Und da reichen ja keine hundert Mal, daß ich ihm gesagt habe: "Ne, ne, Graf, das geht nicht, so was verbitt' ich mir" . . . Und immer die Alten sind so. Und ich sage blos, liebe Frau Nimptsch, Sie können sich so was gar nich denken. Gräßlich war es. Und wenn ich mir nu der Lene ihren Baron an¬ sehe, denn schämt es mir immer noch, wenn ich denke wie meiner war. Und nu gar erst die Lene selber. Jott, ein Engel is sie woll grade auch nich, aber propper und fleißig un kann alles und is für Ordnung un für's Reelle. Und sehen Sie, liebe Frau Nimptsch, das is grade das Traurige. Was da so 'rumfliegt, heute hier un morgen da, na, das kommt nicht um, das fällt wie die Katz' immer wieder auf die vier Beine, aber so'n gutes Kind, das alles ernsthaft nimmt und alles aus Liebe thut, ja, das ist schlimm . . . Oder vielleicht is es auch nich so schlimm; Sie haben sie ja blos angenommen un is nich Ihr eigen Fleisch und Blut un vielleicht is es eine Prinzessin oder so was."
Frau Nimptsch schüttelte bei dieser Vermuthung den Kopf und schien antworten zu wollen. Aber die Dörr war schon aufgestanden und sagte, während sie den Gartensteig hinunter sah: "Gott, da kommen sie. Und blos in Zivil, un Rock un Hose ganz egal. Aber man sieht es doch! Und nu sagt er ihr was ins Ohr und sie lacht so vor sich hin. Aber
Und da reichen ja keine hundert Mal, daß ich ihm geſagt habe: „Ne, ne, Graf, das geht nicht, ſo was verbitt' ich mir“ . . . Und immer die Alten ſind ſo. Und ich ſage blos, liebe Frau Nimptſch, Sie können ſich ſo was gar nich denken. Gräßlich war es. Und wenn ich mir nu der Lene ihren Baron an¬ ſehe, denn ſchämt es mir immer noch, wenn ich denke wie meiner war. Und nu gar erſt die Lene ſelber. Jott, ein Engel is ſie woll grade auch nich, aber propper und fleißig un kann alles und is für Ordnung un für's Reelle. Und ſehen Sie, liebe Frau Nimptſch, das is grade das Traurige. Was da ſo 'rumfliegt, heute hier un morgen da, na, das kommt nicht um, das fällt wie die Katz' immer wieder auf die vier Beine, aber ſo'n gutes Kind, das alles ernſthaft nimmt und alles aus Liebe thut, ja, das iſt ſchlimm . . . Oder vielleicht is es auch nich ſo ſchlimm; Sie haben ſie ja blos angenommen un is nich Ihr eigen Fleiſch und Blut un vielleicht is es eine Prinzeſſin oder ſo was.“
Frau Nimptſch ſchüttelte bei dieſer Vermuthung den Kopf und ſchien antworten zu wollen. Aber die Dörr war ſchon aufgeſtanden und ſagte, während ſie den Gartenſteig hinunter ſah: „Gott, da kommen ſie. Und blos in Zivil, un Rock un Hoſe ganz egal. Aber man ſieht es doch! Und nu ſagt er ihr was ins Ohr und ſie lacht ſo vor ſich hin. Aber
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Und da reichen ja keine hundert Mal, daß ich ihm
geſagt habe: „Ne, ne, Graf, das geht nicht, ſo was
verbitt' ich mir“ . . . Und immer die Alten ſind ſo.
Und ich ſage blos, liebe Frau Nimptſch, Sie können
ſich ſo was gar nich denken. Gräßlich war es.
Und wenn ich mir nu der Lene ihren Baron an¬
ſehe, denn ſchämt es mir immer noch, wenn ich
denke wie meiner war. Und nu gar erſt die Lene
ſelber. Jott, ein Engel is ſie woll grade auch nich,
aber propper und fleißig un kann alles und is für
Ordnung un für's Reelle. Und ſehen Sie, liebe
Frau Nimptſch, das is grade das Traurige. Was
da ſo 'rumfliegt, heute hier un morgen da, na, das
kommt nicht um, das fällt wie die Katz' immer
wieder auf die vier Beine, aber ſo'n gutes Kind,
das alles ernſthaft nimmt und alles aus Liebe thut,
ja, das iſt ſchlimm . . . Oder vielleicht is es auch
nich ſo ſchlimm; Sie haben ſie ja blos angenommen
un is nich Ihr eigen Fleiſch und Blut un vielleicht
is es eine Prinzeſſin oder ſo was.“
Frau Nimptſch ſchüttelte bei dieſer Vermuthung
den Kopf und ſchien antworten zu wollen. Aber
die Dörr war ſchon aufgeſtanden und ſagte, während
ſie den Gartenſteig hinunter ſah: „Gott, da kommen
ſie. Und blos in Zivil, un Rock un Hoſe ganz
egal. Aber man ſieht es doch! Und nu ſagt er ihr
was ins Ohr und ſie lacht ſo vor ſich hin. Aber
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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/16>, abgerufen am 28.12.2024.
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