Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

in späteren Jahren noch, öfters und in allerhand Einzelheiten gedacht wurde, will ich hier erzählen. Man war schon beim Dessert und sang eben ein Lied, das Conrektor Beda, ein Stiefsohn der in einem früheren Kapitel erwähnten schönen Frau gleiches Namens, nach der Melodie von "O, Schill, Dein Säbel thut weh" gedichtet hatte. Meine Mutter und deren Schwester - die Kaffeestunde rückte bereits heran - hatten wie herkömmlich auf dem gelben Moiree-Sopha Platz genommen, ich selber aber war auf gut Glück mit hereingeschlüpft und hielt mich in Nähe von Consul Thompson, der sich denn auch ein Vergnügen daraus machte, mir, zum Aerger meiner Mutter, immer neue Massen von Traubenrosinen zuzustecken. Thompson, bequem in allem, sang das Schill-Lied nicht mit und nur immer, wenn der Refrain kam, fiel er mit aller Macht ein. Am obren Ende der Tafel aber saß Kommerzienrath Krause und sagte, während er sich, als das Lied schwieg, zu meinem Vater wandte: "Sage mir, lieber Bruder, bei diesem Liede von Schill oder doch nach der Melodie von Schill, ist mir mit einem Male wieder "Bertrands Abschied" eingefallen. In welchem Zusammenhange weiß ich nicht und ist auch am Ende gleichgültig; ich möchte nur wissen, ist dieser Bertrand in "Bertrands

in späteren Jahren noch, öfters und in allerhand Einzelheiten gedacht wurde, will ich hier erzählen. Man war schon beim Dessert und sang eben ein Lied, das Conrektor Beda, ein Stiefsohn der in einem früheren Kapitel erwähnten schönen Frau gleiches Namens, nach der Melodie von „O, Schill, Dein Säbel thut weh“ gedichtet hatte. Meine Mutter und deren Schwester – die Kaffeestunde rückte bereits heran – hatten wie herkömmlich auf dem gelben Moirée-Sopha Platz genommen, ich selber aber war auf gut Glück mit hereingeschlüpft und hielt mich in Nähe von Consul Thompson, der sich denn auch ein Vergnügen daraus machte, mir, zum Aerger meiner Mutter, immer neue Massen von Traubenrosinen zuzustecken. Thompson, bequem in allem, sang das Schill-Lied nicht mit und nur immer, wenn der Refrain kam, fiel er mit aller Macht ein. Am obren Ende der Tafel aber saß Kommerzienrath Krause und sagte, während er sich, als das Lied schwieg, zu meinem Vater wandte: „Sage mir, lieber Bruder, bei diesem Liede von Schill oder doch nach der Melodie von Schill, ist mir mit einem Male wieder „Bertrands Abschied“ eingefallen. In welchem Zusammenhange weiß ich nicht und ist auch am Ende gleichgültig; ich möchte nur wissen, ist dieser Bertrand in „Bertrands

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0167" n="159"/>
in späteren Jahren noch, öfters und in allerhand Einzelheiten gedacht wurde, will ich hier erzählen. Man war schon beim Dessert und sang eben ein Lied, <choice><sic>des</sic><corr type="editorial">das</corr></choice> Conrektor Beda, ein Stiefsohn der in einem früheren Kapitel erwähnten schönen Frau gleiches Namens, nach der Melodie von &#x201E;O, Schill, Dein Säbel thut weh&#x201C; gedichtet hatte. Meine Mutter und deren Schwester &#x2013; die Kaffeestunde rückte bereits heran &#x2013; hatten wie herkömmlich auf dem gelben Moirée-Sopha Platz genommen, ich selber aber war auf gut Glück mit hereingeschlüpft und hielt mich in Nähe von Consul Thompson, der sich denn auch ein Vergnügen daraus machte, mir, zum Aerger meiner Mutter, immer neue Massen von Traubenrosinen zuzustecken. Thompson, bequem in allem, sang das Schill-Lied nicht mit und nur immer, wenn der Refrain kam, fiel er mit aller Macht ein. Am obren Ende der Tafel aber saß Kommerzienrath Krause und sagte, während er sich, als das Lied schwieg, zu meinem Vater wandte: &#x201E;Sage mir, lieber Bruder, bei diesem Liede von Schill oder doch nach der Melodie von Schill, ist mir mit einem Male wieder &#x201E;Bertrands Abschied&#x201C; eingefallen. In welchem Zusammenhange weiß ich nicht und ist auch am Ende gleichgültig; ich möchte nur wissen, ist dieser Bertrand in &#x201E;Bertrands
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0167] in späteren Jahren noch, öfters und in allerhand Einzelheiten gedacht wurde, will ich hier erzählen. Man war schon beim Dessert und sang eben ein Lied, das Conrektor Beda, ein Stiefsohn der in einem früheren Kapitel erwähnten schönen Frau gleiches Namens, nach der Melodie von „O, Schill, Dein Säbel thut weh“ gedichtet hatte. Meine Mutter und deren Schwester – die Kaffeestunde rückte bereits heran – hatten wie herkömmlich auf dem gelben Moirée-Sopha Platz genommen, ich selber aber war auf gut Glück mit hereingeschlüpft und hielt mich in Nähe von Consul Thompson, der sich denn auch ein Vergnügen daraus machte, mir, zum Aerger meiner Mutter, immer neue Massen von Traubenrosinen zuzustecken. Thompson, bequem in allem, sang das Schill-Lied nicht mit und nur immer, wenn der Refrain kam, fiel er mit aller Macht ein. Am obren Ende der Tafel aber saß Kommerzienrath Krause und sagte, während er sich, als das Lied schwieg, zu meinem Vater wandte: „Sage mir, lieber Bruder, bei diesem Liede von Schill oder doch nach der Melodie von Schill, ist mir mit einem Male wieder „Bertrands Abschied“ eingefallen. In welchem Zusammenhange weiß ich nicht und ist auch am Ende gleichgültig; ich möchte nur wissen, ist dieser Bertrand in „Bertrands

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-21T13:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Digitale Drucke der Uni Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-21T13:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-21T13:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Worttrennungen am Zeilenende werden ignoriert. Das Wort wird noch auf der gleichen Seite vervollständigt.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894/167
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894/167>, abgerufen am 23.11.2024.