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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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wünsche. Dabei hatte sie der Kranken die Hand
gedrückt und Lene gefragt, "ob sie denn auch tüchtig
von den Tropfen eingegeben habe?"

"Ja."

"Wie viel denn?"

"Fünf . . . fünf alle zwei Stunden."

Das sei zu wenig, hatte die Dörr darauf
versichert und unter Auskramung ihrer gesammten
medizinischen Kenntniß hinzugesetzt: "sie habe die
Tropfen 14 Tage lang in der Sonne ziehn lassen
und wenn man sie richtig einnehme, so ginge das
Wasser weg wie mit 'ner Plumpe. Der alte Selke
drüben im Zoologischen sei schon wie 'ne Tonne
gewesen und habe schon ein Vierteljahr lang keinen
Bettzippel mehr gesehn, immer aufrecht in'n Stuhl
un alle Fenster weit aufgerissen, als er aber vier
Tage lang die Tropfen genommen, sei's gewesen,
wie wenn man auf eine Schweinsblase drücke: hast
Du nich gesehn, alles 'raus un wieder lapp un
schlapp."

Unter diesen Worten hatte die robuste Frau der
alten Nimptsch eine doppelte Portion von ihrem
Fingerhut eingezwungen.

Lene, die bei dieser energischen Hilfe von einer
doppelten und nur zu berechtigten Angst befallen
wurde, nahm ihr Tuch und schickte sich an, einen

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wünſche. Dabei hatte ſie der Kranken die Hand
gedrückt und Lene gefragt, „ob ſie denn auch tüchtig
von den Tropfen eingegeben habe?“

„Ja.“

„Wie viel denn?“

„Fünf . . . fünf alle zwei Stunden.“

Das ſei zu wenig, hatte die Dörr darauf
verſichert und unter Auskramung ihrer geſammten
mediziniſchen Kenntniß hinzugeſetzt: „ſie habe die
Tropfen 14 Tage lang in der Sonne ziehn laſſen
und wenn man ſie richtig einnehme, ſo ginge das
Waſſer weg wie mit 'ner Plumpe. Der alte Selke
drüben im Zoologiſchen ſei ſchon wie 'ne Tonne
geweſen und habe ſchon ein Vierteljahr lang keinen
Bettzippel mehr geſehn, immer aufrecht in'n Stuhl
un alle Fenſter weit aufgeriſſen, als er aber vier
Tage lang die Tropfen genommen, ſei's geweſen,
wie wenn man auf eine Schweinsblaſe drücke: haſt
Du nich geſehn, alles 'raus un wieder lapp un
ſchlapp.“

Unter dieſen Worten hatte die robuſte Frau der
alten Nimptſch eine doppelte Portion von ihrem
Fingerhut eingezwungen.

Lene, die bei dieſer energiſchen Hilfe von einer
doppelten und nur zu berechtigten Angſt befallen
wurde, nahm ihr Tuch und ſchickte ſich an, einen

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[211/0221] wünſche. Dabei hatte ſie der Kranken die Hand gedrückt und Lene gefragt, „ob ſie denn auch tüchtig von den Tropfen eingegeben habe?“ „Ja.“ „Wie viel denn?“ „Fünf . . . fünf alle zwei Stunden.“ Das ſei zu wenig, hatte die Dörr darauf verſichert und unter Auskramung ihrer geſammten mediziniſchen Kenntniß hinzugeſetzt: „ſie habe die Tropfen 14 Tage lang in der Sonne ziehn laſſen und wenn man ſie richtig einnehme, ſo ginge das Waſſer weg wie mit 'ner Plumpe. Der alte Selke drüben im Zoologiſchen ſei ſchon wie 'ne Tonne geweſen und habe ſchon ein Vierteljahr lang keinen Bettzippel mehr geſehn, immer aufrecht in'n Stuhl un alle Fenſter weit aufgeriſſen, als er aber vier Tage lang die Tropfen genommen, ſei's geweſen, wie wenn man auf eine Schweinsblaſe drücke: haſt Du nich geſehn, alles 'raus un wieder lapp un ſchlapp.“ Unter dieſen Worten hatte die robuſte Frau der alten Nimptſch eine doppelte Portion von ihrem Fingerhut eingezwungen. Lene, die bei dieſer energiſchen Hilfe von einer doppelten und nur zu berechtigten Angſt befallen wurde, nahm ihr Tuch und ſchickte ſich an, einen 14*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/221>, abgerufen am 23.11.2024.