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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
wir im April hier einzogen, damals ging es mit
der Saison auf die Neige, kaum noch daß wir unsere
Besuche machen konnten, und Wüllersdorf, der einzige,
dem wir näher standen -- nun, der ist leider Jung¬
geselle. Von Juni an schläft dann alles ein, und
die heruntergelassenen Rouleaux verkünden einem
schon auf hundert Schritt ,Alles ausgeflogen'; ob
wahr oder nicht, macht keinen Unterschied ... Ja,
was blieb da noch? Mal mit Vetter Briest sprechen,
'mal bei Hiller essen, das ist kein richtiges Berliner
Leben. Aber nun soll es anders werden. Ich habe
mir die Namen aller Räte notiert, die noch mobil
genug sind, um ein Haus zu machen. Und wir
wollen es auch, wollen auch ein Haus machen,
und wenn der Winter dann da ist, dann soll es im
ganzen Ministerium heißen: ,Ja, die liebenswürdigste
Frau, die wir jetzt haben, das ist doch die Frau von
Innstetten'."

"Ach, Geert, ich kenne Dich ja gar nicht wieder,
Du sprichst ja wie ein Courmacher."

"Es ist unser Hochzeitstag, und da mußt Du
mir schon 'was zu gute halten."


Innstetten war ernsthaft gewillt, auf das stille
Leben, das er in seiner landrätlichen Stellung ge¬
führt, ein gesellschaftlich angeregteres folgen zu lassen,

Th. Fontane, Effi Briest. 25

Effi Brieſt
wir im April hier einzogen, damals ging es mit
der Saiſon auf die Neige, kaum noch daß wir unſere
Beſuche machen konnten, und Wüllersdorf, der einzige,
dem wir näher ſtanden — nun, der iſt leider Jung¬
geſelle. Von Juni an ſchläft dann alles ein, und
die heruntergelaſſenen Rouleaux verkünden einem
ſchon auf hundert Schritt ,Alles ausgeflogen‘; ob
wahr oder nicht, macht keinen Unterſchied … Ja,
was blieb da noch? Mal mit Vetter Brieſt ſprechen,
'mal bei Hiller eſſen, das iſt kein richtiges Berliner
Leben. Aber nun ſoll es anders werden. Ich habe
mir die Namen aller Räte notiert, die noch mobil
genug ſind, um ein Haus zu machen. Und wir
wollen es auch, wollen auch ein Haus machen,
und wenn der Winter dann da iſt, dann ſoll es im
ganzen Miniſterium heißen: ,Ja, die liebenswürdigſte
Frau, die wir jetzt haben, das iſt doch die Frau von
Innſtetten‘.“

„Ach, Geert, ich kenne Dich ja gar nicht wieder,
Du ſprichſt ja wie ein Courmacher.“

„Es iſt unſer Hochzeitstag, und da mußt Du
mir ſchon 'was zu gute halten.“


Innſtetten war ernſthaft gewillt, auf das ſtille
Leben, das er in ſeiner landrätlichen Stellung ge¬
führt, ein geſellſchaftlich angeregteres folgen zu laſſen,

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[385/0394] Effi Brieſt wir im April hier einzogen, damals ging es mit der Saiſon auf die Neige, kaum noch daß wir unſere Beſuche machen konnten, und Wüllersdorf, der einzige, dem wir näher ſtanden — nun, der iſt leider Jung¬ geſelle. Von Juni an ſchläft dann alles ein, und die heruntergelaſſenen Rouleaux verkünden einem ſchon auf hundert Schritt ,Alles ausgeflogen‘; ob wahr oder nicht, macht keinen Unterſchied … Ja, was blieb da noch? Mal mit Vetter Brieſt ſprechen, 'mal bei Hiller eſſen, das iſt kein richtiges Berliner Leben. Aber nun ſoll es anders werden. Ich habe mir die Namen aller Räte notiert, die noch mobil genug ſind, um ein Haus zu machen. Und wir wollen es auch, wollen auch ein Haus machen, und wenn der Winter dann da iſt, dann ſoll es im ganzen Miniſterium heißen: ,Ja, die liebenswürdigſte Frau, die wir jetzt haben, das iſt doch die Frau von Innſtetten‘.“ „Ach, Geert, ich kenne Dich ja gar nicht wieder, Du ſprichſt ja wie ein Courmacher.“ „Es iſt unſer Hochzeitstag, und da mußt Du mir ſchon 'was zu gute halten.“ Innſtetten war ernſthaft gewillt, auf das ſtille Leben, das er in ſeiner landrätlichen Stellung ge¬ führt, ein geſellſchaftlich angeregteres folgen zu laſſen, Th. Fontane, Effi Brieſt. 25

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/394>, abgerufen am 22.11.2024.