Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.

Bild:
<< vorherige Seite

Malicen, aber wenn man sich so verschwindend klein fühlt, hat man nichts als Schändlichkeiten, um sich vor sich und andern zu behaupten. Der Wurm krümmt sich. Jch schreibe morgen wieder, vielleicht noch heute, wenn mir das Rekrutenexerzieren nicht den Lebensodem nimmt. "Dobry, dobry" und dazwischen "Schafskopp". Tausend Grüße.

Dein Leo.

An den Rand der Karte war noch eine Nachschrift gekritzelt.

"Eben kommt eine Einladung zu heut abend; engster Zirkel. Wohin, brauche ich Dir wohl nicht erst zu sagen. Esther übrigens heute früh schon am Fenster gesehen, - pompös, ja, fast Pomposissima, was mich ein wenig ängstigt. Denn sie ist erst 18. Wohin soll das am Ende führen?"



Drei Tage nach Empfang antwortete Manon.


Mein lieber Leo! Habe Dank für Deine Zeilen, die mich herzlich erfreut haben, weil sie so ganz Du selbst waren. Deine Karte, glücklicherweise couvertiert, kam zugleich mit einem Briefe von Sophie. Da sah man so recht den Unterschied. Sophie immer ich möchte sagen Palette in Hand, immer künstlerisch, immer gefühlvoll und immer dankbar. Namentlich

Malicen, aber wenn man sich so verschwindend klein fühlt, hat man nichts als Schändlichkeiten, um sich vor sich und andern zu behaupten. Der Wurm krümmt sich. Jch schreibe morgen wieder, vielleicht noch heute, wenn mir das Rekrutenexerzieren nicht den Lebensodem nimmt. „Dobry, dobry“ und dazwischen „Schafskopp“. Tausend Grüße.

Dein Leo.

An den Rand der Karte war noch eine Nachschrift gekritzelt.

„Eben kommt eine Einladung zu heut abend; engster Zirkel. Wohin, brauche ich Dir wohl nicht erst zu sagen. Esther übrigens heute früh schon am Fenster gesehen, – pompös, ja, fast Pomposissima, was mich ein wenig ängstigt. Denn sie ist erst 18. Wohin soll das am Ende führen?“



Drei Tage nach Empfang antwortete Manon.


Mein lieber Leo! Habe Dank für Deine Zeilen, die mich herzlich erfreut haben, weil sie so ganz Du selbst waren. Deine Karte, glücklicherweise couvertiert, kam zugleich mit einem Briefe von Sophie. Da sah man so recht den Unterschied. Sophie immer ich möchte sagen Palette in Hand, immer künstlerisch, immer gefühlvoll und immer dankbar. Namentlich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <p><pb facs="#f0127" n="120"/>
Malicen, aber wenn man sich so                                  verschwindend klein fühlt, hat man nichts als Schändlichkeiten, um                                  sich vor sich und andern zu behaupten. Der Wurm krümmt sich. Jch                                  schreibe morgen wieder, vielleicht noch heute, wenn mir das                                  Rekrutenexerzieren nicht den Lebensodem nimmt. &#x201E;Dobry, dobry&#x201C; und                                  dazwischen &#x201E;Schafskopp&#x201C;. Tausend Grüße.</p><lb/>
              <closer>
                <signed>Dein Leo.</signed>
              </closer><lb/>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
        <p>An den Rand der Karte war noch eine Nachschrift gekritzelt.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Eben kommt eine Einladung zu heut abend; engster Zirkel. Wohin, brauche ich Dir                      wohl nicht erst zu sagen. Esther übrigens heute früh schon am Fenster gesehen, &#x2013;                      pompös, ja, fast Pomposissima, was mich ein wenig ängstigt. Denn sie ist erst                      18. Wohin soll das am Ende führen?&#x201C;</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Drei Tage nach Empfang antwortete Manon.</p><lb/>
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <dateline>Berlin, 12. Januar.</dateline><lb/>
              <p>Mein lieber Leo! Habe Dank für Deine Zeilen, die mich herzlich                                  erfreut haben, weil sie so ganz Du selbst waren. Deine Karte,                                  glücklicherweise couvertiert, kam zugleich mit einem Briefe von                                  Sophie. Da sah man so recht den Unterschied. Sophie immer ich möchte                                  sagen Palette in Hand, immer künstlerisch, immer gefühlvoll und                                  immer dankbar. Namentlich<lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0127] Malicen, aber wenn man sich so verschwindend klein fühlt, hat man nichts als Schändlichkeiten, um sich vor sich und andern zu behaupten. Der Wurm krümmt sich. Jch schreibe morgen wieder, vielleicht noch heute, wenn mir das Rekrutenexerzieren nicht den Lebensodem nimmt. „Dobry, dobry“ und dazwischen „Schafskopp“. Tausend Grüße. Dein Leo. An den Rand der Karte war noch eine Nachschrift gekritzelt. „Eben kommt eine Einladung zu heut abend; engster Zirkel. Wohin, brauche ich Dir wohl nicht erst zu sagen. Esther übrigens heute früh schon am Fenster gesehen, – pompös, ja, fast Pomposissima, was mich ein wenig ängstigt. Denn sie ist erst 18. Wohin soll das am Ende führen?“ Drei Tage nach Empfang antwortete Manon. Berlin, 12. Januar. Mein lieber Leo! Habe Dank für Deine Zeilen, die mich herzlich erfreut haben, weil sie so ganz Du selbst waren. Deine Karte, glücklicherweise couvertiert, kam zugleich mit einem Briefe von Sophie. Da sah man so recht den Unterschied. Sophie immer ich möchte sagen Palette in Hand, immer künstlerisch, immer gefühlvoll und immer dankbar. Namentlich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T11:03:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T11:03:16Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/127
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/127>, abgerufen am 03.12.2024.