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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

Effi schnitt das Kouvert auf und las: Meine
liebe Effi. Seit 24 Stunden bin ich hier in Berlin;
Konsultationen bei Schweigger. Als er mich sieht,
beglückwünscht er mich, und als ich erstaunt ihn
frage, wozu, erfahr' ich, daß Ministerialdirektor
Wüllersdorf eben bei ihm gewesen und ihm erzählt
habe: Innstetten sei ins Ministerium berufen. Ich
bin ein wenig ärgerlich, daß man dergleichen von
einem Dritten erfahren muß. Aber in meinem Stolz
und meiner Freude sei Euch verziehen. Ich habe
es übrigens immer gewußt (schon als I. noch bei
den Rathenowern war), daß etwas aus ihm werden
würde. Nun kommt es Dir zu gute. Natürlich
müßt Ihr eine Wohnung haben und eine andere
Einrichtung. Wenn Du, meine liebe Effi, glaubst,
meines Rates dabei bedürfen zu können, so komme,
so rasch es Dir Deine Zeit erlaubt. Ich bleibe
acht Tage hier in Kur, und wenn es nicht anschlägt,
vielleicht noch etwas länger; Schweigger drückt sich
unbestimmt darüber aus. Ich habe eine Privat¬
wohnung in der Schadowstraße genommen; neben
dem meinigen sind noch Zimmer frei. Was es mit
meinem Auge ist, darüber mündlich; vorläufig be¬
schäftigt mich nur Eure Zukunft. Briest wird un¬
endlich glücklich sein, er thut immer so gleichgültig
gegen dergleichen, eigentlich hängt er aber mehr

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Effi Brieſt

Effi ſchnitt das Kouvert auf und las: Meine
liebe Effi. Seit 24 Stunden bin ich hier in Berlin;
Konſultationen bei Schweigger. Als er mich ſieht,
beglückwünſcht er mich, und als ich erſtaunt ihn
frage, wozu, erfahr' ich, daß Miniſterialdirektor
Wüllersdorf eben bei ihm geweſen und ihm erzählt
habe: Innſtetten ſei ins Miniſterium berufen. Ich
bin ein wenig ärgerlich, daß man dergleichen von
einem Dritten erfahren muß. Aber in meinem Stolz
und meiner Freude ſei Euch verziehen. Ich habe
es übrigens immer gewußt (ſchon als I. noch bei
den Rathenowern war), daß etwas aus ihm werden
würde. Nun kommt es Dir zu gute. Natürlich
müßt Ihr eine Wohnung haben und eine andere
Einrichtung. Wenn Du, meine liebe Effi, glaubſt,
meines Rates dabei bedürfen zu können, ſo komme,
ſo raſch es Dir Deine Zeit erlaubt. Ich bleibe
acht Tage hier in Kur, und wenn es nicht anſchlägt,
vielleicht noch etwas länger; Schweigger drückt ſich
unbeſtimmt darüber aus. Ich habe eine Privat¬
wohnung in der Schadowſtraße genommen; neben
dem meinigen ſind noch Zimmer frei. Was es mit
meinem Auge iſt, darüber mündlich; vorläufig be¬
ſchäftigt mich nur Eure Zukunft. Brieſt wird un¬
endlich glücklich ſein, er thut immer ſo gleichgültig
gegen dergleichen, eigentlich hängt er aber mehr

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[323/0332] Effi Brieſt Effi ſchnitt das Kouvert auf und las: Meine liebe Effi. Seit 24 Stunden bin ich hier in Berlin; Konſultationen bei Schweigger. Als er mich ſieht, beglückwünſcht er mich, und als ich erſtaunt ihn frage, wozu, erfahr' ich, daß Miniſterialdirektor Wüllersdorf eben bei ihm geweſen und ihm erzählt habe: Innſtetten ſei ins Miniſterium berufen. Ich bin ein wenig ärgerlich, daß man dergleichen von einem Dritten erfahren muß. Aber in meinem Stolz und meiner Freude ſei Euch verziehen. Ich habe es übrigens immer gewußt (ſchon als I. noch bei den Rathenowern war), daß etwas aus ihm werden würde. Nun kommt es Dir zu gute. Natürlich müßt Ihr eine Wohnung haben und eine andere Einrichtung. Wenn Du, meine liebe Effi, glaubſt, meines Rates dabei bedürfen zu können, ſo komme, ſo raſch es Dir Deine Zeit erlaubt. Ich bleibe acht Tage hier in Kur, und wenn es nicht anſchlägt, vielleicht noch etwas länger; Schweigger drückt ſich unbeſtimmt darüber aus. Ich habe eine Privat¬ wohnung in der Schadowſtraße genommen; neben dem meinigen ſind noch Zimmer frei. Was es mit meinem Auge iſt, darüber mündlich; vorläufig be¬ ſchäftigt mich nur Eure Zukunft. Brieſt wird un¬ endlich glücklich ſein, er thut immer ſo gleichgültig gegen dergleichen, eigentlich hängt er aber mehr 21 *

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/332>, abgerufen am 24.11.2024.