Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.land. In Emden zu Schiff und dann 4 Stunden auf See. Und 4 Stunden heißt allemal 6 Stunden. Und dann stößt das Schiff und die See rollt. Und Du wirst seekrank werden." "Ich werde nicht seekrank werden oder doch immer noch präsentabel. Glaube mir, James, der Wille thut viel dabei, wenn nicht alles. Auch das sind Erziehungssachen. Und schließlich, wenn ich es würde, so würde mich das nicht abschrecken, ein solches Opfer zu bringen, denn Norderney, um Dir's offen zu gestehen, gehört zu meinen angenehmen Erinnerungen. Und ich bin lange genug verheiratet, um mehr oder minder angenehme, jedenfalls aber poetische Erinnerungen gerne wieder aufzufrischen ..." "Ich bitte Dich, Leontine." "Ja, James, poetische Erinnerungen, trotzdem oder vielleicht auch weil ich damals noch ein halbes Kind war, nicht viel älter als unsre Lulu. Denke Dir, jeden Nachmittag, gleich nach Tisch, hatten wir eine Kegelpartie ..." "Dergleichen haben wir in Wilmersdorf auch. Selbst in Halensee ..." "Mit nichten, mon ami. Denn erstens war es ein Kegelspiel in den Dünen, mitten unter Strandhafer und blauen Disteln ..." "Nicht übel." land. In Emden zu Schiff und dann 4 Stunden auf See. Und 4 Stunden heißt allemal 6 Stunden. Und dann stößt das Schiff und die See rollt. Und Du wirst seekrank werden.“ „Ich werde nicht seekrank werden oder doch immer noch präsentabel. Glaube mir, James, der Wille thut viel dabei, wenn nicht alles. Auch das sind Erziehungssachen. Und schließlich, wenn ich es würde, so würde mich das nicht abschrecken, ein solches Opfer zu bringen, denn Norderney, um Dir’s offen zu gestehen, gehört zu meinen angenehmen Erinnerungen. Und ich bin lange genug verheiratet, um mehr oder minder angenehme, jedenfalls aber poetische Erinnerungen gerne wieder aufzufrischen …“ „Ich bitte Dich, Leontine.“ „Ja, James, poetische Erinnerungen, trotzdem oder vielleicht auch weil ich damals noch ein halbes Kind war, nicht viel älter als unsre Lulu. Denke Dir, jeden Nachmittag, gleich nach Tisch, hatten wir eine Kegelpartie …“ „Dergleichen haben wir in Wilmersdorf auch. Selbst in Halensee …“ „Mit nichten, mon ami. Denn erstens war es ein Kegelspiel in den Dünen, mitten unter Strandhafer und blauen Disteln …“ „Nicht übel.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0135" n="133"/> land. In Emden zu Schiff und dann 4 Stunden auf See. Und 4 Stunden heißt allemal 6 Stunden. Und dann stößt das Schiff und die See rollt. Und Du wirst seekrank werden.“</p><lb/> <p>„Ich werde <hi rendition="#g">nicht</hi> seekrank werden oder doch immer noch präsentabel. Glaube mir, James, der Wille thut viel dabei, wenn nicht alles. Auch <hi rendition="#g">das</hi> sind Erziehungssachen. Und schließlich, <hi rendition="#g">wenn</hi> ich es würde, so würde mich das nicht abschrecken, ein solches Opfer zu bringen, denn Norderney, um Dir’s offen zu gestehen, gehört zu meinen angenehmen Erinnerungen. Und ich bin lange genug verheiratet, um mehr oder minder angenehme, jedenfalls aber poetische Erinnerungen gerne wieder aufzufrischen …“</p><lb/> <p>„Ich bitte Dich, Leontine.“</p><lb/> <p>„Ja, James, <hi rendition="#g">poetische</hi> Erinnerungen, trotzdem oder vielleicht auch <hi rendition="#g">weil</hi> ich damals noch ein halbes Kind war, nicht viel älter als unsre Lulu. Denke Dir, jeden Nachmittag, gleich nach Tisch, hatten wir eine Kegelpartie …“</p><lb/> <p>„Dergleichen haben wir in Wilmersdorf auch. Selbst in Halensee …“</p><lb/> <p>„Mit nichten, mon ami. Denn erstens war es ein Kegelspiel in den Dünen, mitten unter Strandhafer und blauen Disteln …“</p><lb/> <p>„Nicht übel.“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [133/0135]
land. In Emden zu Schiff und dann 4 Stunden auf See. Und 4 Stunden heißt allemal 6 Stunden. Und dann stößt das Schiff und die See rollt. Und Du wirst seekrank werden.“
„Ich werde nicht seekrank werden oder doch immer noch präsentabel. Glaube mir, James, der Wille thut viel dabei, wenn nicht alles. Auch das sind Erziehungssachen. Und schließlich, wenn ich es würde, so würde mich das nicht abschrecken, ein solches Opfer zu bringen, denn Norderney, um Dir’s offen zu gestehen, gehört zu meinen angenehmen Erinnerungen. Und ich bin lange genug verheiratet, um mehr oder minder angenehme, jedenfalls aber poetische Erinnerungen gerne wieder aufzufrischen …“
„Ich bitte Dich, Leontine.“
„Ja, James, poetische Erinnerungen, trotzdem oder vielleicht auch weil ich damals noch ein halbes Kind war, nicht viel älter als unsre Lulu. Denke Dir, jeden Nachmittag, gleich nach Tisch, hatten wir eine Kegelpartie …“
„Dergleichen haben wir in Wilmersdorf auch. Selbst in Halensee …“
„Mit nichten, mon ami. Denn erstens war es ein Kegelspiel in den Dünen, mitten unter Strandhafer und blauen Disteln …“
„Nicht übel.“
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(2014-01-22T15:28:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2014-01-22T15:28:28Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Anmerkungen zur Transkription:
Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.
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