. "Charakter. Aber Lorenzen.
Wie können Sie sich so hinters Licht führen lassen. Ich
verwette mich, er hat Ihnen irgend was über Ihre
,Gaben' gesagt; das ist jetzt so Lieblingswort, das die
Pastoren immer gegenseitig brauchen. Es soll bescheiden
und unpersönlich klingen und sozusagen alles auf In¬
spiration zurückführen, für die man ja, wie für alles,
was von oben kommt, am Ende nicht kann. Es ist
aber gerade dadurch das Hochmütigste ... War es so
was? Hat er meinen klugen Lorenzen, eh' er sich als
,Charakter' ausspielte, durch solche Schmeicheleien ein¬
gefangen?"

"Es war nicht so, Herr von Stechlin. Sie thun

und Vertrauen, als er am Donnerstag noch mit mir
plauderte.“

„Koſeleger voll Vertrauen! Na, dann geht es gewiß
in die Brüche. Wo Koſeleger Amen ſagt, das iſt ſchon
ſo gut wie letzte Ölung. Er hat keine glückliche Hand,
dieſer Ihr Amtsbruder und Vorgeſetzter.“

„Ich teile leider einigermaßen Ihre Bedenken gegen
ihn. Aber was vielleicht mit ihm verſöhnen kann, er
hat angenehme Formen und durchaus etwas Verbindliches.“

„Das hat er. Und doch, ſo ſehr ich ſonſt für
Formen und Verbindlichkeiten bin, nicht für ſeine. Man
ſoll einem Menſchen nicht ſeinen Namen vorhalten. Aber
Koſeleger! Ich weiß immer nicht, ob er mehr Koſe oder
mehr Leger iſt; vielleicht beides gleich. Er iſt wie 'ne
Baiſertorte, ſüß, aber ungeſund. Nein, Lorenzen, da
bin ich doch mehr für Sie. Sie taugen auch nicht viel,
aber Sie ſind doch wenigſtens ehrlich.“

„Vielleicht,“ ſagte Lorenzen. „Übrigens hat Koſe¬
leger inmitten ſeiner Verbindlichkeiten und ſchönen Worte
doch auch wieder was Freies, beinah' Gewagtes und
iſt mir da neulich mit Bekenntniſſen gekommen, faſt wie
ein Charakter.“

Dubslav lachte hell auf. „Charakter. Aber Lorenzen.
Wie können Sie ſich ſo hinters Licht führen laſſen. Ich
verwette mich, er hat Ihnen irgend was über Ihre
‚Gaben‘ geſagt; das iſt jetzt ſo Lieblingswort, das die
Paſtoren immer gegenſeitig brauchen. Es ſoll beſcheiden
und unperſönlich klingen und ſozuſagen alles auf In¬
ſpiration zurückführen, für die man ja, wie für alles,
was von oben kommt, am Ende nicht kann. Es iſt
aber gerade dadurch das Hochmütigſte ... War es ſo
was? Hat er meinen klugen Lorenzen, eh' er ſich als
‚Charakter‘ ausſpielte, durch ſolche Schmeicheleien ein¬
gefangen?“

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[233/0240] und Vertrauen, als er am Donnerstag noch mit mir plauderte.“ „Koſeleger voll Vertrauen! Na, dann geht es gewiß in die Brüche. Wo Koſeleger Amen ſagt, das iſt ſchon ſo gut wie letzte Ölung. Er hat keine glückliche Hand, dieſer Ihr Amtsbruder und Vorgeſetzter.“ „Ich teile leider einigermaßen Ihre Bedenken gegen ihn. Aber was vielleicht mit ihm verſöhnen kann, er hat angenehme Formen und durchaus etwas Verbindliches.“ „Das hat er. Und doch, ſo ſehr ich ſonſt für Formen und Verbindlichkeiten bin, nicht für ſeine. Man ſoll einem Menſchen nicht ſeinen Namen vorhalten. Aber Koſeleger! Ich weiß immer nicht, ob er mehr Koſe oder mehr Leger iſt; vielleicht beides gleich. Er iſt wie 'ne Baiſertorte, ſüß, aber ungeſund. Nein, Lorenzen, da bin ich doch mehr für Sie. Sie taugen auch nicht viel, aber Sie ſind doch wenigſtens ehrlich.“ „Vielleicht,“ ſagte Lorenzen. „Übrigens hat Koſe¬ leger inmitten ſeiner Verbindlichkeiten und ſchönen Worte doch auch wieder was Freies, beinah' Gewagtes und iſt mir da neulich mit Bekenntniſſen gekommen, faſt wie ein Charakter.“ Dubslav lachte hell auf. „Charakter. Aber Lorenzen. Wie können Sie ſich ſo hinters Licht führen laſſen. Ich verwette mich, er hat Ihnen irgend was über Ihre ‚Gaben‘ geſagt; das iſt jetzt ſo Lieblingswort, das die Paſtoren immer gegenſeitig brauchen. Es ſoll beſcheiden und unperſönlich klingen und ſozuſagen alles auf In¬ ſpiration zurückführen, für die man ja, wie für alles, was von oben kommt, am Ende nicht kann. Es iſt aber gerade dadurch das Hochmütigſte ... War es ſo was? Hat er meinen klugen Lorenzen, eh' er ſich als ‚Charakter‘ ausſpielte, durch ſolche Schmeicheleien ein¬ gefangen?“ „Es war nicht ſo, Herr von Stechlin. Sie thun

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/240>, abgerufen am 24.11.2024.