Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.eine trüge, wenn nicht vorne, ganz nach unten zu, zwei kleine Knöpfe mit einem dazugehörigen Stück Zeug sichtbar geworden wären. Auch der Rock wirkte zeugknapp und fipperich, eine seiner Seitentaschen aber, aus der ein großes Taschentuch heraushing, stand weit ab und das wenige blonde Haar, dessen er selbst schon scherzhaft erwähnt hatte, war in zwei graugelben Strähnen links und rechts hinter das Ohr gestrichen. Demohnerachtet - wie schon die seidenglänzende Leinwand verriet - gebrach es ihm nicht an einer gewissen Eleganz. Um den Hemdkragen, der halb hochstand, halb niedergeklappt war, war ein seidenes Tuch geschlungen, vorn durch einen Ring zusammengehalten, während auf seiner fleischigen und etwas großporigen Nase eine goldene Brille saß. Letztere war in gewissem Sinne das wichtigste Stück seiner Ausrüstung. Er nahm sie beständig ab, sah sich, zugekniffenen Auges, die Gläser an, zog aus der abstehenden Tasche sein Taschentuch und begann zu reiben, zu hauchen und wieder zu reiben. Dann fuhr er mit dem Tuche nach der Stirn, tupfte sich die Schweißtropfen fort und setzte die Brille wieder auf, um nach fünf Minuten denselben Prozeß aufs neue zu beginnen. Alles übrigens, ohne seinen Redestrom auch nur einen Augenblick zu unterbrechen. eine trüge, wenn nicht vorne, ganz nach unten zu, zwei kleine Knöpfe mit einem dazugehörigen Stück Zeug sichtbar geworden wären. Auch der Rock wirkte zeugknapp und fipperich, eine seiner Seitentaschen aber, aus der ein großes Taschentuch heraushing, stand weit ab und das wenige blonde Haar, dessen er selbst schon scherzhaft erwähnt hatte, war in zwei graugelben Strähnen links und rechts hinter das Ohr gestrichen. Demohnerachtet – wie schon die seidenglänzende Leinwand verriet – gebrach es ihm nicht an einer gewissen Eleganz. Um den Hemdkragen, der halb hochstand, halb niedergeklappt war, war ein seidenes Tuch geschlungen, vorn durch einen Ring zusammengehalten, während auf seiner fleischigen und etwas großporigen Nase eine goldene Brille saß. Letztere war in gewissem Sinne das wichtigste Stück seiner Ausrüstung. Er nahm sie beständig ab, sah sich, zugekniffenen Auges, die Gläser an, zog aus der abstehenden Tasche sein Taschentuch und begann zu reiben, zu hauchen und wieder zu reiben. Dann fuhr er mit dem Tuche nach der Stirn, tupfte sich die Schweißtropfen fort und setzte die Brille wieder auf, um nach fünf Minuten denselben Prozeß aufs neue zu beginnen. Alles übrigens, ohne seinen Redestrom auch nur einen Augenblick zu unterbrechen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0094" n="92"/> eine trüge, wenn nicht vorne, ganz nach unten zu, zwei kleine Knöpfe mit einem dazugehörigen Stück Zeug sichtbar geworden wären. Auch der Rock wirkte zeugknapp und fipperich, eine seiner Seitentaschen aber, aus der ein großes Taschentuch heraushing, stand weit ab und das wenige blonde Haar, dessen er selbst schon scherzhaft erwähnt hatte, war in zwei graugelben Strähnen links und rechts hinter das Ohr gestrichen. Demohnerachtet – wie schon die seidenglänzende Leinwand verriet – gebrach es ihm nicht an einer gewissen Eleganz. Um den Hemdkragen, der halb hochstand, halb niedergeklappt war, war ein seidenes Tuch geschlungen, vorn durch einen Ring zusammengehalten, während auf seiner fleischigen und etwas großporigen Nase eine goldene Brille saß. Letztere war in gewissem Sinne das wichtigste Stück seiner Ausrüstung. Er nahm sie beständig ab, sah sich, zugekniffenen Auges, die Gläser an, zog aus der abstehenden Tasche sein Taschentuch und begann zu reiben, zu hauchen und wieder zu reiben. Dann fuhr er mit dem Tuche nach der Stirn, tupfte sich die Schweißtropfen fort und setzte die Brille wieder auf, um nach fünf Minuten denselben Prozeß aufs neue zu beginnen. Alles übrigens, ohne seinen Redestrom auch nur einen Augenblick zu unterbrechen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [92/0094]
eine trüge, wenn nicht vorne, ganz nach unten zu, zwei kleine Knöpfe mit einem dazugehörigen Stück Zeug sichtbar geworden wären. Auch der Rock wirkte zeugknapp und fipperich, eine seiner Seitentaschen aber, aus der ein großes Taschentuch heraushing, stand weit ab und das wenige blonde Haar, dessen er selbst schon scherzhaft erwähnt hatte, war in zwei graugelben Strähnen links und rechts hinter das Ohr gestrichen. Demohnerachtet – wie schon die seidenglänzende Leinwand verriet – gebrach es ihm nicht an einer gewissen Eleganz. Um den Hemdkragen, der halb hochstand, halb niedergeklappt war, war ein seidenes Tuch geschlungen, vorn durch einen Ring zusammengehalten, während auf seiner fleischigen und etwas großporigen Nase eine goldene Brille saß. Letztere war in gewissem Sinne das wichtigste Stück seiner Ausrüstung. Er nahm sie beständig ab, sah sich, zugekniffenen Auges, die Gläser an, zog aus der abstehenden Tasche sein Taschentuch und begann zu reiben, zu hauchen und wieder zu reiben. Dann fuhr er mit dem Tuche nach der Stirn, tupfte sich die Schweißtropfen fort und setzte die Brille wieder auf, um nach fünf Minuten denselben Prozeß aufs neue zu beginnen. Alles übrigens, ohne seinen Redestrom auch nur einen Augenblick zu unterbrechen.
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/94>, abgerufen am 16.02.2025. |