Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.Studienreisen war er monatelang einsam und hatte während dieser Einsamkeitstage keinen anderen geistigen Zuspruch als den, den ihm Bastians Werke gewährten, von denen er immer den einen oder andern Band mit sich führte. "Sein Stil," so viel gab er zu, "ist nicht immer leicht verständlich, aber ,leichtverständlich' - das kann schließlich jeder; Leichtverständlichkeit ist Kellnersache. Wer was Tiefes zu sagen hat, wird selber tief, und wer tief wird, wird dunkel." Unter Excursionen, wie die vorerwähnten, waren ihm viele Jahre vergangen, bis ihn häusliche Störungen (darunter auch persönliche Krankheit) fast ein Jahrzehnt lang an Fortsetzung der ihm ebenso zum Bedürfnis wie zur Gewohnheit gewordenen Ausflüge gehindert hatten. Erst ganz neuerdings, diesen letzten Sommer, war er nach wieder hergestellter Gesundheit zu seinem alten Programme zurückgekehrt und hatte seine Studienreisen in alter Lust und Liebe wieder aufgenommen, selbstverständlich ohne Gepäck, wenn man nicht ein zusammengerolltes, nur mit einem Minimum andrer Zuthat beschwertes Plaid als solches gelten lassen wollte. Mit Gepäck aber traf er heute, nach siebenwöchentlicher Abwesenheit, wieder in Berlin ein und zwar mit einer unterwegs erstandenen Weinkiste, darin er, von ein paar Nebensächlichkeiten abgesehen, Studienreisen war er monatelang einsam und hatte während dieser Einsamkeitstage keinen anderen geistigen Zuspruch als den, den ihm Bastians Werke gewährten, von denen er immer den einen oder andern Band mit sich führte. „Sein Stil,“ so viel gab er zu, „ist nicht immer leicht verständlich, aber ‚leichtverständlich‘ – das kann schließlich jeder; Leichtverständlichkeit ist Kellnersache. Wer was Tiefes zu sagen hat, wird selber tief, und wer tief wird, wird dunkel.“ Unter Excursionen, wie die vorerwähnten, waren ihm viele Jahre vergangen, bis ihn häusliche Störungen (darunter auch persönliche Krankheit) fast ein Jahrzehnt lang an Fortsetzung der ihm ebenso zum Bedürfnis wie zur Gewohnheit gewordenen Ausflüge gehindert hatten. Erst ganz neuerdings, diesen letzten Sommer, war er nach wieder hergestellter Gesundheit zu seinem alten Programme zurückgekehrt und hatte seine Studienreisen in alter Lust und Liebe wieder aufgenommen, selbstverständlich ohne Gepäck, wenn man nicht ein zusammengerolltes, nur mit einem Minimum andrer Zuthat beschwertes Plaid als solches gelten lassen wollte. Mit Gepäck aber traf er heute, nach siebenwöchentlicher Abwesenheit, wieder in Berlin ein und zwar mit einer unterwegs erstandenen Weinkiste, darin er, von ein paar Nebensächlichkeiten abgesehen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0229" n="227"/> Studienreisen war er monatelang einsam und hatte während dieser Einsamkeitstage keinen anderen geistigen Zuspruch als den, den ihm Bastians Werke gewährten, von denen er immer den einen oder andern Band mit sich führte. „Sein Stil,“ so viel gab er zu, „ist nicht immer leicht verständlich, aber ‚leichtverständlich‘ – das kann schließlich jeder; Leichtverständlichkeit ist Kellnersache. Wer was Tiefes zu sagen hat, wird selber tief, und wer tief wird, wird dunkel.“ Unter Excursionen, wie die vorerwähnten, waren ihm viele Jahre vergangen, bis ihn häusliche Störungen (darunter auch persönliche Krankheit) fast ein Jahrzehnt lang an Fortsetzung der ihm ebenso zum Bedürfnis wie zur Gewohnheit gewordenen Ausflüge gehindert hatten. Erst ganz neuerdings, diesen letzten Sommer, war er nach wieder hergestellter Gesundheit zu seinem alten Programme zurückgekehrt und hatte seine Studienreisen in alter Lust und Liebe wieder aufgenommen, selbstverständlich ohne Gepäck, wenn man nicht ein zusammengerolltes, nur mit einem Minimum andrer Zuthat beschwertes Plaid als solches gelten lassen wollte. <hi rendition="#g">Mit</hi> Gepäck aber traf er heute, nach siebenwöchentlicher Abwesenheit, wieder in Berlin ein und zwar mit einer unterwegs erstandenen Weinkiste, darin er, von ein paar Nebensächlichkeiten abgesehen, </p> </div> </body> </text> </TEI> [227/0229]
Studienreisen war er monatelang einsam und hatte während dieser Einsamkeitstage keinen anderen geistigen Zuspruch als den, den ihm Bastians Werke gewährten, von denen er immer den einen oder andern Band mit sich führte. „Sein Stil,“ so viel gab er zu, „ist nicht immer leicht verständlich, aber ‚leichtverständlich‘ – das kann schließlich jeder; Leichtverständlichkeit ist Kellnersache. Wer was Tiefes zu sagen hat, wird selber tief, und wer tief wird, wird dunkel.“ Unter Excursionen, wie die vorerwähnten, waren ihm viele Jahre vergangen, bis ihn häusliche Störungen (darunter auch persönliche Krankheit) fast ein Jahrzehnt lang an Fortsetzung der ihm ebenso zum Bedürfnis wie zur Gewohnheit gewordenen Ausflüge gehindert hatten. Erst ganz neuerdings, diesen letzten Sommer, war er nach wieder hergestellter Gesundheit zu seinem alten Programme zurückgekehrt und hatte seine Studienreisen in alter Lust und Liebe wieder aufgenommen, selbstverständlich ohne Gepäck, wenn man nicht ein zusammengerolltes, nur mit einem Minimum andrer Zuthat beschwertes Plaid als solches gelten lassen wollte. Mit Gepäck aber traf er heute, nach siebenwöchentlicher Abwesenheit, wieder in Berlin ein und zwar mit einer unterwegs erstandenen Weinkiste, darin er, von ein paar Nebensächlichkeiten abgesehen,
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/229>, abgerufen am 04.07.2024. |