Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.an zu heilen und die dritte Woche, da kann er wieder verdienen ... Ich kann nicht mehr verdienen, ich kann nicht mehr in den Wald und Beeren suchen. Und wenn auch ... Timm in Seydorf zahlt blos einen Pfennig, und einen Schein muß ich auch noch haben. Warum habt Ihr ihn in das Stift gebracht? Legler ist besser, der hat den Spruch ... O, Du heilge Jungfrau, vergieb mir meine Sünden ... Und Du heilger Theobald ... ich will auch kommen und in Deine Kapelle beichten gehen." Und sie knixte und bekreuzigte sich vor einem an eine Ofenkachel geklebten Muttergottesbilde. Aloys hatte wiederholentlich versucht, die Alte zu beruhigen, aber sie war nur immer heftiger geworden und hatte mit aller Bestimmtheit erklärt, sie müsse den Stephan wieder haben. Und weil sie damit fortfuhr, und Aloys, wenn er sich recht befragte, wohl auch ein gut Teil mehr an Legler als an Melchers glaubte, so war er zuletzt nachgiebig geworden und hatte versprochen, so's irgend ginge, der Mutter zu Willen zu sein. "Wir wollen sehen, Mutter, wir wollen sehen." Und dabei war's geblieben. an zu heilen und die dritte Woche, da kann er wieder verdienen … Ich kann nicht mehr verdienen, ich kann nicht mehr in den Wald und Beeren suchen. Und wenn auch … Timm in Seydorf zahlt blos einen Pfennig, und einen Schein muß ich auch noch haben. Warum habt Ihr ihn in das Stift gebracht? Legler ist besser, der hat den Spruch … O, Du heilge Jungfrau, vergieb mir meine Sünden … Und Du heilger Theobald … ich will auch kommen und in Deine Kapelle beichten gehen.“ Und sie knixte und bekreuzigte sich vor einem an eine Ofenkachel geklebten Muttergottesbilde. Aloys hatte wiederholentlich versucht, die Alte zu beruhigen, aber sie war nur immer heftiger geworden und hatte mit aller Bestimmtheit erklärt, sie müsse den Stephan wieder haben. Und weil sie damit fortfuhr, und Aloys, wenn er sich recht befragte, wohl auch ein gut Teil mehr an Legler als an Melchers glaubte, so war er zuletzt nachgiebig geworden und hatte versprochen, so’s irgend ginge, der Mutter zu Willen zu sein. „Wir wollen sehen, Mutter, wir wollen sehen.“ Und dabei war’s geblieben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0205" n="203"/> an zu heilen und die dritte Woche, da kann er wieder verdienen … <hi rendition="#g">Ich</hi> kann nicht mehr verdienen, ich kann nicht mehr in den Wald und Beeren suchen. Und wenn auch … Timm in Seydorf zahlt blos einen Pfennig, und einen Schein muß ich auch noch haben. Warum habt Ihr ihn in das Stift gebracht? Legler ist besser, der hat den Spruch … O, Du heilge Jungfrau, vergieb mir meine Sünden … Und Du heilger Theobald … ich will auch kommen und in Deine Kapelle beichten gehen.“ Und sie knixte und bekreuzigte sich vor einem an eine Ofenkachel geklebten Muttergottesbilde.</p><lb/> <p>Aloys hatte wiederholentlich versucht, die Alte zu beruhigen, aber sie war nur immer heftiger geworden und hatte mit aller Bestimmtheit erklärt, sie müsse den Stephan wieder haben. Und weil sie damit fortfuhr, und Aloys, wenn er sich recht befragte, wohl auch ein gut Teil mehr an Legler als an Melchers glaubte, so war er zuletzt nachgiebig geworden und hatte versprochen, so’s irgend ginge, der Mutter zu Willen zu sein. „Wir wollen sehen, Mutter, wir wollen sehen.“</p><lb/> <p>Und dabei war’s geblieben.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [203/0205]
an zu heilen und die dritte Woche, da kann er wieder verdienen … Ich kann nicht mehr verdienen, ich kann nicht mehr in den Wald und Beeren suchen. Und wenn auch … Timm in Seydorf zahlt blos einen Pfennig, und einen Schein muß ich auch noch haben. Warum habt Ihr ihn in das Stift gebracht? Legler ist besser, der hat den Spruch … O, Du heilge Jungfrau, vergieb mir meine Sünden … Und Du heilger Theobald … ich will auch kommen und in Deine Kapelle beichten gehen.“ Und sie knixte und bekreuzigte sich vor einem an eine Ofenkachel geklebten Muttergottesbilde.
Aloys hatte wiederholentlich versucht, die Alte zu beruhigen, aber sie war nur immer heftiger geworden und hatte mit aller Bestimmtheit erklärt, sie müsse den Stephan wieder haben. Und weil sie damit fortfuhr, und Aloys, wenn er sich recht befragte, wohl auch ein gut Teil mehr an Legler als an Melchers glaubte, so war er zuletzt nachgiebig geworden und hatte versprochen, so’s irgend ginge, der Mutter zu Willen zu sein. „Wir wollen sehen, Mutter, wir wollen sehen.“
Und dabei war’s geblieben.
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/205>, abgerufen am 25.07.2024. |