Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894.und Spickgans, dann ein ungeheurer Braten und zum Schluß eine süße Speise, sammt Früchten, Pfefferkuchen und Königsberger Marzipan. Eine fast noch größere Einfachheit herrschte hinsichtlich der Weine; nach der Suppe wurde Sherry gereicht, dann aber trat ein Rothwein von mäßigem Preis und mäßiger Güte seine Herrschaft an und hielt sich bis zum Kaffee. Das Besondere, das diese Festlichkeiten hatten, lag also nicht im Materiellen, sondern, sonderbar zu sagen, in einem gewissen geistigen Element, in dem Ton der herrschte. Dieser war, auf Anfang und Ende hin angesehen, ein sehr verschiedener. Den Anfang machten fein stilisirte Toaste, mitunter - namentlich wenn das Fest zugleich noch ein Familienfest, also Geburtstagsfeier oder dem Ähnliches war - auch Verse, die, was Formgewandheit und glückliche Pointen angeht, nichts zu wünschen übrig ließen. Ich habe noch vor Kurzem wieder Einiges derart unter den Papieren meines Vaters gefunden und bin erstaunt gewesen, wie gut das Alles war. Humor, Witz, Wortspiele fehlten nie, bei besondern Gelegenheiten aber kam auch das Gefühlvolle zum Ausdruck und die, die einem richtigen Gefühl am fernsten, dem Delirium aber am nächsten standen, erhoben sich dann regelmäßig von ihren Plätzen und gingen auf den Redner zu, um diesen und Spickgans, dann ein ungeheurer Braten und zum Schluß eine süße Speise, sammt Früchten, Pfefferkuchen und Königsberger Marzipan. Eine fast noch größere Einfachheit herrschte hinsichtlich der Weine; nach der Suppe wurde Sherry gereicht, dann aber trat ein Rothwein von mäßigem Preis und mäßiger Güte seine Herrschaft an und hielt sich bis zum Kaffee. Das Besondere, das diese Festlichkeiten hatten, lag also nicht im Materiellen, sondern, sonderbar zu sagen, in einem gewissen geistigen Element, in dem Ton der herrschte. Dieser war, auf Anfang und Ende hin angesehen, ein sehr verschiedener. Den Anfang machten fein stilisirte Toaste, mitunter – namentlich wenn das Fest zugleich noch ein Familienfest, also Geburtstagsfeier oder dem Ähnliches war – auch Verse, die, was Formgewandheit und glückliche Pointen angeht, nichts zu wünschen übrig ließen. Ich habe noch vor Kurzem wieder Einiges derart unter den Papieren meines Vaters gefunden und bin erstaunt gewesen, wie gut das Alles war. Humor, Witz, Wortspiele fehlten nie, bei besondern Gelegenheiten aber kam auch das Gefühlvolle zum Ausdruck und die, die einem richtigen Gefühl am fernsten, dem Delirium aber am nächsten standen, erhoben sich dann regelmäßig von ihren Plätzen und gingen auf den Redner zu, um diesen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0163" n="155"/> und Spickgans, dann ein ungeheurer Braten und zum Schluß eine süße Speise, sammt Früchten, Pfefferkuchen und Königsberger Marzipan. Eine fast noch größere Einfachheit herrschte hinsichtlich der Weine; nach der Suppe wurde Sherry gereicht, dann aber trat ein Rothwein von mäßigem Preis und mäßiger Güte seine Herrschaft an und hielt sich bis zum Kaffee. Das Besondere, das diese Festlichkeiten hatten, lag also nicht im Materiellen, sondern, sonderbar zu sagen, in einem gewissen geistigen Element, in dem Ton der herrschte. Dieser war, auf Anfang und Ende hin angesehen, ein sehr verschiedener. Den Anfang machten fein stilisirte Toaste, mitunter – namentlich wenn das Fest zugleich noch ein Familienfest, also Geburtstagsfeier oder dem Ähnliches war – auch Verse, die, was Formgewandheit und glückliche Pointen angeht, nichts zu wünschen übrig ließen. Ich habe noch vor Kurzem wieder Einiges derart unter den Papieren meines Vaters gefunden und bin erstaunt gewesen, wie gut das Alles war. Humor, Witz, Wortspiele fehlten nie, bei besondern Gelegenheiten aber kam auch das Gefühlvolle zum Ausdruck und die, die einem richtigen Gefühl am fernsten, dem Delirium aber am nächsten standen, erhoben sich dann regelmäßig von ihren Plätzen und gingen auf den Redner zu, um diesen </p> </div> </body> </text> </TEI> [155/0163]
und Spickgans, dann ein ungeheurer Braten und zum Schluß eine süße Speise, sammt Früchten, Pfefferkuchen und Königsberger Marzipan. Eine fast noch größere Einfachheit herrschte hinsichtlich der Weine; nach der Suppe wurde Sherry gereicht, dann aber trat ein Rothwein von mäßigem Preis und mäßiger Güte seine Herrschaft an und hielt sich bis zum Kaffee. Das Besondere, das diese Festlichkeiten hatten, lag also nicht im Materiellen, sondern, sonderbar zu sagen, in einem gewissen geistigen Element, in dem Ton der herrschte. Dieser war, auf Anfang und Ende hin angesehen, ein sehr verschiedener. Den Anfang machten fein stilisirte Toaste, mitunter – namentlich wenn das Fest zugleich noch ein Familienfest, also Geburtstagsfeier oder dem Ähnliches war – auch Verse, die, was Formgewandheit und glückliche Pointen angeht, nichts zu wünschen übrig ließen. Ich habe noch vor Kurzem wieder Einiges derart unter den Papieren meines Vaters gefunden und bin erstaunt gewesen, wie gut das Alles war. Humor, Witz, Wortspiele fehlten nie, bei besondern Gelegenheiten aber kam auch das Gefühlvolle zum Ausdruck und die, die einem richtigen Gefühl am fernsten, dem Delirium aber am nächsten standen, erhoben sich dann regelmäßig von ihren Plätzen und gingen auf den Redner zu, um diesen
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