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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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lich Zahlen, die nicht gut widerlegt werden können, und
,Landbuch Kaiser Karls IV.' paßt beinah immer."

Rex hörte drüber hin, weil er in seinem Geiste mal
wieder einer allgemeineren und zugleich höheren Auffassung
der Dinge zustrebte. "Ja, meine Herren," hob er an,
"das geschmähte Mittelalter. Da verstand man's. Ich
wage den Ausspruch, den ich übrigens nicht einem Kunst¬
handbuch entnehme, sondern der langsam in mir heran¬
gereift ist: "Die Platzfrage geht über die Stilfrage." Jetzt
wählt man immer die häßlichste Stelle. Das Mittelalter
hatte noch keine Brillen, aber man sah besser."

"Gewiß," sagte Czako. "Aber dieser Angriff auf die
Brillen, Rex, ist nichts für Sie. Wer mit seinem
Pincenez oder Monocle so viel operiert ..."

Das Gespräch kam nicht weiter, weil in eben diesem
Augenblicke mächtige Turmuhrschläge vom Städtchen Wutz
her herüberklangen. Man hielt an, und jeder zählte.
"Vier." Kaum aber hatte die Uhr ausgeschlagen, so
begann eine zweite und that auch ihre vier Schläge.

"Das ist die Klosteruhr," sagte Czako.

"Warum?"

"Weil sie nachschlägt; alle Klosteruhren gehen nach.
Natürlich. Aber wie dem auch sei, Freund Woldemar
hat uns, glaub' ich, für vier Uhr angemeldet, und so
werden wir uns eilen müssen."


lich Zahlen, die nicht gut widerlegt werden können, und
‚Landbuch Kaiſer Karls IV.‘ paßt beinah immer.“

Rex hörte drüber hin, weil er in ſeinem Geiſte mal
wieder einer allgemeineren und zugleich höheren Auffaſſung
der Dinge zuſtrebte. „Ja, meine Herren,“ hob er an,
„das geſchmähte Mittelalter. Da verſtand man's. Ich
wage den Ausſpruch, den ich übrigens nicht einem Kunſt¬
handbuch entnehme, ſondern der langſam in mir heran¬
gereift iſt: „Die Platzfrage geht über die Stilfrage.“ Jetzt
wählt man immer die häßlichſte Stelle. Das Mittelalter
hatte noch keine Brillen, aber man ſah beſſer.“

„Gewiß,“ ſagte Czako. „Aber dieſer Angriff auf die
Brillen, Rex, iſt nichts für Sie. Wer mit ſeinem
Pincenez oder Monocle ſo viel operiert ...“

Das Geſpräch kam nicht weiter, weil in eben dieſem
Augenblicke mächtige Turmuhrſchläge vom Städtchen Wutz
her herüberklangen. Man hielt an, und jeder zählte.
„Vier.“ Kaum aber hatte die Uhr ausgeſchlagen, ſo
begann eine zweite und that auch ihre vier Schläge.

„Das iſt die Kloſteruhr,“ ſagte Czako.

„Warum?“

„Weil ſie nachſchlägt; alle Kloſteruhren gehen nach.
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hat uns, glaub' ich, für vier Uhr angemeldet, und ſo
werden wir uns eilen müſſen.“


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[93/0100] lich Zahlen, die nicht gut widerlegt werden können, und ‚Landbuch Kaiſer Karls IV.‘ paßt beinah immer.“ Rex hörte drüber hin, weil er in ſeinem Geiſte mal wieder einer allgemeineren und zugleich höheren Auffaſſung der Dinge zuſtrebte. „Ja, meine Herren,“ hob er an, „das geſchmähte Mittelalter. Da verſtand man's. Ich wage den Ausſpruch, den ich übrigens nicht einem Kunſt¬ handbuch entnehme, ſondern der langſam in mir heran¬ gereift iſt: „Die Platzfrage geht über die Stilfrage.“ Jetzt wählt man immer die häßlichſte Stelle. Das Mittelalter hatte noch keine Brillen, aber man ſah beſſer.“ „Gewiß,“ ſagte Czako. „Aber dieſer Angriff auf die Brillen, Rex, iſt nichts für Sie. Wer mit ſeinem Pincenez oder Monocle ſo viel operiert ...“ Das Geſpräch kam nicht weiter, weil in eben dieſem Augenblicke mächtige Turmuhrſchläge vom Städtchen Wutz her herüberklangen. Man hielt an, und jeder zählte. „Vier.“ Kaum aber hatte die Uhr ausgeſchlagen, ſo begann eine zweite und that auch ihre vier Schläge. „Das iſt die Kloſteruhr,“ ſagte Czako. „Warum?“ „Weil ſie nachſchlägt; alle Kloſteruhren gehen nach. Natürlich. Aber wie dem auch ſei, Freund Woldemar hat uns, glaub' ich, für vier Uhr angemeldet, und ſo werden wir uns eilen müſſen.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/100>, abgerufen am 22.11.2024.