schaar und mehr noch in einem gelegentlichen Hunde¬ geblaff ihre Bestätigung fand. Wo dieser Hund eigentlich steckte, das entzog sich freilich der Wahr¬ nehmung, trotzdem die hart an der linken Ecke ge¬ legene, von früh bis spät aufstehende Hausthür einen Blick auf ein Stückchen Hofraum gestattete. Ueberhaupt schien sich nichts mit Absicht verbergen zu wollen, und doch mußte jeder, der zu Beginn unserer Erzählung des Weges kam, sich an dem Anblick des dreifenstrigen Häuschens und einiger im Vorgarten stehenden Obstbäume genügen lassen.
Es war die Woche nach Pfingsten, die Zeit der langen Tage, deren blendendes Licht mitunter kein Ende nehmen wollte. Heut aber stand die Sonne schon hinter dem Wilmersdorfer Kirchthurm und statt der Strahlen, die sie den ganzen Tag über herabgeschickt hatte, lagen bereits abendliche Schatten in dem Vorgarten, dessen halbmärchenhafte Stille nur noch von der Stille des von der alten Frau Nimptsch und ihrer Pflegetochter Lene miethweise bewohnten Häuschens übertroffen wurde. Frau Nimptsch selbst aber saß wie gewöhnlich an dem großen, kaum fußhohen Herd ihres die ganze Haus¬ front einnehmenden Vorderzimmers und sah, hockend und vorgebeugt, auf einen rußigen alten Theekessel,
ſchaar und mehr noch in einem gelegentlichen Hunde¬ geblaff ihre Beſtätigung fand. Wo dieſer Hund eigentlich ſteckte, das entzog ſich freilich der Wahr¬ nehmung, trotzdem die hart an der linken Ecke ge¬ legene, von früh bis ſpät aufſtehende Hausthür einen Blick auf ein Stückchen Hofraum geſtattete. Ueberhaupt ſchien ſich nichts mit Abſicht verbergen zu wollen, und doch mußte jeder, der zu Beginn unſerer Erzählung des Weges kam, ſich an dem Anblick des dreifenſtrigen Häuschens und einiger im Vorgarten ſtehenden Obſtbäume genügen laſſen.
Es war die Woche nach Pfingſten, die Zeit der langen Tage, deren blendendes Licht mitunter kein Ende nehmen wollte. Heut aber ſtand die Sonne ſchon hinter dem Wilmersdorfer Kirchthurm und ſtatt der Strahlen, die ſie den ganzen Tag über herabgeſchickt hatte, lagen bereits abendliche Schatten in dem Vorgarten, deſſen halbmärchenhafte Stille nur noch von der Stille des von der alten Frau Nimptſch und ihrer Pflegetochter Lene miethweiſe bewohnten Häuschens übertroffen wurde. Frau Nimptſch ſelbſt aber ſaß wie gewöhnlich an dem großen, kaum fußhohen Herd ihres die ganze Haus¬ front einnehmenden Vorderzimmers und ſah, hockend und vorgebeugt, auf einen rußigen alten Theekeſſel,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0012"n="2"/>ſchaar und mehr noch in einem gelegentlichen Hunde¬<lb/>
geblaff ihre Beſtätigung fand. Wo dieſer Hund<lb/>
eigentlich ſteckte, das entzog ſich freilich der Wahr¬<lb/>
nehmung, trotzdem die hart an der linken Ecke ge¬<lb/>
legene, von früh bis ſpät aufſtehende Hausthür<lb/>
einen Blick auf ein Stückchen Hofraum geſtattete.<lb/>
Ueberhaupt ſchien ſich nichts mit Abſicht verbergen<lb/>
zu wollen, und doch mußte jeder, der zu Beginn<lb/>
unſerer Erzählung des Weges kam, ſich an dem<lb/>
Anblick des dreifenſtrigen Häuschens und einiger<lb/>
im Vorgarten ſtehenden Obſtbäume genügen laſſen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Es war die Woche nach Pfingſten, die Zeit der<lb/>
langen Tage, deren blendendes Licht mitunter kein<lb/>
Ende nehmen wollte. Heut aber ſtand die Sonne<lb/>ſchon hinter dem Wilmersdorfer Kirchthurm und<lb/>ſtatt der Strahlen, die ſie den ganzen Tag über<lb/>
herabgeſchickt hatte, lagen bereits abendliche Schatten<lb/>
in dem Vorgarten, deſſen halbmärchenhafte Stille<lb/>
nur noch von der Stille des von der alten Frau<lb/>
Nimptſch und ihrer Pflegetochter Lene miethweiſe<lb/>
bewohnten Häuschens übertroffen wurde. Frau<lb/>
Nimptſch ſelbſt aber ſaß wie gewöhnlich an dem<lb/>
großen, kaum fußhohen Herd ihres die ganze Haus¬<lb/>
front einnehmenden Vorderzimmers und ſah, hockend<lb/>
und vorgebeugt, auf einen rußigen alten Theekeſſel,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[2/0012]
ſchaar und mehr noch in einem gelegentlichen Hunde¬
geblaff ihre Beſtätigung fand. Wo dieſer Hund
eigentlich ſteckte, das entzog ſich freilich der Wahr¬
nehmung, trotzdem die hart an der linken Ecke ge¬
legene, von früh bis ſpät aufſtehende Hausthür
einen Blick auf ein Stückchen Hofraum geſtattete.
Ueberhaupt ſchien ſich nichts mit Abſicht verbergen
zu wollen, und doch mußte jeder, der zu Beginn
unſerer Erzählung des Weges kam, ſich an dem
Anblick des dreifenſtrigen Häuschens und einiger
im Vorgarten ſtehenden Obſtbäume genügen laſſen.
Es war die Woche nach Pfingſten, die Zeit der
langen Tage, deren blendendes Licht mitunter kein
Ende nehmen wollte. Heut aber ſtand die Sonne
ſchon hinter dem Wilmersdorfer Kirchthurm und
ſtatt der Strahlen, die ſie den ganzen Tag über
herabgeſchickt hatte, lagen bereits abendliche Schatten
in dem Vorgarten, deſſen halbmärchenhafte Stille
nur noch von der Stille des von der alten Frau
Nimptſch und ihrer Pflegetochter Lene miethweiſe
bewohnten Häuschens übertroffen wurde. Frau
Nimptſch ſelbſt aber ſaß wie gewöhnlich an dem
großen, kaum fußhohen Herd ihres die ganze Haus¬
front einnehmenden Vorderzimmers und ſah, hockend
und vorgebeugt, auf einen rußigen alten Theekeſſel,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/12>, abgerufen am 27.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.