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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
und weil ich bei ihrem eigenen Charakter einen
feierlichen Ton vermeiden und alles so leicht wie
möglich, ja beinah' scherzhaft nehmen wollte, so warf
ich die Frage hin, ob sie vielleicht den Vetter Briest,
der ihr in Berlin sehr stark den Hof gemacht hatte,
ob sie den vielleicht lieber heiraten würde ..."

"Und?"

"Da hättest Du sie sehen sollen. Ihre nächste
Antwort war ein schnippisches Lachen. Der Vetter
sei doch eigentlich nur ein großer Kadett in Leutnants¬
uniform. Und einen Kadetten könne sie nicht einmal
lieben, geschweige heiraten. Und dann sprach sie
von Innstetten, der ihr mit einemmale der Träger
aller männlichen Tugenden war."

"Und wie erklärst Du Dir das?"

"Ganz einfach. So geweckt und temperament¬
voll und beinahe leidenschaftlich sie ist, oder viel¬
leicht auch weil sie es ist, sie gehört nicht zu
denen, die so recht eigentlich auf Liebe gestellt
sind, wenigstens nicht auf das, was den Namen
ehrlich verdient. Sie redet zwar davon, sogar mit
Nachdruck und einem gewissen Überzeugungston, aber
doch nur, weil sie irgendwo gelesen hat, Liebe sei
nun 'mal das Höchste, das Schönste, das Herrlichste.
Vielleicht hat sie's auch bloß von der sentimentalen
Person, der Hulda, gehört und spricht es ihr nach.

Effi Brieſt
und weil ich bei ihrem eigenen Charakter einen
feierlichen Ton vermeiden und alles ſo leicht wie
möglich, ja beinah' ſcherzhaft nehmen wollte, ſo warf
ich die Frage hin, ob ſie vielleicht den Vetter Brieſt,
der ihr in Berlin ſehr ſtark den Hof gemacht hatte,
ob ſie den vielleicht lieber heiraten würde …“

„Und?“

„Da hätteſt Du ſie ſehen ſollen. Ihre nächſte
Antwort war ein ſchnippiſches Lachen. Der Vetter
ſei doch eigentlich nur ein großer Kadett in Leutnants¬
uniform. Und einen Kadetten könne ſie nicht einmal
lieben, geſchweige heiraten. Und dann ſprach ſie
von Innſtetten, der ihr mit einemmale der Träger
aller männlichen Tugenden war.“

„Und wie erklärſt Du Dir das?“

„Ganz einfach. So geweckt und temperament¬
voll und beinahe leidenſchaftlich ſie iſt, oder viel¬
leicht auch weil ſie es iſt, ſie gehört nicht zu
denen, die ſo recht eigentlich auf Liebe geſtellt
ſind, wenigſtens nicht auf das, was den Namen
ehrlich verdient. Sie redet zwar davon, ſogar mit
Nachdruck und einem gewiſſen Überzeugungston, aber
doch nur, weil ſie irgendwo geleſen hat, Liebe ſei
nun 'mal das Höchſte, das Schönſte, das Herrlichſte.
Vielleicht hat ſie's auch bloß von der ſentimentalen
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[59/0068] Effi Brieſt und weil ich bei ihrem eigenen Charakter einen feierlichen Ton vermeiden und alles ſo leicht wie möglich, ja beinah' ſcherzhaft nehmen wollte, ſo warf ich die Frage hin, ob ſie vielleicht den Vetter Brieſt, der ihr in Berlin ſehr ſtark den Hof gemacht hatte, ob ſie den vielleicht lieber heiraten würde …“ „Und?“ „Da hätteſt Du ſie ſehen ſollen. Ihre nächſte Antwort war ein ſchnippiſches Lachen. Der Vetter ſei doch eigentlich nur ein großer Kadett in Leutnants¬ uniform. Und einen Kadetten könne ſie nicht einmal lieben, geſchweige heiraten. Und dann ſprach ſie von Innſtetten, der ihr mit einemmale der Träger aller männlichen Tugenden war.“ „Und wie erklärſt Du Dir das?“ „Ganz einfach. So geweckt und temperament¬ voll und beinahe leidenſchaftlich ſie iſt, oder viel¬ leicht auch weil ſie es iſt, ſie gehört nicht zu denen, die ſo recht eigentlich auf Liebe geſtellt ſind, wenigſtens nicht auf das, was den Namen ehrlich verdient. Sie redet zwar davon, ſogar mit Nachdruck und einem gewiſſen Überzeugungston, aber doch nur, weil ſie irgendwo geleſen hat, Liebe ſei nun 'mal das Höchſte, das Schönſte, das Herrlichſte. Vielleicht hat ſie's auch bloß von der ſentimentalen Perſon, der Hulda, gehört und ſpricht es ihr nach.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/68>, abgerufen am 23.11.2024.