Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.aber ich zweifle, daß seine ritterlichen Gesinnungen ihm diese Fahnenflucht gestatten." "Es wird sich leider verbieten, Herr von Klessentin," sagte Therese mit einem bedeutungsvollen Lächeln. "Und was die Berliner Luft angeht, ich glaube, wir haben sie in der Großgörschenstraße reiner als in der Friedrichstraße ..." "Reiner, aber nicht echter ... mein gnädigstes Fräulein." Leo, der inzwischen die Rechnung beglichen hatte, gesellte sich ihnen wieder, und so brach man denn in corpore auf: der General mit Therese, Leo mit Manon, Herr von Klessentin mit Sophie, die weniger gesprochen, aber durch ihre Mienen all die Zeit über ein besonderes Jnteresse gezeigt hatte. Sie fragte während ihres jetzt beginnenden Geplauders mit ihrem Partner auch nach Fräulein Conrad, von deren Verlobung sie ganz vor kurzem gehört habe. "Der Verlobte", so bemerkte sie, "soll ein sehr scharfer Kritiker sein. Jch denke es mir schwer, einen Kritiker immer zur Seite zu haben. Es bedrückt und lähmt den höheren Flug." "Nicht immer. Wer fliegen kann, fliegt doch." "Jch freue mich, das aus Jhrem Munde zu hören ..." Und bei diesen Worten hatte man die Ecke der aber ich zweifle, daß seine ritterlichen Gesinnungen ihm diese Fahnenflucht gestatten.“ „Es wird sich leider verbieten, Herr von Klessentin,“ sagte Therese mit einem bedeutungsvollen Lächeln. „Und was die Berliner Luft angeht, ich glaube, wir haben sie in der Großgörschenstraße reiner als in der Friedrichstraße …“ „Reiner, aber nicht echter … mein gnädigstes Fräulein.“ Leo, der inzwischen die Rechnung beglichen hatte, gesellte sich ihnen wieder, und so brach man denn in corpore auf: der General mit Therese, Leo mit Manon, Herr von Klessentin mit Sophie, die weniger gesprochen, aber durch ihre Mienen all die Zeit über ein besonderes Jnteresse gezeigt hatte. Sie fragte während ihres jetzt beginnenden Geplauders mit ihrem Partner auch nach Fräulein Conrad, von deren Verlobung sie ganz vor kurzem gehört habe. „Der Verlobte“, so bemerkte sie, „soll ein sehr scharfer Kritiker sein. Jch denke es mir schwer, einen Kritiker immer zur Seite zu haben. Es bedrückt und lähmt den höheren Flug.“ „Nicht immer. Wer fliegen kann, fliegt doch.“ „Jch freue mich, das aus Jhrem Munde zu hören …“ Und bei diesen Worten hatte man die Ecke der <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0087" n="80"/> aber ich zweifle, daß seine ritterlichen Gesinnungen ihm diese Fahnenflucht gestatten.“</p><lb/> <p>„Es wird sich leider verbieten, Herr von Klessentin,“ sagte Therese mit einem bedeutungsvollen Lächeln. „Und was die Berliner Luft angeht, ich glaube, wir haben sie in der Großgörschenstraße reiner als in der Friedrichstraße …“</p><lb/> <p>„Reiner, aber nicht echter … mein gnädigstes Fräulein.“</p><lb/> <p>Leo, der inzwischen die Rechnung beglichen hatte, gesellte sich ihnen wieder, und so brach man denn in corpore auf: der General mit Therese, Leo mit Manon, Herr von Klessentin mit Sophie, die weniger gesprochen, aber durch ihre Mienen all die Zeit über ein besonderes Jnteresse gezeigt hatte.</p><lb/> <p>Sie fragte während ihres jetzt beginnenden Geplauders mit ihrem Partner auch nach Fräulein Conrad, von deren Verlobung sie ganz vor kurzem gehört habe. „Der Verlobte“, so bemerkte sie, „soll ein sehr scharfer Kritiker sein. Jch denke es mir schwer, einen Kritiker immer zur Seite zu haben. Es bedrückt und lähmt den höheren Flug.“</p><lb/> <p>„Nicht immer. Wer fliegen kann, fliegt doch.“</p><lb/> <p>„Jch freue mich, das aus Jhrem Munde zu hören …“</p><lb/> <p>Und bei diesen Worten hatte man die Ecke der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [80/0087]
aber ich zweifle, daß seine ritterlichen Gesinnungen ihm diese Fahnenflucht gestatten.“
„Es wird sich leider verbieten, Herr von Klessentin,“ sagte Therese mit einem bedeutungsvollen Lächeln. „Und was die Berliner Luft angeht, ich glaube, wir haben sie in der Großgörschenstraße reiner als in der Friedrichstraße …“
„Reiner, aber nicht echter … mein gnädigstes Fräulein.“
Leo, der inzwischen die Rechnung beglichen hatte, gesellte sich ihnen wieder, und so brach man denn in corpore auf: der General mit Therese, Leo mit Manon, Herr von Klessentin mit Sophie, die weniger gesprochen, aber durch ihre Mienen all die Zeit über ein besonderes Jnteresse gezeigt hatte.
Sie fragte während ihres jetzt beginnenden Geplauders mit ihrem Partner auch nach Fräulein Conrad, von deren Verlobung sie ganz vor kurzem gehört habe. „Der Verlobte“, so bemerkte sie, „soll ein sehr scharfer Kritiker sein. Jch denke es mir schwer, einen Kritiker immer zur Seite zu haben. Es bedrückt und lähmt den höheren Flug.“
„Nicht immer. Wer fliegen kann, fliegt doch.“
„Jch freue mich, das aus Jhrem Munde zu hören …“
Und bei diesen Worten hatte man die Ecke der
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/87>, abgerufen am 28.07.2024. |