Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894."freien Sonntag" hatte, das Geschäftliche persönlich übernehmen, also statt seiner auf "Wache zu ziehn". Mein Vater fand dies immer etwas "inferior" für einen Mann von seinen Qualitäten, jedenfalls aber sehr langweilig, weßhalb er nie unterließ, sich für die Nachmittags- und Abendstunden eine Spielpartie einzuladen. Da zu dieser, wenn irgend möglich, auch die beiden Doktoren der Stadt gehörten, so war er auf diese Weise ziemlich sicher, vor Mixturenmischen und Aehnlichem bewahrt zu bleiben. Solche Einladung an zwei, drei Freunde war auch an dem hier zu schildernden Tage ergangen, wir aber fuhren, in aller Frühe schon, auf die Oberförsterei zu, denn es war ein weiter Weg, erst Ahlbeck, dann Heringsdorf, dann Gothen und zuletzt Pudagla selbst, das in einem weiten Bezirk kostbarer alter Buchen lag. Nach dem Strand hin, in einiger Entfernung, erhob sich der Streckelberg, der höchste Berg dieser Gegenden, zu dessen Füßen Vineta gelegen haben soll. Um 10 waren wir draußen, frühstückten, und bewunderten zunächst ein junges Reh, das man, in einem Abschlag des großen Gemüsegartens, eingehegt hatte. Dann gingen wir zu Tisch. Gegen 4 Uhr, so war das Nachmittagsprogramm, wollten wir in den Wald und „freien Sonntag“ hatte, das Geschäftliche persönlich übernehmen, also statt seiner auf „Wache zu ziehn“. Mein Vater fand dies immer etwas „inferior“ für einen Mann von seinen Qualitäten, jedenfalls aber sehr langweilig, weßhalb er nie unterließ, sich für die Nachmittags- und Abendstunden eine Spielpartie einzuladen. Da zu dieser, wenn irgend möglich, auch die beiden Doktoren der Stadt gehörten, so war er auf diese Weise ziemlich sicher, vor Mixturenmischen und Aehnlichem bewahrt zu bleiben. Solche Einladung an zwei, drei Freunde war auch an dem hier zu schildernden Tage ergangen, wir aber fuhren, in aller Frühe schon, auf die Oberförsterei zu, denn es war ein weiter Weg, erst Ahlbeck, dann Heringsdorf, dann Gothen und zuletzt Pudagla selbst, das in einem weiten Bezirk kostbarer alter Buchen lag. Nach dem Strand hin, in einiger Entfernung, erhob sich der Streckelberg, der höchste Berg dieser Gegenden, zu dessen Füßen Vineta gelegen haben soll. Um 10 waren wir draußen, frühstückten, und bewunderten zunächst ein junges Reh, das man, in einem Abschlag des großen Gemüsegartens, eingehegt hatte. Dann gingen wir zu Tisch. Gegen 4 Uhr, so war das Nachmittagsprogramm, wollten wir in den Wald und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0185" n="177"/> „freien Sonntag“ hatte, das Geschäftliche persönlich übernehmen, also statt seiner auf „Wache zu ziehn“. Mein Vater fand dies immer etwas „inferior“ für einen Mann von seinen Qualitäten, jedenfalls aber sehr langweilig, weßhalb er nie unterließ, sich für die Nachmittags- und Abendstunden eine Spielpartie einzuladen. Da zu dieser, wenn irgend möglich, auch die beiden Doktoren der Stadt gehörten, so war er auf diese Weise ziemlich sicher, vor Mixturenmischen und Aehnlichem bewahrt zu bleiben. Solche Einladung an zwei, drei Freunde war auch an dem hier zu schildernden Tage ergangen, wir aber fuhren, in aller Frühe schon, auf die Oberförsterei zu, denn es war ein weiter Weg, erst Ahlbeck, dann Heringsdorf, dann Gothen und zuletzt Pudagla selbst, das in einem weiten Bezirk kostbarer alter Buchen lag. Nach dem Strand hin, in einiger Entfernung, erhob sich der Streckelberg, der höchste Berg dieser Gegenden, zu dessen Füßen Vineta gelegen haben soll. Um 10 waren wir draußen, frühstückten, und bewunderten zunächst ein junges Reh, das man, in einem Abschlag des großen Gemüsegartens, eingehegt hatte. Dann gingen wir zu Tisch. Gegen 4 Uhr, so war das Nachmittagsprogramm, wollten wir in den Wald und </p> </div> </body> </text> </TEI> [177/0185]
„freien Sonntag“ hatte, das Geschäftliche persönlich übernehmen, also statt seiner auf „Wache zu ziehn“. Mein Vater fand dies immer etwas „inferior“ für einen Mann von seinen Qualitäten, jedenfalls aber sehr langweilig, weßhalb er nie unterließ, sich für die Nachmittags- und Abendstunden eine Spielpartie einzuladen. Da zu dieser, wenn irgend möglich, auch die beiden Doktoren der Stadt gehörten, so war er auf diese Weise ziemlich sicher, vor Mixturenmischen und Aehnlichem bewahrt zu bleiben. Solche Einladung an zwei, drei Freunde war auch an dem hier zu schildernden Tage ergangen, wir aber fuhren, in aller Frühe schon, auf die Oberförsterei zu, denn es war ein weiter Weg, erst Ahlbeck, dann Heringsdorf, dann Gothen und zuletzt Pudagla selbst, das in einem weiten Bezirk kostbarer alter Buchen lag. Nach dem Strand hin, in einiger Entfernung, erhob sich der Streckelberg, der höchste Berg dieser Gegenden, zu dessen Füßen Vineta gelegen haben soll. Um 10 waren wir draußen, frühstückten, und bewunderten zunächst ein junges Reh, das man, in einem Abschlag des großen Gemüsegartens, eingehegt hatte. Dann gingen wir zu Tisch. Gegen 4 Uhr, so war das Nachmittagsprogramm, wollten wir in den Wald und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-01-21T13:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Digitale Drucke der Uni Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-21T13:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-21T13:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |